nicht allzu zuverlässigen Lachmuskeln nicht auf eine zu harte Probe zu stellen ...
Johanna ging -- und kehrte nimmer wieder!
Aber, wie ich draußen in meinem Fiaker gelacht habe -- und dann, als ich der Mutter und Freund Witthauer dramatisch und vor allen Dingen elegisch von meinem Besuche Bericht erstattete -- davon darf ich wohl schweigen.
Und dann gab Witthauer auch ein Histörchen von der stadtbekannten, in den alltäglichsten Dingen über¬ schwenglichen Sentimentalität der Frau von Weißenthurn zum Besten -- und unsere kaum ein wenig eingedämmte Heiterkeit brach wieder wolkenbruchartig hervor. Ja, die Feder entfällt noch heute vor Lachen meiner Hand, wenn ich mir die Situation so recht lebensvoll vor's Auge zaubere.
Es regnet nämlich in Wien und Frau von Weißen¬ thurn steigt mit graziösem Storchschritt hochgeschürzt durch die Wasserfluten, elegisch ihren Parapluie balan¬ cirend. Zu ihrem Unglück muß sie an einer Fiakerreihe vorüber.
"Fahr'n mer, Ihro Gnad'n?" sagt der erste Kutscher.
"Ich danke, mein Freund, ich habe einen Schirm!" entgegnet Frau von Weißenthurn schmachtend, mit ele¬ gischem Augen- und Parapluie-Aufschlag, als deklamirte sie mit Johanna:
"Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude!"
nicht allzu zuverläſſigen Lachmuskeln nicht auf eine zu harte Probe zu ſtellen …
Johanna ging — und kehrte nimmer wieder!
Aber, wie ich draußen in meinem Fiaker gelacht habe — und dann, als ich der Mutter und Freund Witthauer dramatiſch und vor allen Dingen elegiſch von meinem Beſuche Bericht erſtattete — davon darf ich wohl ſchweigen.
Und dann gab Witthauer auch ein Hiſtörchen von der ſtadtbekannten, in den alltäglichſten Dingen über¬ ſchwenglichen Sentimentalität der Frau von Weißenthurn zum Beſten — und unſere kaum ein wenig eingedämmte Heiterkeit brach wieder wolkenbruchartig hervor. Ja, die Feder entfällt noch heute vor Lachen meiner Hand, wenn ich mir die Situation ſo recht lebensvoll vor's Auge zaubere.
Es regnet nämlich in Wien und Frau von Weißen¬ thurn ſteigt mit graziöſem Storchſchritt hochgeſchürzt durch die Waſſerfluten, elegiſch ihren Parapluie balan¬ cirend. Zu ihrem Unglück muß ſie an einer Fiakerreihe vorüber.
»Fahr'n mer, Ihro Gnad'n?« ſagt der erſte Kutſcher.
»Ich danke, mein Freund, ich habe einen Schirm!» entgegnet Frau von Weißenthurn ſchmachtend, mit ele¬ giſchem Augen- und Parapluie-Aufſchlag, als deklamirte ſie mit Johanna:
»Kurz iſt der Schmerz und ewig iſt die Freude!«
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0334"n="306"/>
nicht allzu zuverläſſigen Lachmuskeln nicht auf eine zu<lb/>
harte Probe zu ſtellen …</p><lb/><lgtype="poem"><lrendition="#c">Johanna ging — und kehrte nimmer wieder!</l></lg><lb/><p>Aber, wie ich draußen in meinem Fiaker gelacht<lb/>
habe — und dann, als ich der Mutter und Freund<lb/>
Witthauer dramatiſch und vor allen Dingen elegiſch von<lb/>
meinem Beſuche Bericht erſtattete — davon darf ich<lb/>
wohl ſchweigen.</p><lb/><p>Und dann gab Witthauer auch ein Hiſtörchen von<lb/>
der ſtadtbekannten, in den alltäglichſten Dingen über¬<lb/>ſchwenglichen Sentimentalität der Frau von Weißenthurn<lb/>
zum Beſten — und unſere kaum ein wenig eingedämmte<lb/>
Heiterkeit brach wieder wolkenbruchartig hervor. Ja, die<lb/>
Feder entfällt noch heute vor Lachen meiner Hand, wenn<lb/>
ich mir die Situation ſo recht lebensvoll vor's Auge<lb/>
zaubere.</p><lb/><p>Es regnet nämlich in Wien und Frau von Weißen¬<lb/>
thurn ſteigt mit graziöſem Storchſchritt hochgeſchürzt<lb/>
durch die Waſſerfluten, elegiſch ihren Parapluie balan¬<lb/>
cirend. Zu ihrem Unglück muß ſie an einer Fiakerreihe<lb/>
vorüber.</p><lb/><p>»Fahr'n mer, Ihro Gnad'n?« ſagt der erſte Kutſcher.</p><lb/><p>»Ich danke, mein Freund, ich habe einen Schirm!»<lb/>
entgegnet Frau von Weißenthurn ſchmachtend, mit ele¬<lb/>
giſchem Augen- und Parapluie-Aufſchlag, als deklamirte<lb/>ſie mit Johanna:</p><lb/><lgtype="poem"><lrendition="#c">»Kurz iſt der Schmerz und ewig iſt die Freude!«</l></lg><lb/></div></body></text></TEI>
[306/0334]
nicht allzu zuverläſſigen Lachmuskeln nicht auf eine zu
harte Probe zu ſtellen …
Johanna ging — und kehrte nimmer wieder!
Aber, wie ich draußen in meinem Fiaker gelacht
habe — und dann, als ich der Mutter und Freund
Witthauer dramatiſch und vor allen Dingen elegiſch von
meinem Beſuche Bericht erſtattete — davon darf ich
wohl ſchweigen.
Und dann gab Witthauer auch ein Hiſtörchen von
der ſtadtbekannten, in den alltäglichſten Dingen über¬
ſchwenglichen Sentimentalität der Frau von Weißenthurn
zum Beſten — und unſere kaum ein wenig eingedämmte
Heiterkeit brach wieder wolkenbruchartig hervor. Ja, die
Feder entfällt noch heute vor Lachen meiner Hand, wenn
ich mir die Situation ſo recht lebensvoll vor's Auge
zaubere.
Es regnet nämlich in Wien und Frau von Weißen¬
thurn ſteigt mit graziöſem Storchſchritt hochgeſchürzt
durch die Waſſerfluten, elegiſch ihren Parapluie balan¬
cirend. Zu ihrem Unglück muß ſie an einer Fiakerreihe
vorüber.
»Fahr'n mer, Ihro Gnad'n?« ſagt der erſte Kutſcher.
»Ich danke, mein Freund, ich habe einen Schirm!»
entgegnet Frau von Weißenthurn ſchmachtend, mit ele¬
giſchem Augen- und Parapluie-Aufſchlag, als deklamirte
ſie mit Johanna:
»Kurz iſt der Schmerz und ewig iſt die Freude!«
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/334>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.