Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Und dieser liebenswürdige, geistvolle Mann muß so Als ich 1824 der ersten Vorstellung im Berliner Wie anders zehn Jahre später im Wiener Burg¬ Und dieſer liebenswürdige, geiſtvolle Mann muß ſo Als ich 1824 der erſten Vorſtellung im Berliner Wie anders zehn Jahre ſpäter im Wiener Burg¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0296" n="268"/> <p>Und dieſer liebenswürdige, geiſtvolle Mann muß ſo<lb/> traurig enden! Bei einem unglücklichen Sturz mit dem<lb/> Pferde zog er ſich eine Gehirnerſchütterung zu. Düſtere<lb/> Schatten — ja oft tiefe Nacht verhüllen den einſt ſo<lb/> heiteren Geiſt. —</p><lb/> <p>Als ich 1824 der erſten Vorſtellung im Berliner<lb/> Schauſpielhauſe beiwohnte, war mir gar wunderbar<lb/> feierlich — ja andächtig zu Muth, und das junge ſieben¬<lb/> zehnjährige Herz blühte mir ſo ſelig auf, wie am erſten<lb/> ſonnigen Frühlingsmorgen im knoſpenden, duftigen<lb/> Walde. Die herrlichen Künſtler erſchienen mir als höhere<lb/> Weſen und mein Auge und Herz hingen gläubig an<lb/> ihrem Munde und an jeder ihrer Bewegungen. Das<lb/> Publikum exiſtirte für mich nur in den Zwiſchenakten.<lb/> Das Haus war nichts weniger als brillant erleuchtet.<lb/> Von ſogenannten großen Toiletten war ſelbſt im erſten<lb/> Range nichts zu ſehen. In der königlichen Loge ſaß<lb/> die holde Kronprinzeſſin in einfachſter Toilette neben dem<lb/> Kronprinzen. Nirgends ein Sichvordrängen der Mode<lb/> oder der Koketterie. Das Publikum war der Vorſtellung<lb/> wegen gekommen — und nicht: um geſehen zu werden!</p><lb/> <p>Wie anders zehn Jahre ſpäter im Wiener Burg¬<lb/> theater! Das hohe, nicht gerade architektoniſch ſchöne,<lb/> aber ariſtokratiſch geſchmückte Haus ſtrahlte im hellſten<lb/> Licht. Der erſte, zweite und dritte Rang wogte und<lb/> flimmerte von den eleganteſten, auffallendſten — ja ge¬<lb/> wagteſten Toiletten. Modiſche Herren gingen von einer<lb/> Loge in die andere und machten den Damen den Hof.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [268/0296]
Und dieſer liebenswürdige, geiſtvolle Mann muß ſo
traurig enden! Bei einem unglücklichen Sturz mit dem
Pferde zog er ſich eine Gehirnerſchütterung zu. Düſtere
Schatten — ja oft tiefe Nacht verhüllen den einſt ſo
heiteren Geiſt. —
Als ich 1824 der erſten Vorſtellung im Berliner
Schauſpielhauſe beiwohnte, war mir gar wunderbar
feierlich — ja andächtig zu Muth, und das junge ſieben¬
zehnjährige Herz blühte mir ſo ſelig auf, wie am erſten
ſonnigen Frühlingsmorgen im knoſpenden, duftigen
Walde. Die herrlichen Künſtler erſchienen mir als höhere
Weſen und mein Auge und Herz hingen gläubig an
ihrem Munde und an jeder ihrer Bewegungen. Das
Publikum exiſtirte für mich nur in den Zwiſchenakten.
Das Haus war nichts weniger als brillant erleuchtet.
Von ſogenannten großen Toiletten war ſelbſt im erſten
Range nichts zu ſehen. In der königlichen Loge ſaß
die holde Kronprinzeſſin in einfachſter Toilette neben dem
Kronprinzen. Nirgends ein Sichvordrängen der Mode
oder der Koketterie. Das Publikum war der Vorſtellung
wegen gekommen — und nicht: um geſehen zu werden!
Wie anders zehn Jahre ſpäter im Wiener Burg¬
theater! Das hohe, nicht gerade architektoniſch ſchöne,
aber ariſtokratiſch geſchmückte Haus ſtrahlte im hellſten
Licht. Der erſte, zweite und dritte Rang wogte und
flimmerte von den eleganteſten, auffallendſten — ja ge¬
wagteſten Toiletten. Modiſche Herren gingen von einer
Loge in die andere und machten den Damen den Hof.
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