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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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dem Pretentiösen das Kissen ab und ging ernst, würde¬
voll es tragend gemessenen Schrittes vor ihm her ...
Dann forderte er den jungen Ueberklug auf, das Kissen
ebenso zu tragen. Nach mehrmaligem Probiren sagte
Iffland laut: "Nun können Sie es wagen! Auf Ihre
Manier wären Sie heute Abend ausgepfiffen worden!"

Der so Belehrte -- Beschämte wurde bescheiden und
ein nützliches Mitglied der Berliner Hofbühne.

Eine junge, beliebte Sängerin wollte in einem Sing¬
spiel die zweite Partie nicht übernehmen. Da erbot sich
Friederike Bethmann: neben ihr -- die kleinere Rolle zu
spielen und der jungen Dame die glänzende erste zu
überlassen ... Das half! Beschämt gestand die Anfängerin
ihr Unrecht ein. So wurde sie mit der Zeit eine ernst
strebende liebenswürdige -- erste Sängerin ..."

Von der wahrhaft rührenden Bescheidenheit be¬
währter und gefeiertster Künstler zu meiner Zeit nur
einige Beispiele: Musikdirektor Karl Blum bat den be¬
rühmten Tenoristen Bader, doch ihm zu Gefallen den
Gustav in seiner Operette "Die Nachtwandlerin" zu
singen. Da es zugleich eine Spielrolle und Stümer --
damals noch zweiter Tenor -- nicht im Stande sei,
trotz des besten Willens in Prosa zu sprechen und sich
in elegant moderner Kleidung graziös zu bewegen, so sei
er in größter Verlegenheit.

Gustav war -- Numero drei in der Operette, denn
die Nachtwandlerin und Heinrich Blum als Rudolph
hatten die dankbarsten Aufgaben.

Erinnerungen etc. 9

dem Pretentiöſen das Kiſſen ab und ging ernſt, würde¬
voll es tragend gemeſſenen Schrittes vor ihm her …
Dann forderte er den jungen Ueberklug auf, das Kiſſen
ebenſo zu tragen. Nach mehrmaligem Probiren ſagte
Iffland laut: »Nun können Sie es wagen! Auf Ihre
Manier wären Sie heute Abend ausgepfiffen worden!«

Der ſo Belehrte — Beſchämte wurde beſcheiden und
ein nützliches Mitglied der Berliner Hofbühne.

Eine junge, beliebte Sängerin wollte in einem Sing¬
ſpiel die zweite Partie nicht übernehmen. Da erbot ſich
Friederike Bethmann: neben ihr — die kleinere Rolle zu
ſpielen und der jungen Dame die glänzende erſte zu
überlaſſen … Das half! Beſchämt geſtand die Anfängerin
ihr Unrecht ein. So wurde ſie mit der Zeit eine ernſt
ſtrebende liebenswürdige — erſte Sängerin …«

Von der wahrhaft rührenden Beſcheidenheit be¬
währter und gefeiertſter Künſtler zu meiner Zeit nur
einige Beiſpiele: Muſikdirektor Karl Blum bat den be¬
rühmten Tenoriſten Bader, doch ihm zu Gefallen den
Guſtav in ſeiner Operette »Die Nachtwandlerin« zu
ſingen. Da es zugleich eine Spielrolle und Stümer —
damals noch zweiter Tenor — nicht im Stande ſei,
trotz des beſten Willens in Proſa zu ſprechen und ſich
in elegant moderner Kleidung graziös zu bewegen, ſo ſei
er in größter Verlegenheit.

Guſtav war — Numero drei in der Operette, denn
die Nachtwandlerin und Heinrich Blum als Rudolph
hatten die dankbarſten Aufgaben.

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[129/0157] dem Pretentiöſen das Kiſſen ab und ging ernſt, würde¬ voll es tragend gemeſſenen Schrittes vor ihm her … Dann forderte er den jungen Ueberklug auf, das Kiſſen ebenſo zu tragen. Nach mehrmaligem Probiren ſagte Iffland laut: »Nun können Sie es wagen! Auf Ihre Manier wären Sie heute Abend ausgepfiffen worden!« Der ſo Belehrte — Beſchämte wurde beſcheiden und ein nützliches Mitglied der Berliner Hofbühne. Eine junge, beliebte Sängerin wollte in einem Sing¬ ſpiel die zweite Partie nicht übernehmen. Da erbot ſich Friederike Bethmann: neben ihr — die kleinere Rolle zu ſpielen und der jungen Dame die glänzende erſte zu überlaſſen … Das half! Beſchämt geſtand die Anfängerin ihr Unrecht ein. So wurde ſie mit der Zeit eine ernſt ſtrebende liebenswürdige — erſte Sängerin …« Von der wahrhaft rührenden Beſcheidenheit be¬ währter und gefeiertſter Künſtler zu meiner Zeit nur einige Beiſpiele: Muſikdirektor Karl Blum bat den be¬ rühmten Tenoriſten Bader, doch ihm zu Gefallen den Guſtav in ſeiner Operette »Die Nachtwandlerin« zu ſingen. Da es zugleich eine Spielrolle und Stümer — damals noch zweiter Tenor — nicht im Stande ſei, trotz des beſten Willens in Proſa zu ſprechen und ſich in elegant moderner Kleidung graziös zu bewegen, ſo ſei er in größter Verlegenheit. Guſtav war — Numero drei in der Operette, denn die Nachtwandlerin und Heinrich Blum als Rudolph hatten die dankbarſten Aufgaben. Erinnerungen ꝛc. 9

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/157>, abgerufen am 22.11.2024.