Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.Wundermann meine Visite. Er sah mich mit scharf Da richtete er sich würdevoll auf, sah mich noch "Aber -- aber wie," -- stotterte ich, denn ich "Mein gnädiges Fräulein, ich sehe die Damen nur Ich war vernichtet! Aber der Herr von Bär rächte sich nicht für meinen Wenn ich aber an diese und andere Bären-Rechnungen Wundermann meine Viſite. Er ſah mich mit ſcharf Da richtete er ſich würdevoll auf, ſah mich noch »Aber — aber wie,« — ſtotterte ich, denn ich »Mein gnädiges Fräulein, ich ſehe die Damen nur Ich war vernichtet! Aber der Herr von Bär rächte ſich nicht für meinen Wenn ich aber an dieſe und andere Bären-Rechnungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0330" n="302"/> Wundermann meine Viſite. Er ſah mich mit ſcharf<lb/> prüfendem Blick von oben bis unten an und lächelte<lb/> wohlgefällig. Als ich ihm beſcheiden meine »Wünſche«<lb/> über Farbe und Stoffe mitgetheilt hatte, fing er ein —<lb/> Kunſtgeſpräch an. Endlich mußte ich mir doch erlauben,<lb/> den Herrn von Bär in zarteſter Weiſe zu bitten, ob er<lb/> nicht die Güte haben wolle, mir nun auch Maß zu<lb/> nehmen …</p><lb/> <p>Da richtete er ſich würdevoll auf, ſah mich noch<lb/> einmal mit dem unfehlbaren Blick eines Imperators<lb/> von oben bis unten an und ſagte: »Mein gnädiges<lb/> Fräulein, ich nehme nie Maß — nie!«</p><lb/> <p>»Aber — aber wie,« — ſtotterte ich, denn ich<lb/> glaubte unbewußt ein Kapitalverbrechen gegen den großen<lb/> Mann begangen zu haben.</p><lb/> <p>»Mein gnädiges Fräulein, ich <hi rendition="#g">ſehe</hi> die Damen nur<lb/> einmal an — ich habe auch Sie bereits <hi rendition="#g">angeſehen</hi> und<lb/> ich garantire Ihnen: die Kleider ſitzen wie angegoſſen …«</p><lb/> <p>Ich war vernichtet!</p><lb/> <p>Aber der Herr von Bär rächte ſich nicht für meinen<lb/> Frevel, daß ich ihn in eine Ideenverbindung mit einem<lb/> ganz ordinären Schneidermaß bringen konnte — — die<lb/> drei Toiletten ſaßen »wie angegoſſen« und machten<lb/> Furore.</p><lb/> <p>Wenn ich aber an dieſe und andere Bären-Rechnungen<lb/> denke — ſo fühle ich noch heute einige Gewiſſensbiſſe über<lb/> den Leichtſinn: die Wiener Burgtheater-Mode-Epoche mit¬<lb/> gemacht zu haben. —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [302/0330]
Wundermann meine Viſite. Er ſah mich mit ſcharf
prüfendem Blick von oben bis unten an und lächelte
wohlgefällig. Als ich ihm beſcheiden meine »Wünſche«
über Farbe und Stoffe mitgetheilt hatte, fing er ein —
Kunſtgeſpräch an. Endlich mußte ich mir doch erlauben,
den Herrn von Bär in zarteſter Weiſe zu bitten, ob er
nicht die Güte haben wolle, mir nun auch Maß zu
nehmen …
Da richtete er ſich würdevoll auf, ſah mich noch
einmal mit dem unfehlbaren Blick eines Imperators
von oben bis unten an und ſagte: »Mein gnädiges
Fräulein, ich nehme nie Maß — nie!«
»Aber — aber wie,« — ſtotterte ich, denn ich
glaubte unbewußt ein Kapitalverbrechen gegen den großen
Mann begangen zu haben.
»Mein gnädiges Fräulein, ich ſehe die Damen nur
einmal an — ich habe auch Sie bereits angeſehen und
ich garantire Ihnen: die Kleider ſitzen wie angegoſſen …«
Ich war vernichtet!
Aber der Herr von Bär rächte ſich nicht für meinen
Frevel, daß ich ihn in eine Ideenverbindung mit einem
ganz ordinären Schneidermaß bringen konnte — — die
drei Toiletten ſaßen »wie angegoſſen« und machten
Furore.
Wenn ich aber an dieſe und andere Bären-Rechnungen
denke — ſo fühle ich noch heute einige Gewiſſensbiſſe über
den Leichtſinn: die Wiener Burgtheater-Mode-Epoche mit¬
gemacht zu haben. —
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