nend da. Ich wollte zur harrenden Mutter und zu meiner zu memorirenden Rolle aufbrechen, da rief der liebenswürdige Wirth: "Sie entkommen uns noch nicht! Ein Klavierspieler ist bestellt, Tänzer und Tänzerinnen eingeladen, -- ich habe den Ball zur Ueberraschung meines Frauchens improvisirt."
"Aber -- in Winterkleidern kann ich doch nicht tanzen?"
"Auch dafür ist gesorgt," triumphirte Herr Ritter, -- "ich hatte vor dem Essen noch Zeit, Ihre Frau Mutter zu besuchen, ihr Alles vorzustellen und -- die Balltoilette harrt Ihrer schon sehnsüchtig, -- ich half sie in den Karton packen ..."
"Aber -- -- König Enzio!"
"Ach was -- Enzio! Sie sprechen dem Souffleur nach -- und siegen doch ..." erschallte es von allen Sei¬ ten. So mußte ich mich denn metamorphosiren und tanzte fröhlich bis 10 Uhr.
Obwohl sehr ermüdet, lernte ich noch fleißig an der Rolle, -- fühlte während der Probe die heranrückende Heiserkeit -- sagte aber nichts, um den Benefizianten Pollert nicht zu beunruhigen. Nun wurde Brustthee zu Hülfe genommen, das Bett gehütet und das Benefiz ging glücklich vorüber.
Andern Tages wurde ich zu einer Soiree musicale entführt, den dritten Tag Repetition des Enzio, den vierten Morgens Probe einer Quadrille zu einem Ball costume -- ich stellte Flora vor, mein Tänzer den
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nend da. Ich wollte zur harrenden Mutter und zu meiner zu memorirenden Rolle aufbrechen, da rief der liebenswürdige Wirth: »Sie entkommen uns noch nicht! Ein Klavierſpieler iſt beſtellt, Tänzer und Tänzerinnen eingeladen, — ich habe den Ball zur Ueberraſchung meines Frauchens improviſirt.«
»Aber — in Winterkleidern kann ich doch nicht tanzen?«
»Auch dafür iſt geſorgt,« triumphirte Herr Ritter, — »ich hatte vor dem Eſſen noch Zeit, Ihre Frau Mutter zu beſuchen, ihr Alles vorzuſtellen und — die Balltoilette harrt Ihrer ſchon ſehnſüchtig, — ich half ſie in den Karton packen …«
»Aber — — König Enzio!«
»Ach was — Enzio! Sie ſprechen dem Souffleur nach — und ſiegen doch …« erſchallte es von allen Sei¬ ten. So mußte ich mich denn metamorphoſiren und tanzte fröhlich bis 10 Uhr.
Obwohl ſehr ermüdet, lernte ich noch fleißig an der Rolle, — fühlte während der Probe die heranrückende Heiſerkeit — ſagte aber nichts, um den Benefizianten Pollert nicht zu beunruhigen. Nun wurde Bruſtthee zu Hülfe genommen, das Bett gehütet und das Benefiz ging glücklich vorüber.
Andern Tages wurde ich zu einer Soirée musicale entführt, den dritten Tag Repetition des Enzio, den vierten Morgens Probe einer Quadrille zu einem Ball costumé — ich ſtellte Flora vor, mein Tänzer den
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nend da. Ich wollte zur harrenden Mutter und zu
meiner zu memorirenden Rolle aufbrechen, da rief der
liebenswürdige Wirth: »Sie entkommen uns noch nicht!
Ein Klavierſpieler iſt beſtellt, Tänzer und Tänzerinnen
eingeladen, — ich habe den Ball zur Ueberraſchung
meines Frauchens improviſirt.«
»Aber — in Winterkleidern kann ich doch nicht
tanzen?«
»Auch dafür iſt geſorgt,« triumphirte Herr Ritter,
— »ich hatte vor dem Eſſen noch Zeit, Ihre Frau
Mutter zu beſuchen, ihr Alles vorzuſtellen und — die
Balltoilette harrt Ihrer ſchon ſehnſüchtig, — ich half
ſie in den Karton packen …«
»Aber — — König Enzio!«
»Ach was — Enzio! Sie ſprechen dem Souffleur
nach — und ſiegen doch …« erſchallte es von allen Sei¬
ten. So mußte ich mich denn metamorphoſiren und
tanzte fröhlich bis 10 Uhr.
Obwohl ſehr ermüdet, lernte ich noch fleißig an der
Rolle, — fühlte während der Probe die heranrückende
Heiſerkeit — ſagte aber nichts, um den Benefizianten
Pollert nicht zu beunruhigen. Nun wurde Bruſtthee zu
Hülfe genommen, das Bett gehütet und das Benefiz
ging glücklich vorüber.
Andern Tages wurde ich zu einer Soirée musicale
entführt, den dritten Tag Repetition des Enzio, den
vierten Morgens Probe einer Quadrille zu einem Ball
costumé — ich ſtellte Flora vor, mein Tänzer den
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/271>, abgerufen am 22.11.2024.
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