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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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als vertraute Freundin, nicht Rahel bestimmte, doch
nur die nothwendigste Eitelkeit zu beobachten, oder Herrn
von Varnhagen in's Komplott zöge, versicherte sie, das
würde nichts nützen, Beide würden es weder begreifen,
noch ausführen, übrigens seien alle Bekannten an diese
Eigenheiten der liebenswürdigen und geistreichen Rahel
längst gewöhnt. -- Wie ist denn aber Dein einfältiges
Schwesterchen mit der berühmten Rahel auf einen
so vertraulichen Fuß gekommen? Nicht wahr, Du
fängst jetzt endlich an, vor mir ein wenig Respekt zu
bekommen!

Doch ich will ehrlich sein -- ich habe mich Anfangs
selber nicht wenig vor der Bekanntschaft mit der be¬
rühmten, klugen, gelehrten, genialen Rahel von Varnhagen
gefürchtet, und die Mutter himmelhoch gebeten, ohne
mich bei Varnhagens Besuch zu machen. Vergebens
wurde mir vorgestellt, daß Frau von Varnhagen wäh¬
rend ihres Aufenthaltes in Karlsruhe, wo ihr Mann
einige Zeit Gesandter gewesen, mehr noch durch Herzens¬
güte und sanftes Wesen bezauberte, als durch sprudeln¬
den Geist und hinreißende Unterhaltungsgabe ... ich
konnte meine kindische Furcht vor der gelehrten Frau
nicht überwinden. Erst Frau Brede, der Jugend- und
Herzensfreundin Rahel's*), einer beliebten Künstlerin vom
Stuttgarter Hoftheater, die gerade auf Besuch in Berlin
ist und auch uns längst eine liebe Bekannte geworden,

*) Siehe Rahel's Briefe.

als vertraute Freundin, nicht Rahel beſtimmte, doch
nur die nothwendigſte Eitelkeit zu beobachten, oder Herrn
von Varnhagen in's Komplott zöge, verſicherte ſie, das
würde nichts nützen, Beide würden es weder begreifen,
noch ausführen, übrigens ſeien alle Bekannten an dieſe
Eigenheiten der liebenswürdigen und geiſtreichen Rahel
längſt gewöhnt. — Wie iſt denn aber Dein einfältiges
Schweſterchen mit der berühmten Rahel auf einen
ſo vertraulichen Fuß gekommen? Nicht wahr, Du
fängſt jetzt endlich an, vor mir ein wenig Reſpekt zu
bekommen!

Doch ich will ehrlich ſein — ich habe mich Anfangs
ſelber nicht wenig vor der Bekanntſchaft mit der be¬
rühmten, klugen, gelehrten, genialen Rahel von Varnhagen
gefürchtet, und die Mutter himmelhoch gebeten, ohne
mich bei Varnhagens Beſuch zu machen. Vergebens
wurde mir vorgeſtellt, daß Frau von Varnhagen wäh¬
rend ihres Aufenthaltes in Karlsruhe, wo ihr Mann
einige Zeit Geſandter geweſen, mehr noch durch Herzens¬
güte und ſanftes Weſen bezauberte, als durch ſprudeln¬
den Geiſt und hinreißende Unterhaltungsgabe … ich
konnte meine kindiſche Furcht vor der gelehrten Frau
nicht überwinden. Erſt Frau Brede, der Jugend- und
Herzensfreundin Rahel's*), einer beliebten Künſtlerin vom
Stuttgarter Hoftheater, die gerade auf Beſuch in Berlin
iſt und auch uns längſt eine liebe Bekannte geworden,

*) Siehe Rahel's Briefe.
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[86/0114] als vertraute Freundin, nicht Rahel beſtimmte, doch nur die nothwendigſte Eitelkeit zu beobachten, oder Herrn von Varnhagen in's Komplott zöge, verſicherte ſie, das würde nichts nützen, Beide würden es weder begreifen, noch ausführen, übrigens ſeien alle Bekannten an dieſe Eigenheiten der liebenswürdigen und geiſtreichen Rahel längſt gewöhnt. — Wie iſt denn aber Dein einfältiges Schweſterchen mit der berühmten Rahel auf einen ſo vertraulichen Fuß gekommen? Nicht wahr, Du fängſt jetzt endlich an, vor mir ein wenig Reſpekt zu bekommen! Doch ich will ehrlich ſein — ich habe mich Anfangs ſelber nicht wenig vor der Bekanntſchaft mit der be¬ rühmten, klugen, gelehrten, genialen Rahel von Varnhagen gefürchtet, und die Mutter himmelhoch gebeten, ohne mich bei Varnhagens Beſuch zu machen. Vergebens wurde mir vorgeſtellt, daß Frau von Varnhagen wäh¬ rend ihres Aufenthaltes in Karlsruhe, wo ihr Mann einige Zeit Geſandter geweſen, mehr noch durch Herzens¬ güte und ſanftes Weſen bezauberte, als durch ſprudeln¬ den Geiſt und hinreißende Unterhaltungsgabe … ich konnte meine kindiſche Furcht vor der gelehrten Frau nicht überwinden. Erſt Frau Brede, der Jugend- und Herzensfreundin Rahel's *), einer beliebten Künſtlerin vom Stuttgarter Hoftheater, die gerade auf Beſuch in Berlin iſt und auch uns längſt eine liebe Bekannte geworden, *) Siehe Rahel's Briefe.

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/114>, abgerufen am 21.11.2024.