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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Schwung und Klang der Rede, die geistige Auffassung
der Rolle, das Beherrschen der Szene, die plastischen
Bewegungen, die ganze edle, hohe, schlanke, jugendschöne
Erscheinung!

Emil Devrient hatte über ein wundervolles, jeder
Modulation fähiges, klangvolles Organ zu gebieten, seine
Züge waren wie nach der Antike geformt, und verstanden
es, die leiseste Seelenregung wiederzuspiegeln.

Besonders ergriff mich der letzte Akt. Als endlich
Tasso, vor dem erschütternden Erlöschen, von Leonoren
vernimmt: daß auch sie ihn liebe aber ihre Neigung
nicht gestehen durfte -- da traten mir Thränen in's
Auge. Unnachahmlich rief Devrient aus:

"Mein wahrhaft Herz, Du hast mir nicht gelogen!"
nach dem liebevoll bangen Wort der Prinzessin:
"Was ist Dir, Tasso? Du wirst so bleich!"
-- wie zerfloß da förmlich sein schönes Sein in dem
letzten Hauch:
"O singe, süßer Schwan, Du singst
Der Seel' ein holdes Abschiedslied!"
Der Aufschrei Leonorens machte das Haus erbeben, Wahr¬
haft groß sprach Julie Rettich auf des Herzogs Wort
"Er ist dahin!"
mit seelenvollem Schmerzenston und doch mit erhebender
Zuversicht:
"-- Er ist nun zwiefach!
Auf Erden stirbt er nicht, so lang ein Herz
Noch für das Edle schlägt ...
Und Jenseits hat sein Leben nun begonnen!"

Schwung und Klang der Rede, die geiſtige Auffaſſung
der Rolle, das Beherrſchen der Szene, die plaſtiſchen
Bewegungen, die ganze edle, hohe, ſchlanke, jugendſchöne
Erſcheinung!

Emil Devrient hatte über ein wundervolles, jeder
Modulation fähiges, klangvolles Organ zu gebieten, ſeine
Züge waren wie nach der Antike geformt, und verſtanden
es, die leiſeſte Seelenregung wiederzuſpiegeln.

Beſonders ergriff mich der letzte Akt. Als endlich
Taſſo, vor dem erſchütternden Erlöſchen, von Leonoren
vernimmt: daß auch ſie ihn liebe aber ihre Neigung
nicht geſtehen durfte — da traten mir Thränen in's
Auge. Unnachahmlich rief Devrient aus:

»Mein wahrhaft Herz, Du haſt mir nicht gelogen!«
nach dem liebevoll bangen Wort der Prinzeſſin:
»Was iſt Dir, Taſſo? Du wirſt ſo bleich!«
— wie zerfloß da förmlich ſein ſchönes Sein in dem
letzten Hauch:
»O ſinge, ſüßer Schwan, Du ſingſt
Der Seel' ein holdes Abſchiedslied!«
Der Aufſchrei Leonorens machte das Haus erbeben, Wahr¬
haft groß ſprach Julie Rettich auf des Herzogs Wort
»Er iſt dahin!«
mit ſeelenvollem Schmerzenston und doch mit erhebender
Zuverſicht:
»— Er iſt nun zwiefach!
Auf Erden ſtirbt er nicht, ſo lang ein Herz
Noch für das Edle ſchlägt …
Und Jenſeits hat ſein Leben nun begonnen!«

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[334/0362] Schwung und Klang der Rede, die geiſtige Auffaſſung der Rolle, das Beherrſchen der Szene, die plaſtiſchen Bewegungen, die ganze edle, hohe, ſchlanke, jugendſchöne Erſcheinung! Emil Devrient hatte über ein wundervolles, jeder Modulation fähiges, klangvolles Organ zu gebieten, ſeine Züge waren wie nach der Antike geformt, und verſtanden es, die leiſeſte Seelenregung wiederzuſpiegeln. Beſonders ergriff mich der letzte Akt. Als endlich Taſſo, vor dem erſchütternden Erlöſchen, von Leonoren vernimmt: daß auch ſie ihn liebe aber ihre Neigung nicht geſtehen durfte — da traten mir Thränen in's Auge. Unnachahmlich rief Devrient aus: »Mein wahrhaft Herz, Du haſt mir nicht gelogen!« nach dem liebevoll bangen Wort der Prinzeſſin: »Was iſt Dir, Taſſo? Du wirſt ſo bleich!« — wie zerfloß da förmlich ſein ſchönes Sein in dem letzten Hauch: »O ſinge, ſüßer Schwan, Du ſingſt Der Seel' ein holdes Abſchiedslied!« Der Aufſchrei Leonorens machte das Haus erbeben, Wahr¬ haft groß ſprach Julie Rettich auf des Herzogs Wort »Er iſt dahin!« mit ſeelenvollem Schmerzenston und doch mit erhebender Zuverſicht: »— Er iſt nun zwiefach! Auf Erden ſtirbt er nicht, ſo lang ein Herz Noch für das Edle ſchlägt … Und Jenſeits hat ſein Leben nun begonnen!«

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/362>, abgerufen am 22.11.2024.