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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Leontine Metternich-Winneberg, -- der Tochter des
allmächtigen Staatskanzlers. Man zweifelte aber fast
allgemein, daß der Fürst seine schöne Tochter einem so
tollen Wagehalse anvertrauen werde. Und doch war im
Februar 1835 bereits die glanzvolle Hochzeit, -- und
die Prinzessin hat es auch nie bereut, den ritterlichsten
Kavalier Wiens gewählt zu haben. Das junge Paar
wohnte nun theils in Wien, theils in Ofen, auf dem
prächtigen und zugleich romantischen Stammsitz der
Sandors. Als Metternich's Stern unterging, brachte
die erregte Menge eines Abends vor Sandor's Palais
eine entsetzliche Katzenmusik. Plötzlich tauchte aus dem
lärmenden Volkshaufen ein Mann auf, der sich auf die
Rampe des Palais postirte, und am lautesten schrie,
pfiff, trommelte ... es war Graf Sandor! Kaum hatte
die Menge ihn erkannt, so stutzte sie und verstummte ...
Dann brach auf allen Seiten ein homerisches Gelächter
aus ... es war ja auch zu komisch und originell, daß
ein Mann begeistert in die Katzenmusik einstimmte, die
vor seinem eigenen Hause gebracht wurde ... Und dann
rief eine Stimme: "Hoch! hoch! Sandor -- dem leut¬
seligsten Grafen Wiens -- dem Mann, der Sinn und
Herz für's Volk hat ... Hoch der Gräfin Sandor ...
nur dem Vater Metternich gilt diese Demonstration!"
-- und die Menge stimmte jubelnd mit ein. Der Sturm
war vorüber und singend, lachend zog der kurz vorher
noch so erregte Haufen davon.

Leontine Metternich-Winneberg, — der Tochter des
allmächtigen Staatskanzlers. Man zweifelte aber faſt
allgemein, daß der Fürſt ſeine ſchöne Tochter einem ſo
tollen Wagehalſe anvertrauen werde. Und doch war im
Februar 1835 bereits die glanzvolle Hochzeit, — und
die Prinzeſſin hat es auch nie bereut, den ritterlichſten
Kavalier Wiens gewählt zu haben. Das junge Paar
wohnte nun theils in Wien, theils in Ofen, auf dem
prächtigen und zugleich romantiſchen Stammſitz der
Sandors. Als Metternich's Stern unterging, brachte
die erregte Menge eines Abends vor Sandor's Palais
eine entſetzliche Katzenmuſik. Plötzlich tauchte aus dem
lärmenden Volkshaufen ein Mann auf, der ſich auf die
Rampe des Palais poſtirte, und am lauteſten ſchrie,
pfiff, trommelte … es war Graf Sandor! Kaum hatte
die Menge ihn erkannt, ſo ſtutzte ſie und verſtummte …
Dann brach auf allen Seiten ein homeriſches Gelächter
aus … es war ja auch zu komiſch und originell, daß
ein Mann begeiſtert in die Katzenmuſik einſtimmte, die
vor ſeinem eigenen Hauſe gebracht wurde … Und dann
rief eine Stimme: »Hoch! hoch! Sandor — dem leut¬
ſeligſten Grafen Wiens — dem Mann, der Sinn und
Herz für's Volk hat … Hoch der Gräfin Sandor …
nur dem Vater Metternich gilt dieſe Demonſtration!«
— und die Menge ſtimmte jubelnd mit ein. Der Sturm
war vorüber und ſingend, lachend zog der kurz vorher
noch ſo erregte Haufen davon.

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[267/0295] Leontine Metternich-Winneberg, — der Tochter des allmächtigen Staatskanzlers. Man zweifelte aber faſt allgemein, daß der Fürſt ſeine ſchöne Tochter einem ſo tollen Wagehalſe anvertrauen werde. Und doch war im Februar 1835 bereits die glanzvolle Hochzeit, — und die Prinzeſſin hat es auch nie bereut, den ritterlichſten Kavalier Wiens gewählt zu haben. Das junge Paar wohnte nun theils in Wien, theils in Ofen, auf dem prächtigen und zugleich romantiſchen Stammſitz der Sandors. Als Metternich's Stern unterging, brachte die erregte Menge eines Abends vor Sandor's Palais eine entſetzliche Katzenmuſik. Plötzlich tauchte aus dem lärmenden Volkshaufen ein Mann auf, der ſich auf die Rampe des Palais poſtirte, und am lauteſten ſchrie, pfiff, trommelte … es war Graf Sandor! Kaum hatte die Menge ihn erkannt, ſo ſtutzte ſie und verſtummte … Dann brach auf allen Seiten ein homeriſches Gelächter aus … es war ja auch zu komiſch und originell, daß ein Mann begeiſtert in die Katzenmuſik einſtimmte, die vor ſeinem eigenen Hauſe gebracht wurde … Und dann rief eine Stimme: »Hoch! hoch! Sandor — dem leut¬ ſeligſten Grafen Wiens — dem Mann, der Sinn und Herz für's Volk hat … Hoch der Gräfin Sandor … nur dem Vater Metternich gilt dieſe Demonſtration!« — und die Menge ſtimmte jubelnd mit ein. Der Sturm war vorüber und ſingend, lachend zog der kurz vorher noch ſo erregte Haufen davon.

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/295>, abgerufen am 22.11.2024.