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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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und die überwältigende Macht ihres wundervollen Organs
so sehr berechtigten. Herrliche Kunstschöpfungen, als
Emilie Galotti, Julie, Thekla, Minna von Barnhelm
-- dann als Maria Stuart, Adelheid im Götz, Lady
Macbeth, Phädra, Isabella in der Braut von Messina
-- vor Allem aber als Iphigenie folgten, und machten
Auguste Stich-Crelinger zu einer der ersten deutschen
Schauspielerinnen ihrer Zeit. Sie durfte auf ihren Gast¬
spielen in Wien und München ohne Scheu den Wettkampf
mit Sophie Müller und Sophie Schröder wagen -- und
kein Kampfrichter hatte den Muth: Einer dieser drei
herrlichen Tragödinnen den Sieg zuzusprechen.

Ja, Auguste Stich-Crelinger war eine durch und
durch großartige tragische Natur. Selbst ihre Donna
Diana war davon angehaucht, und sie legte den Haupt¬
accent in dieser Rolle auf den: Kampf des Stolzes mit
der Leidenschaft. Bürgerliche Rollen -- besonders im
Lustspiel -- waren nicht ihr Fach. Dazu fehlte ihr die
Warmherzigkeit und Gemüthlichkeit des Tones, die Klein¬
bürgerlichkeit des Auftretens, das herzliche Lachen der
Stimme, des Mundes und der Augen. Ihre in den
tragischen Rollen so hinreißende ideale Mimik und Plastik
-- ja ihr Pathos wirkten in kleinbürgerlichen Rollen
nicht selten störend. -- Von ihrem seltenen Fleiße spricht
am besten die Notiz, daß im Jahre 1852 bei ihrem vier¬
zigjährigen Bühnenjubiläum ein Theaterfreund berechnen
konnte: Auguste Stich-Crelinger hat in dieser Zeit nicht
weniger als 355 verschiedene Rollen gespielt! -- Und

und die überwältigende Macht ihres wundervollen Organs
ſo ſehr berechtigten. Herrliche Kunſtſchöpfungen, als
Emilie Galotti, Julie, Thekla, Minna von Barnhelm
— dann als Maria Stuart, Adelheid im Götz, Lady
Macbeth, Phädra, Iſabella in der Braut von Meſſina
— vor Allem aber als Iphigenie folgten, und machten
Auguſte Stich-Crelinger zu einer der erſten deutſchen
Schauſpielerinnen ihrer Zeit. Sie durfte auf ihren Gaſt¬
ſpielen in Wien und München ohne Scheu den Wettkampf
mit Sophie Müller und Sophie Schröder wagen — und
kein Kampfrichter hatte den Muth: Einer dieſer drei
herrlichen Tragödinnen den Sieg zuzuſprechen.

Ja, Auguſte Stich-Crelinger war eine durch und
durch großartige tragiſche Natur. Selbſt ihre Donna
Diana war davon angehaucht, und ſie legte den Haupt¬
accent in dieſer Rolle auf den: Kampf des Stolzes mit
der Leidenſchaft. Bürgerliche Rollen — beſonders im
Luſtſpiel — waren nicht ihr Fach. Dazu fehlte ihr die
Warmherzigkeit und Gemüthlichkeit des Tones, die Klein¬
bürgerlichkeit des Auftretens, das herzliche Lachen der
Stimme, des Mundes und der Augen. Ihre in den
tragiſchen Rollen ſo hinreißende ideale Mimik und Plaſtik
— ja ihr Pathos wirkten in kleinbürgerlichen Rollen
nicht ſelten ſtörend. — Von ihrem ſeltenen Fleiße ſpricht
am beſten die Notiz, daß im Jahre 1852 bei ihrem vier¬
zigjährigen Bühnenjubiläum ein Theaterfreund berechnen
konnte: Auguſte Stich-Crelinger hat in dieſer Zeit nicht
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[172/0200] und die überwältigende Macht ihres wundervollen Organs ſo ſehr berechtigten. Herrliche Kunſtſchöpfungen, als Emilie Galotti, Julie, Thekla, Minna von Barnhelm — dann als Maria Stuart, Adelheid im Götz, Lady Macbeth, Phädra, Iſabella in der Braut von Meſſina — vor Allem aber als Iphigenie folgten, und machten Auguſte Stich-Crelinger zu einer der erſten deutſchen Schauſpielerinnen ihrer Zeit. Sie durfte auf ihren Gaſt¬ ſpielen in Wien und München ohne Scheu den Wettkampf mit Sophie Müller und Sophie Schröder wagen — und kein Kampfrichter hatte den Muth: Einer dieſer drei herrlichen Tragödinnen den Sieg zuzuſprechen. Ja, Auguſte Stich-Crelinger war eine durch und durch großartige tragiſche Natur. Selbſt ihre Donna Diana war davon angehaucht, und ſie legte den Haupt¬ accent in dieſer Rolle auf den: Kampf des Stolzes mit der Leidenſchaft. Bürgerliche Rollen — beſonders im Luſtſpiel — waren nicht ihr Fach. Dazu fehlte ihr die Warmherzigkeit und Gemüthlichkeit des Tones, die Klein¬ bürgerlichkeit des Auftretens, das herzliche Lachen der Stimme, des Mundes und der Augen. Ihre in den tragiſchen Rollen ſo hinreißende ideale Mimik und Plaſtik — ja ihr Pathos wirkten in kleinbürgerlichen Rollen nicht ſelten ſtörend. — Von ihrem ſeltenen Fleiße ſpricht am beſten die Notiz, daß im Jahre 1852 bei ihrem vier¬ zigjährigen Bühnenjubiläum ein Theaterfreund berechnen konnte: Auguſte Stich-Crelinger hat in dieſer Zeit nicht weniger als 355 verſchiedene Rollen geſpielt! — Und

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/200>, abgerufen am 22.11.2024.