Pferdekopf gemüthlich aus den höchsten Fenstern des Schlosses niederblicken.
Selten benutzte er einen Thorweg, um in den Hof eines Gasthofes oder Gutes zu reiten, -- er setzte über die Mauer hinweg.
Als später die Eisenbahn von Wien nach Pest er¬ öffnet wurde, ritt er in Folge einer Wette die Strecke in sechs Stunden und kam zwei Stunden früher an, als der zugleich mit ihm abgegangene Postzug.
Auch liebte Graf Sandor es, sich den guten Wienern zuweilen zu Wagen zu zeigen, -- aber wo möglich jedes Mal in einem andern Bauwerk seiner Erfindung. Heute saß er in einem römischen Triumphwagen a la Julius Cäsar, morgen mit seinen Freunden auf einem haushohen Gestell, übermorgen lag er zwischen zwei Riesenrädern gleichsam in einer Hängematte fast auf der Erde, und dann wieder kutschirte er auf drei Rädern einher. Wäre Graf Sandor nicht ein zu großer Pferdefreund gewesen, unser modernes Velociped wäre sicher schon 40 Jahre früher von ihm erfunden und im Wiener Prater exekutirt. Aber die Wagen waren für seine Pferde ja nur Staffage. Heute fuhr er mit sechs Schecken lang vom Bock, morgen spannte er Schimmel, Rappen, Fuchs und Braunen zu¬ sammen, übermorgen drei Schimmel einspännig vorein¬ ander, -- heute russisch -- morgen englisch -- über¬ morgen magyarisch geschirrt!
Damals sprach ganz Wien von der glühenden, ro¬ mantischen Liebe des interessanten Grafen zur Prinzessin
Pferdekopf gemüthlich aus den höchſten Fenſtern des Schloſſes niederblicken.
Selten benutzte er einen Thorweg, um in den Hof eines Gaſthofes oder Gutes zu reiten, — er ſetzte über die Mauer hinweg.
Als ſpäter die Eiſenbahn von Wien nach Peſt er¬ öffnet wurde, ritt er in Folge einer Wette die Strecke in ſechs Stunden und kam zwei Stunden früher an, als der zugleich mit ihm abgegangene Poſtzug.
Auch liebte Graf Sandor es, ſich den guten Wienern zuweilen zu Wagen zu zeigen, — aber wo möglich jedes Mal in einem andern Bauwerk ſeiner Erfindung. Heute ſaß er in einem römiſchen Triumphwagen à la Julius Cäſar, morgen mit ſeinen Freunden auf einem haushohen Geſtell, übermorgen lag er zwiſchen zwei Rieſenrädern gleichſam in einer Hängematte faſt auf der Erde, und dann wieder kutſchirte er auf drei Rädern einher. Wäre Graf Sandor nicht ein zu großer Pferdefreund geweſen, unſer modernes Velociped wäre ſicher ſchon 40 Jahre früher von ihm erfunden und im Wiener Prater exekutirt. Aber die Wagen waren für ſeine Pferde ja nur Staffage. Heute fuhr er mit ſechs Schecken lang vom Bock, morgen ſpannte er Schimmel, Rappen, Fuchs und Braunen zu¬ ſammen, übermorgen drei Schimmel einſpännig vorein¬ ander, — heute ruſſiſch — morgen engliſch — über¬ morgen magyariſch geſchirrt!
Damals ſprach ganz Wien von der glühenden, ro¬ mantiſchen Liebe des intereſſanten Grafen zur Prinzeſſin
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Pferdekopf gemüthlich aus den höchſten Fenſtern des
Schloſſes niederblicken.
Selten benutzte er einen Thorweg, um in den Hof
eines Gaſthofes oder Gutes zu reiten, — er ſetzte über
die Mauer hinweg.
Als ſpäter die Eiſenbahn von Wien nach Peſt er¬
öffnet wurde, ritt er in Folge einer Wette die Strecke
in ſechs Stunden und kam zwei Stunden früher an,
als der zugleich mit ihm abgegangene Poſtzug.
Auch liebte Graf Sandor es, ſich den guten Wienern
zuweilen zu Wagen zu zeigen, — aber wo möglich jedes
Mal in einem andern Bauwerk ſeiner Erfindung. Heute
ſaß er in einem römiſchen Triumphwagen à la Julius
Cäſar, morgen mit ſeinen Freunden auf einem haushohen
Geſtell, übermorgen lag er zwiſchen zwei Rieſenrädern
gleichſam in einer Hängematte faſt auf der Erde, und
dann wieder kutſchirte er auf drei Rädern einher. Wäre
Graf Sandor nicht ein zu großer Pferdefreund geweſen,
unſer modernes Velociped wäre ſicher ſchon 40 Jahre
früher von ihm erfunden und im Wiener Prater exekutirt.
Aber die Wagen waren für ſeine Pferde ja nur Staffage.
Heute fuhr er mit ſechs Schecken lang vom Bock, morgen
ſpannte er Schimmel, Rappen, Fuchs und Braunen zu¬
ſammen, übermorgen drei Schimmel einſpännig vorein¬
ander, — heute ruſſiſch — morgen engliſch — über¬
morgen magyariſch geſchirrt!
Damals ſprach ganz Wien von der glühenden, ro¬
mantiſchen Liebe des intereſſanten Grafen zur Prinzeſſin
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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