Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Devrient bedurfte kaum talentvoller und convenabler Von effektuirenden Momenten ist bei Fräulein Devrient bedurfte kaum talentvoller und convenabler Von effektuirenden Momenten iſt bei Fräulein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="X"/> Devrient bedurfte kaum talentvoller und convenabler<lb/> Mitſpieler, er riß in ſeinen großen Momenten Alles<lb/> mit ſich fort, und zwang dann auch den Stümper,<lb/> wie ein willenloſes Werkzeug ihm zu folgen; in<lb/> Nebenzügen ließ er das Stück und die Mitſpieler<lb/> fallen.</p><lb/> <p>Von effektuirenden Momenten iſt bei Fräulein<lb/> Bauer eigentlich keine Spur. Mag das Bedingung<lb/> ihres Naturells, oder Ergebniß ihres poetiſchen Ver¬<lb/> ſtändniſſes oder Beides ſein; ſo brillant ihre Er¬<lb/> ſcheinung auf der Bühne genannt werden kann, ſo<lb/> wenig beſteht ihr Spiel aus brillanten Einzelheiten.<lb/> Sie ſcheint ſelbſt auf Koſten der Wirkſamkeit nur<lb/> einen — Totaleindruck zu erzielen. Es liegt hierin<lb/> etwas <hi rendition="#g">ſehr Schönes</hi> und echt <hi rendition="#g">Künſtleriſches</hi>;<lb/> allein wie viel Rollen, ſelbſt gute Rollen giebt es<lb/> nicht, deren Werth nur in der Entwickelung dieſes<lb/> oder jenes Momentes beruht! Stände Fräulein<lb/> Bauer immer in einem kunſtfertigen, ausgebildeten<lb/> Enſemble, und brächten unſere Bühnen nur immer<lb/><hi rendition="#g">Claſſiſches</hi>, <hi rendition="#g">ſo würde das Talent dieſer<lb/> Künſtlerin wohl</hi> <hi rendition="#b">niemals</hi> <hi rendition="#g">ſeiner Wirkſam¬<lb/> keit entbehren</hi>. Wie ſchön iſt in Dresden ihr<lb/> Zuſammenſpiel als Julia mit der humoriſtiſch-ſal¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [X/0022]
Devrient bedurfte kaum talentvoller und convenabler
Mitſpieler, er riß in ſeinen großen Momenten Alles
mit ſich fort, und zwang dann auch den Stümper,
wie ein willenloſes Werkzeug ihm zu folgen; in
Nebenzügen ließ er das Stück und die Mitſpieler
fallen.
Von effektuirenden Momenten iſt bei Fräulein
Bauer eigentlich keine Spur. Mag das Bedingung
ihres Naturells, oder Ergebniß ihres poetiſchen Ver¬
ſtändniſſes oder Beides ſein; ſo brillant ihre Er¬
ſcheinung auf der Bühne genannt werden kann, ſo
wenig beſteht ihr Spiel aus brillanten Einzelheiten.
Sie ſcheint ſelbſt auf Koſten der Wirkſamkeit nur
einen — Totaleindruck zu erzielen. Es liegt hierin
etwas ſehr Schönes und echt Künſtleriſches;
allein wie viel Rollen, ſelbſt gute Rollen giebt es
nicht, deren Werth nur in der Entwickelung dieſes
oder jenes Momentes beruht! Stände Fräulein
Bauer immer in einem kunſtfertigen, ausgebildeten
Enſemble, und brächten unſere Bühnen nur immer
Claſſiſches, ſo würde das Talent dieſer
Künſtlerin wohl niemals ſeiner Wirkſam¬
keit entbehren. Wie ſchön iſt in Dresden ihr
Zuſammenſpiel als Julia mit der humoriſtiſch-ſal¬
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