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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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langen Leiden scheiden, -- und auch der mich so be¬
zaubernde Mönch, Werdy, schläft längst. --

In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche,
uns so lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich
gestanden uns gegenseitig unsern sehnlichen Wunsch: ich
möchte bei dieser Bühne ein dauerndes Engagement finden.

Wir Beide hatten die damals ja noch sehr ermüdenden
und wenig einträglichen Gastspielreisen herzlich satt und
sehnten uns nach Ruhe -- nach echt deutscher Gemüthlich¬
keit im geselligen Leben und nach einem Wirkungskreise
für mich, wie ich ihn nach dieser Vorstellung in Dresden
zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert
von Emil Devrient und nannte es ihr stolzestes Hoffen,
mich mit dem herrlichen Künstler spielen zu sehen: als
Donna Diana und Don Cäsar. Dieser mütterliche
Wunsch sollte in Erfüllung gehen.


Mein erster Besuch galt am andern Morgen dem
berühmten Kunsthistoriker Hofrath Böttiger, dem ich
bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt
sehr geschätzten Professors in St. Petersburg, gesendet
hatte. Dieser hatte mir beim Abschiede gesagt:

"Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines
herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden,
klugen Greis finden, der mit den Zuständen der dortigen
Bühne genau bekannt ist."

langen Leiden ſcheiden, — und auch der mich ſo be¬
zaubernde Mönch, Werdy, ſchläft längſt. —

In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche,
uns ſo lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich
geſtanden uns gegenſeitig unſern ſehnlichen Wunſch: ich
möchte bei dieſer Bühne ein dauerndes Engagement finden.

Wir Beide hatten die damals ja noch ſehr ermüdenden
und wenig einträglichen Gaſtſpielreiſen herzlich ſatt und
ſehnten uns nach Ruhe — nach echt deutſcher Gemüthlich¬
keit im geſelligen Leben und nach einem Wirkungskreiſe
für mich, wie ich ihn nach dieſer Vorſtellung in Dresden
zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert
von Emil Devrient und nannte es ihr ſtolzeſtes Hoffen,
mich mit dem herrlichen Künſtler ſpielen zu ſehen: als
Donna Diana und Don Cäſar. Dieſer mütterliche
Wunſch ſollte in Erfüllung gehen.


Mein erſter Beſuch galt am andern Morgen dem
berühmten Kunſthiſtoriker Hofrath Böttiger, dem ich
bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt
ſehr geſchätzten Profeſſors in St. Petersburg, geſendet
hatte. Dieſer hatte mir beim Abſchiede geſagt:

»Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines
herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden,
klugen Greis finden, der mit den Zuſtänden der dortigen
Bühne genau bekannt iſt.«

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[336/0364] langen Leiden ſcheiden, — und auch der mich ſo be¬ zaubernde Mönch, Werdy, ſchläft längſt. — In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche, uns ſo lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich geſtanden uns gegenſeitig unſern ſehnlichen Wunſch: ich möchte bei dieſer Bühne ein dauerndes Engagement finden. Wir Beide hatten die damals ja noch ſehr ermüdenden und wenig einträglichen Gaſtſpielreiſen herzlich ſatt und ſehnten uns nach Ruhe — nach echt deutſcher Gemüthlich¬ keit im geſelligen Leben und nach einem Wirkungskreiſe für mich, wie ich ihn nach dieſer Vorſtellung in Dresden zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert von Emil Devrient und nannte es ihr ſtolzeſtes Hoffen, mich mit dem herrlichen Künſtler ſpielen zu ſehen: als Donna Diana und Don Cäſar. Dieſer mütterliche Wunſch ſollte in Erfüllung gehen. Mein erſter Beſuch galt am andern Morgen dem berühmten Kunſthiſtoriker Hofrath Böttiger, dem ich bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt ſehr geſchätzten Profeſſors in St. Petersburg, geſendet hatte. Dieſer hatte mir beim Abſchiede geſagt: »Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden, klugen Greis finden, der mit den Zuſtänden der dortigen Bühne genau bekannt iſt.«

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/364>, abgerufen am 22.11.2024.