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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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"Schau, Louiserl, das war an ganz herzig's Mar¬
garethe! ..." und nach den "Zwei Jahren verheirathet"
hatte der Kaiser kritisirt: "I hab' das Fräulein gern
g'sehn -- sie spielt so comme il faut!"

Anschütz war in den Hagestolzen aber auch ein
herziger Hofrath, so treu und innig und wahr, ganz
wie meine verehrten Meister aus der alten Schule, --
und bessere Partner als Korn und Herzfeld ... und
einen genialeren Schneider, als den Herrn VON Bär
hätte ich nur für das Salonstück nicht wünschen können.

Ja, ich hatte mir die Winke über die jetzige "Mode-
Epoche" am Wiener Burgtheater wohl gemerkt, und
der ewig hungrigen Göttin Mode und ihrem mammon¬
dürstenden Oberpriester Bär, wenn auch mit schwerem
Herzen, meine so mühselig in Pest erschrieene Gastspiel¬
gage bis auf den letzten Heller zu Füßen gelegt für --
drei "himmlische" Salondamen-Anzüge zu den "Zwei
Jahren verheirathet".

Der Herr von Bär hatte sich in Wien längst den
Ruf eines Zauberers erworben, in dessen Kleidern Hä߬
liche schön -- Bucklige "wie eine Tanne so schlank" --
und Schöne wie -- Engel aussähen ... und neben dieser
Berühmtheit auch natürlich ein ganz anständiges Ver¬
mögen. Dies Wunder von Schneidermeister besuchte
seine Kunden in elegantester Equipage, versammelte
Sonntags in seinem glänzend eingerichteten Hause ein
Quartett und spielte selber dabei "zu seiner Erholung"
die erste Geige. Nicht ohne Herzklopfen machte ich diesem

»Schau, Louiſerl, das war an ganz herzig's Mar¬
garethe! …« und nach den »Zwei Jahren verheirathet«
hatte der Kaiſer kritiſirt: »I hab' das Fräulein gern
g'ſehn — ſie ſpielt ſo comme il faut

Anſchütz war in den Hageſtolzen aber auch ein
herziger Hofrath, ſo treu und innig und wahr, ganz
wie meine verehrten Meiſter aus der alten Schule, —
und beſſere Partner als Korn und Herzfeld … und
einen genialeren Schneider, als den Herrn VON Bär
hätte ich nur für das Salonſtück nicht wünſchen können.

Ja, ich hatte mir die Winke über die jetzige »Mode-
Epoche« am Wiener Burgtheater wohl gemerkt, und
der ewig hungrigen Göttin Mode und ihrem mammon¬
dürſtenden Oberprieſter Bär, wenn auch mit ſchwerem
Herzen, meine ſo mühſelig in Peſt erſchrieene Gaſtſpiel¬
gage bis auf den letzten Heller zu Füßen gelegt für —
drei »himmliſche« Salondamen-Anzüge zu den »Zwei
Jahren verheirathet«.

Der Herr von Bär hatte ſich in Wien längſt den
Ruf eines Zauberers erworben, in deſſen Kleidern Hä߬
liche ſchön — Bucklige »wie eine Tanne ſo ſchlank« —
und Schöne wie — Engel ausſähen … und neben dieſer
Berühmtheit auch natürlich ein ganz anſtändiges Ver¬
mögen. Dies Wunder von Schneidermeiſter beſuchte
ſeine Kunden in eleganteſter Equipage, verſammelte
Sonntags in ſeinem glänzend eingerichteten Hauſe ein
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[301/0329] »Schau, Louiſerl, das war an ganz herzig's Mar¬ garethe! …« und nach den »Zwei Jahren verheirathet« hatte der Kaiſer kritiſirt: »I hab' das Fräulein gern g'ſehn — ſie ſpielt ſo comme il faut!« Anſchütz war in den Hageſtolzen aber auch ein herziger Hofrath, ſo treu und innig und wahr, ganz wie meine verehrten Meiſter aus der alten Schule, — und beſſere Partner als Korn und Herzfeld … und einen genialeren Schneider, als den Herrn VON Bär hätte ich nur für das Salonſtück nicht wünſchen können. Ja, ich hatte mir die Winke über die jetzige »Mode- Epoche« am Wiener Burgtheater wohl gemerkt, und der ewig hungrigen Göttin Mode und ihrem mammon¬ dürſtenden Oberprieſter Bär, wenn auch mit ſchwerem Herzen, meine ſo mühſelig in Peſt erſchrieene Gaſtſpiel¬ gage bis auf den letzten Heller zu Füßen gelegt für — drei »himmliſche« Salondamen-Anzüge zu den »Zwei Jahren verheirathet«. Der Herr von Bär hatte ſich in Wien längſt den Ruf eines Zauberers erworben, in deſſen Kleidern Hä߬ liche ſchön — Bucklige »wie eine Tanne ſo ſchlank« — und Schöne wie — Engel ausſähen … und neben dieſer Berühmtheit auch natürlich ein ganz anſtändiges Ver¬ mögen. Dies Wunder von Schneidermeiſter beſuchte ſeine Kunden in eleganteſter Equipage, verſammelte Sonntags in ſeinem glänzend eingerichteten Hauſe ein Quartett und ſpielte ſelber dabei »zu ſeiner Erholung« die erſte Geige. Nicht ohne Herzklopfen machte ich dieſem

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/329>, abgerufen am 22.11.2024.