Und der gefeiertste Sänger Deutschlands, der ideale Licinius, bewunderte Cortez -- sang den Gustav, spielte entzückend, sprach anmuthig, mit Gefühl ... und Dank seinem Mitwirken erregte die bescheidene Operette Enthu¬ siasmus, blieb auf dem Repertoir und wurde stets vor besetztem Hause gegeben.
Der später so berühmt gewordene Eduard Devrient (bis vor kurzem Intendant in Karlsruhe), damals Bassist und nur in großen Opern beschäftigt, übernahm bereit¬ willig die kleine Partie des Bedienten Gustav's und spielte und sang allerliebst.
Das Hübscheste dabei war, daß Bader vor seinem Auftreten als Gustav seine -- Befangenheit eingestand ... da er so gar nicht gewöhnt sei, als süß girrender Lieb¬ haber zu sprechen, mit halber Stimme zu singen, und da er sich in dem modernen Kostüme unbehaglich fühle ... Aber wie bezaubernd klang seine Stimme in dem leise vorge¬ tragenen Duette während der Nachwandlerscene -- so süß verklingend -- fast überirdisch.
Ueberhaupt war Bader das Muster eines edlen, guten Künstlers, mit voller Glut sich seinem Beruf widmend. In Spohr's "Jessonda" sang er am liebsten. Nach dem Duette mit Mad. Seidler: "Laß uns dahin zieh'n" hatte er in der Probe Thränen in den Augen -- plötzlich brach er in die Worte aus: "Welche himmlische Musik, o großer Meister Spohr, wie soll ich Dir genug danken für den Genuß und die Gnade, deine Töne dem Publikum über¬
Und der gefeiertſte Sänger Deutſchlands, der ideale Licinius, bewunderte Cortez — ſang den Guſtav, ſpielte entzückend, ſprach anmuthig, mit Gefühl … und Dank ſeinem Mitwirken erregte die beſcheidene Operette Enthu¬ ſiasmus, blieb auf dem Repertoir und wurde ſtets vor beſetztem Hauſe gegeben.
Der ſpäter ſo berühmt gewordene Eduard Devrient (bis vor kurzem Intendant in Karlsruhe), damals Baſſiſt und nur in großen Opern beſchäftigt, übernahm bereit¬ willig die kleine Partie des Bedienten Guſtav's und ſpielte und ſang allerliebſt.
Das Hübſcheſte dabei war, daß Bader vor ſeinem Auftreten als Guſtav ſeine — Befangenheit eingeſtand … da er ſo gar nicht gewöhnt ſei, als ſüß girrender Lieb¬ haber zu ſprechen, mit halber Stimme zu ſingen, und da er ſich in dem modernen Koſtüme unbehaglich fühle … Aber wie bezaubernd klang ſeine Stimme in dem leiſe vorge¬ tragenen Duette während der Nachwandlerſcene — ſo ſüß verklingend — faſt überirdiſch.
Ueberhaupt war Bader das Muſter eines edlen, guten Künſtlers, mit voller Glut ſich ſeinem Beruf widmend. In Spohr's »Jeſſonda« ſang er am liebſten. Nach dem Duette mit Mad. Seidler: »Laß uns dahin zieh'n« hatte er in der Probe Thränen in den Augen — plötzlich brach er in die Worte aus: »Welche himmliſche Muſik, o großer Meiſter Spohr, wie ſoll ich Dir genug danken für den Genuß und die Gnade, deine Töne dem Publikum über¬
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Und der gefeiertſte Sänger Deutſchlands, der ideale
Licinius, bewunderte Cortez — ſang den Guſtav, ſpielte
entzückend, ſprach anmuthig, mit Gefühl … und Dank
ſeinem Mitwirken erregte die beſcheidene Operette Enthu¬
ſiasmus, blieb auf dem Repertoir und wurde ſtets vor
beſetztem Hauſe gegeben.
Der ſpäter ſo berühmt gewordene Eduard Devrient
(bis vor kurzem Intendant in Karlsruhe), damals Baſſiſt
und nur in großen Opern beſchäftigt, übernahm bereit¬
willig die kleine Partie des Bedienten Guſtav's und
ſpielte und ſang allerliebſt.
Das Hübſcheſte dabei war, daß Bader vor ſeinem
Auftreten als Guſtav ſeine — Befangenheit eingeſtand …
da er ſo gar nicht gewöhnt ſei, als ſüß girrender Lieb¬
haber zu ſprechen, mit halber Stimme zu ſingen, und da er
ſich in dem modernen Koſtüme unbehaglich fühle … Aber
wie bezaubernd klang ſeine Stimme in dem leiſe vorge¬
tragenen Duette während der Nachwandlerſcene — ſo ſüß
verklingend — faſt überirdiſch.
Ueberhaupt war Bader das Muſter eines edlen, guten
Künſtlers, mit voller Glut ſich ſeinem Beruf widmend.
In Spohr's »Jeſſonda« ſang er am liebſten. Nach dem
Duette mit Mad. Seidler: »Laß uns dahin zieh'n« hatte
er in der Probe Thränen in den Augen — plötzlich brach
er in die Worte aus: »Welche himmliſche Muſik, o großer
Meiſter Spohr, wie ſoll ich Dir genug danken für den
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/158>, abgerufen am 22.11.2024.
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