nicht verlassen fühlt. Du fährst dann im gleichen Wagen mit ihm zur Probe und zu den Vorstellungen ..."
"O, es wird eine frohe, glückliche Zeit ..." jubelte ich fort.
Da trat der Theaterdiener in's Zimmer und über¬ reichte mir ein mächtiges Packet nebst der Liste sämmt¬ licher darin befindlichen neuen Rollen, mit der Bitte, zu unterschreiben ... Signe! -- hieß: ich werde gerüstet sein! Doch etwas beklommen gab ich dem Boten die mündliche Antwort: die Quittung werde Herr von Helmersen er¬ halten ...
Meine Beklemmung verminderte sich auch nicht, als ich "le revers de la Medaille" erst vollständig erblickt hatte ...
"Iphigenie! -- Unmöglich, Herr Direktor! In wenig Wochen soll ich die schwerste aller Rollen einstudiren? Das übersteigt meine Kräfte! ..."
"O, nur den zweiten und dritten Akt hat Krüger zu spielen gewünscht," beschwichtigte der alte gute Herr, -- "zugleich mit dem Drama "Der Paria" sollen diese den Abend füllen ..."
"Dann ist es auszuführen" -- athmete ich auf.
Im Paria hatte ich Alexander Wolff mit Mad. Stich in Berlin hinreißend spielen sehen. Wie erschütterte dieses einaktige Drama, -- besonders am Schlusse, wenn die Hüttenwand zerstört ist und der Bramine erscheint und frägt: "Wo ist das Opfer?!" und die schaurige Antwort lautet: "Zwei für eines! ... Und dann scheint die strah¬
nicht verlaſſen fühlt. Du fährſt dann im gleichen Wagen mit ihm zur Probe und zu den Vorſtellungen …«
»O, es wird eine frohe, glückliche Zeit …« jubelte ich fort.
Da trat der Theaterdiener in's Zimmer und über¬ reichte mir ein mächtiges Packet nebſt der Liſte ſämmt¬ licher darin befindlichen neuen Rollen, mit der Bitte, zu unterſchreiben … Signé! — hieß: ich werde gerüſtet ſein! Doch etwas beklommen gab ich dem Boten die mündliche Antwort: die Quittung werde Herr von Helmerſen er¬ halten …
Meine Beklemmung verminderte ſich auch nicht, als ich »le revers de la Médaille« erſt vollſtändig erblickt hatte …
»Iphigenie! — Unmöglich, Herr Direktor! In wenig Wochen ſoll ich die ſchwerſte aller Rollen einſtudiren? Das überſteigt meine Kräfte! …«
»O, nur den zweiten und dritten Akt hat Krüger zu ſpielen gewünſcht,« beſchwichtigte der alte gute Herr, — »zugleich mit dem Drama »Der Paria« ſollen dieſe den Abend füllen …«
»Dann iſt es auszuführen« — athmete ich auf.
Im Paria hatte ich Alexander Wolff mit Mad. Stich in Berlin hinreißend ſpielen ſehen. Wie erſchütterte dieſes einaktige Drama, — beſonders am Schluſſe, wenn die Hüttenwand zerſtört iſt und der Bramine erſcheint und frägt: »Wo iſt das Opfer?!« und die ſchaurige Antwort lautet: »Zwei für eines! … Und dann ſcheint die ſtrah¬
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nicht verlaſſen fühlt. Du fährſt dann im gleichen Wagen
mit ihm zur Probe und zu den Vorſtellungen …«
»O, es wird eine frohe, glückliche Zeit …« jubelte
ich fort.
Da trat der Theaterdiener in's Zimmer und über¬
reichte mir ein mächtiges Packet nebſt der Liſte ſämmt¬
licher darin befindlichen neuen Rollen, mit der Bitte, zu
unterſchreiben … Signé! — hieß: ich werde gerüſtet ſein!
Doch etwas beklommen gab ich dem Boten die mündliche
Antwort: die Quittung werde Herr von Helmerſen er¬
halten …
Meine Beklemmung verminderte ſich auch nicht, als
ich »le revers de la Médaille« erſt vollſtändig erblickt
hatte …
»Iphigenie! — Unmöglich, Herr Direktor! In wenig
Wochen ſoll ich die ſchwerſte aller Rollen einſtudiren?
Das überſteigt meine Kräfte! …«
»O, nur den zweiten und dritten Akt hat Krüger
zu ſpielen gewünſcht,« beſchwichtigte der alte gute Herr, —
»zugleich mit dem Drama »Der Paria« ſollen dieſe den
Abend füllen …«
»Dann iſt es auszuführen« — athmete ich auf.
Im Paria hatte ich Alexander Wolff mit Mad. Stich
in Berlin hinreißend ſpielen ſehen. Wie erſchütterte dieſes
einaktige Drama, — beſonders am Schluſſe, wenn die
Hüttenwand zerſtört iſt und der Bramine erſcheint und
frägt: »Wo iſt das Opfer?!« und die ſchaurige Antwort
lautet: »Zwei für eines! … Und dann ſcheint die ſtrah¬
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/248>, abgerufen am 22.11.2024.
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