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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Zwei hohe, spiegelglatte Eisberge, mit Treppen ver¬
sehen, stehen sich auf weiter Ebene gegenüber. Ein win¬
ziger Schlitten, von einem sicheren Führer geleitet, nimmt
uns auf der Höhe des einen Berges auf -- -- und pfeil¬
schnell fliegt der Schlitten herab, die ebene Bahn ent¬
lang -- dem gegenüberliegenden Eisberge zu ... Dann
wird der Schlitten verlassen, die hohe Treppe dieses Eis¬
berges erstiegen, um abermals von der Höhe mit der
Windsbraut in die Wette zu sausen ... und so geht es
ohne Rast immer zu, wie eine chaine anglaise. -- Ist
aber der Leiter des Schlittens nicht gewandt und kalt¬
blütig, dann kann er sammt seiner Dame leicht Arme
und Beine, auch wohl den Hals brechen. Das Kühne,
Gefahrvolle erhöht aber gerade den eigenthümlich auf¬
regenden Reiz des Vergnügens. Es ist der höchste Ehr¬
geiz eines eleganten Petersburger Herrn, den Ruf eines
geschickten Rutschbahnführers sich errungen zu haben. Diesen
Ruf hatte der ritterlich schöne Kaiser Nikolaus mit vollstem
Recht, und die Petersburger und ich konnten nie müde
werden, bewundernd zuzuschauen, wenn der Czar den
kleinen Rutschbahnschlitten der Kaiserin Alexandra so
elegant und sicher lenkte.

Um 1 Uhr waren wir sämmtlich nicht mehr roth¬
wangig, sondern vom Druck der eisigen Luft bläulich
angelaufen, und die erstarrten Lippen vermochten nur
noch mit Anstrengung zu sprechen und zu lächeln. Bei
den gastlichen Ritters erholten wir uns bald von den
Vergnügungsstrapazen -- und im Nu war 3 Uhr mah¬

Zwei hohe, ſpiegelglatte Eisberge, mit Treppen ver¬
ſehen, ſtehen ſich auf weiter Ebene gegenüber. Ein win¬
ziger Schlitten, von einem ſicheren Führer geleitet, nimmt
uns auf der Höhe des einen Berges auf — — und pfeil¬
ſchnell fliegt der Schlitten herab, die ebene Bahn ent¬
lang — dem gegenüberliegenden Eisberge zu … Dann
wird der Schlitten verlaſſen, die hohe Treppe dieſes Eis¬
berges erſtiegen, um abermals von der Höhe mit der
Windsbraut in die Wette zu ſauſen … und ſo geht es
ohne Raſt immer zu, wie eine chaine anglaise. — Iſt
aber der Leiter des Schlittens nicht gewandt und kalt¬
blütig, dann kann er ſammt ſeiner Dame leicht Arme
und Beine, auch wohl den Hals brechen. Das Kühne,
Gefahrvolle erhöht aber gerade den eigenthümlich auf¬
regenden Reiz des Vergnügens. Es iſt der höchſte Ehr¬
geiz eines eleganten Petersburger Herrn, den Ruf eines
geſchickten Rutſchbahnführers ſich errungen zu haben. Dieſen
Ruf hatte der ritterlich ſchöne Kaiſer Nikolaus mit vollſtem
Recht, und die Petersburger und ich konnten nie müde
werden, bewundernd zuzuſchauen, wenn der Czar den
kleinen Rutſchbahnſchlitten der Kaiſerin Alexandra ſo
elegant und ſicher lenkte.

Um 1 Uhr waren wir ſämmtlich nicht mehr roth¬
wangig, ſondern vom Druck der eiſigen Luft bläulich
angelaufen, und die erſtarrten Lippen vermochten nur
noch mit Anſtrengung zu ſprechen und zu lächeln. Bei
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Vergnügungsſtrapazen — und im Nu war 3 Uhr mah¬

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[242/0270] Zwei hohe, ſpiegelglatte Eisberge, mit Treppen ver¬ ſehen, ſtehen ſich auf weiter Ebene gegenüber. Ein win¬ ziger Schlitten, von einem ſicheren Führer geleitet, nimmt uns auf der Höhe des einen Berges auf — — und pfeil¬ ſchnell fliegt der Schlitten herab, die ebene Bahn ent¬ lang — dem gegenüberliegenden Eisberge zu … Dann wird der Schlitten verlaſſen, die hohe Treppe dieſes Eis¬ berges erſtiegen, um abermals von der Höhe mit der Windsbraut in die Wette zu ſauſen … und ſo geht es ohne Raſt immer zu, wie eine chaine anglaise. — Iſt aber der Leiter des Schlittens nicht gewandt und kalt¬ blütig, dann kann er ſammt ſeiner Dame leicht Arme und Beine, auch wohl den Hals brechen. Das Kühne, Gefahrvolle erhöht aber gerade den eigenthümlich auf¬ regenden Reiz des Vergnügens. Es iſt der höchſte Ehr¬ geiz eines eleganten Petersburger Herrn, den Ruf eines geſchickten Rutſchbahnführers ſich errungen zu haben. Dieſen Ruf hatte der ritterlich ſchöne Kaiſer Nikolaus mit vollſtem Recht, und die Petersburger und ich konnten nie müde werden, bewundernd zuzuſchauen, wenn der Czar den kleinen Rutſchbahnſchlitten der Kaiſerin Alexandra ſo elegant und ſicher lenkte. Um 1 Uhr waren wir ſämmtlich nicht mehr roth¬ wangig, ſondern vom Druck der eiſigen Luft bläulich angelaufen, und die erſtarrten Lippen vermochten nur noch mit Anſtrengung zu ſprechen und zu lächeln. Bei den gaſtlichen Ritters erholten wir uns bald von den Vergnügungsſtrapazen — und im Nu war 3 Uhr mah¬

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/270>, abgerufen am 22.11.2024.