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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Er hatte gefürchtet, ich wolle seine liebe kleine Peche
verdrängen.


Auch die Wiener Geselligkeit sollte ich kennen und schätzen
lernen. Baron d'Andlaw, erster Gesandtschaftssekretär bei
der badischen Gesandtschaft, brachte der Mutter und mir den
landsmannschaftlichen Gruß seines Chefs, des Grafen Tetten¬
born, und die Einladung zum Diner am nächsten Tage.
"Sie werden auch den Prinzen Gustav Wasa sehen ..."

"O, ich habe mit seinen Schwestern Cäcilie und
Amalie einst so fröhlich auf den Kinderbällen getanzt,
die von der Frau Markgräfin häufig auf dem Schloß in
Karlsruhe gegeben wurden, weil die Kaiserin Elisabeth
solche kleine Feste sehr liebte ... Und auch des schwe¬
dischen Kronprinzen Gustav Wasa erinnere ich mich noch
sehr gut, wie er so blaß und schmächtig und melancholisch
durch die Straßen von Karlsruhe ritt und wir Kinder
ihm nachschauten und uns geheimnißvoll wichtig zu¬
flüsterten: Sein Vater war ein König -- und weil die
bösen Schweden dem die Krone genommen und ihn und
die Königin und die armen Kinder aus ihrem Königreich
getrieben haben -- darum ist Prinz Gustav so traurig
und blaß und mager ..."

"Nun traurig und blaß und mager ist Gustav Wasa
heute gerade nicht mehr" -- lachte Baron d'Andlaw --
"man gewöhnt sich im Leben mit der Zeit an Alles --
sogar an eine verlorene Königskrone!"

Er hatte gefürchtet, ich wolle ſeine liebe kleine Peche
verdrängen.


Auch die Wiener Geſelligkeit ſollte ich kennen und ſchätzen
lernen. Baron d'Andlaw, erſter Geſandtſchaftsſekretär bei
der badiſchen Geſandtſchaft, brachte der Mutter und mir den
landsmannſchaftlichen Gruß ſeines Chefs, des Grafen Tetten¬
born, und die Einladung zum Diner am nächſten Tage.
»Sie werden auch den Prinzen Guſtav Waſa ſehen …«

»O, ich habe mit ſeinen Schweſtern Cäcilie und
Amalie einſt ſo fröhlich auf den Kinderbällen getanzt,
die von der Frau Markgräfin häufig auf dem Schloß in
Karlsruhe gegeben wurden, weil die Kaiſerin Eliſabeth
ſolche kleine Feſte ſehr liebte … Und auch des ſchwe¬
diſchen Kronprinzen Guſtav Waſa erinnere ich mich noch
ſehr gut, wie er ſo blaß und ſchmächtig und melancholiſch
durch die Straßen von Karlsruhe ritt und wir Kinder
ihm nachſchauten und uns geheimnißvoll wichtig zu¬
flüſterten: Sein Vater war ein König — und weil die
böſen Schweden dem die Krone genommen und ihn und
die Königin und die armen Kinder aus ihrem Königreich
getrieben haben — darum iſt Prinz Guſtav ſo traurig
und blaß und mager …«

»Nun traurig und blaß und mager iſt Guſtav Waſa
heute gerade nicht mehr« — lachte Baron d'Andlaw —
»man gewöhnt ſich im Leben mit der Zeit an Alles —
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[277/0305] Er hatte gefürchtet, ich wolle ſeine liebe kleine Peche verdrängen. Auch die Wiener Geſelligkeit ſollte ich kennen und ſchätzen lernen. Baron d'Andlaw, erſter Geſandtſchaftsſekretär bei der badiſchen Geſandtſchaft, brachte der Mutter und mir den landsmannſchaftlichen Gruß ſeines Chefs, des Grafen Tetten¬ born, und die Einladung zum Diner am nächſten Tage. »Sie werden auch den Prinzen Guſtav Waſa ſehen …« »O, ich habe mit ſeinen Schweſtern Cäcilie und Amalie einſt ſo fröhlich auf den Kinderbällen getanzt, die von der Frau Markgräfin häufig auf dem Schloß in Karlsruhe gegeben wurden, weil die Kaiſerin Eliſabeth ſolche kleine Feſte ſehr liebte … Und auch des ſchwe¬ diſchen Kronprinzen Guſtav Waſa erinnere ich mich noch ſehr gut, wie er ſo blaß und ſchmächtig und melancholiſch durch die Straßen von Karlsruhe ritt und wir Kinder ihm nachſchauten und uns geheimnißvoll wichtig zu¬ flüſterten: Sein Vater war ein König — und weil die böſen Schweden dem die Krone genommen und ihn und die Königin und die armen Kinder aus ihrem Königreich getrieben haben — darum iſt Prinz Guſtav ſo traurig und blaß und mager …« »Nun traurig und blaß und mager iſt Guſtav Waſa heute gerade nicht mehr« — lachte Baron d'Andlaw — »man gewöhnt ſich im Leben mit der Zeit an Alles — ſogar an eine verlorene Königskrone!«

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/305>, abgerufen am 22.11.2024.