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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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mich ihrer Triumphe, nachdem sie durch ihr anspruchs¬
loses, herziges Wesen mich erobert hatte. -- Jede Eifer¬
sucht war verbannt; wir bewegten uns in denselben
Kreisen, tanzten auf denselben Bällen und verlebten
besonders unvergeßlich schöne Stunden in dem heiteren,
gastlichen Hause des Justizraths Ludolf im Thier¬
garten. Dort wohnte die Sontag während eines Som¬
mers und nahm fürlieb mit einem kleinen Gaststübchen,
denn sie fühlte sich heimisch bei der liebenswürdigen
Hausfrau.

Da wurden Landpartien arrangirt, große Spazier¬
gänge unternommen, getanzt, Charaden aufgeführt,
lebende Bilder dargestellt, und die Sontag war die
Unternehmendste und Muthwilligste von Allen. Sie
ritt tollkühn und lief sogar auf hohen Stelzen im Garten
herum, nicht wenig stolz auf die erlangte Fertigkeit.

Meine Mutter sagte einmal: "Aber, liebes Fräu¬
lein, wenn Sie nun ausgleiten und sich wehe thun?" --
"Bewahre, Frau Rittmeisterin!" rief sie hell lachend,
und stand einige Sekunden auf einem Stelzfuß, sich an
unserem Staunen wie ein Kind ergötzend. -- Eines
milden Abends saßen wir vor dem Hause traulich
plaudernd, da verschwand Henriette unbemerkt, und
nach kurzer Zeit öffnete sich das Fenster über uns, und
die Arie aus dem "Barbier von Sevilla" tönte flöten¬
gleich in den Garten hinaus ... Plötzlich unterbrach sie
sich -- und Mad. Stich täuschend nachahmend, deklamirte
sie mit süßester Stimme: "O Romeo, warum denn,

mich ihrer Triumphe, nachdem ſie durch ihr anſpruchs¬
loſes, herziges Weſen mich erobert hatte. — Jede Eifer¬
ſucht war verbannt; wir bewegten uns in denſelben
Kreiſen, tanzten auf denſelben Bällen und verlebten
beſonders unvergeßlich ſchöne Stunden in dem heiteren,
gaſtlichen Hauſe des Juſtizraths Ludolf im Thier¬
garten. Dort wohnte die Sontag während eines Som¬
mers und nahm fürlieb mit einem kleinen Gaſtſtübchen,
denn ſie fühlte ſich heimiſch bei der liebenswürdigen
Hausfrau.

Da wurden Landpartien arrangirt, große Spazier¬
gänge unternommen, getanzt, Charaden aufgeführt,
lebende Bilder dargeſtellt, und die Sontag war die
Unternehmendſte und Muthwilligſte von Allen. Sie
ritt tollkühn und lief ſogar auf hohen Stelzen im Garten
herum, nicht wenig ſtolz auf die erlangte Fertigkeit.

Meine Mutter ſagte einmal: »Aber, liebes Fräu¬
lein, wenn Sie nun ausgleiten und ſich wehe thun?« —
»Bewahre, Frau Rittmeiſterin!« rief ſie hell lachend,
und ſtand einige Sekunden auf einem Stelzfuß, ſich an
unſerem Staunen wie ein Kind ergötzend. — Eines
milden Abends ſaßen wir vor dem Hauſe traulich
plaudernd, da verſchwand Henriette unbemerkt, und
nach kurzer Zeit öffnete ſich das Fenſter über uns, und
die Arie aus dem »Barbier von Sevilla« tönte flöten¬
gleich in den Garten hinaus … Plötzlich unterbrach ſie
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[143/0171] mich ihrer Triumphe, nachdem ſie durch ihr anſpruchs¬ loſes, herziges Weſen mich erobert hatte. — Jede Eifer¬ ſucht war verbannt; wir bewegten uns in denſelben Kreiſen, tanzten auf denſelben Bällen und verlebten beſonders unvergeßlich ſchöne Stunden in dem heiteren, gaſtlichen Hauſe des Juſtizraths Ludolf im Thier¬ garten. Dort wohnte die Sontag während eines Som¬ mers und nahm fürlieb mit einem kleinen Gaſtſtübchen, denn ſie fühlte ſich heimiſch bei der liebenswürdigen Hausfrau. Da wurden Landpartien arrangirt, große Spazier¬ gänge unternommen, getanzt, Charaden aufgeführt, lebende Bilder dargeſtellt, und die Sontag war die Unternehmendſte und Muthwilligſte von Allen. Sie ritt tollkühn und lief ſogar auf hohen Stelzen im Garten herum, nicht wenig ſtolz auf die erlangte Fertigkeit. Meine Mutter ſagte einmal: »Aber, liebes Fräu¬ lein, wenn Sie nun ausgleiten und ſich wehe thun?« — »Bewahre, Frau Rittmeiſterin!« rief ſie hell lachend, und ſtand einige Sekunden auf einem Stelzfuß, ſich an unſerem Staunen wie ein Kind ergötzend. — Eines milden Abends ſaßen wir vor dem Hauſe traulich plaudernd, da verſchwand Henriette unbemerkt, und nach kurzer Zeit öffnete ſich das Fenſter über uns, und die Arie aus dem »Barbier von Sevilla« tönte flöten¬ gleich in den Garten hinaus … Plötzlich unterbrach ſie ſich — und Mad. Stich täuſchend nachahmend, deklamirte ſie mit ſüßeſter Stimme: »O Romeo, warum denn,

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/171>, abgerufen am 22.11.2024.