langen Leiden scheiden, -- und auch der mich so be¬ zaubernde Mönch, Werdy, schläft längst. --
In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche, uns so lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich gestanden uns gegenseitig unsern sehnlichen Wunsch: ich möchte bei dieser Bühne ein dauerndes Engagement finden.
Wir Beide hatten die damals ja noch sehr ermüdenden und wenig einträglichen Gastspielreisen herzlich satt und sehnten uns nach Ruhe -- nach echt deutscher Gemüthlich¬ keit im geselligen Leben und nach einem Wirkungskreise für mich, wie ich ihn nach dieser Vorstellung in Dresden zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert von Emil Devrient und nannte es ihr stolzestes Hoffen, mich mit dem herrlichen Künstler spielen zu sehen: als Donna Diana und Don Cäsar. Dieser mütterliche Wunsch sollte in Erfüllung gehen.
Mein erster Besuch galt am andern Morgen dem berühmten Kunsthistoriker Hofrath Böttiger, dem ich bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt sehr geschätzten Professors in St. Petersburg, gesendet hatte. Dieser hatte mir beim Abschiede gesagt:
"Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden, klugen Greis finden, der mit den Zuständen der dortigen Bühne genau bekannt ist."
langen Leiden ſcheiden, — und auch der mich ſo be¬ zaubernde Mönch, Werdy, ſchläft längſt. —
In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche, uns ſo lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich geſtanden uns gegenſeitig unſern ſehnlichen Wunſch: ich möchte bei dieſer Bühne ein dauerndes Engagement finden.
Wir Beide hatten die damals ja noch ſehr ermüdenden und wenig einträglichen Gaſtſpielreiſen herzlich ſatt und ſehnten uns nach Ruhe — nach echt deutſcher Gemüthlich¬ keit im geſelligen Leben und nach einem Wirkungskreiſe für mich, wie ich ihn nach dieſer Vorſtellung in Dresden zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert von Emil Devrient und nannte es ihr ſtolzeſtes Hoffen, mich mit dem herrlichen Künſtler ſpielen zu ſehen: als Donna Diana und Don Cäſar. Dieſer mütterliche Wunſch ſollte in Erfüllung gehen.
Mein erſter Beſuch galt am andern Morgen dem berühmten Kunſthiſtoriker Hofrath Böttiger, dem ich bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt ſehr geſchätzten Profeſſors in St. Petersburg, geſendet hatte. Dieſer hatte mir beim Abſchiede geſagt:
»Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden, klugen Greis finden, der mit den Zuſtänden der dortigen Bühne genau bekannt iſt.«
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0364"n="336"/>
langen Leiden ſcheiden, — und auch der mich ſo be¬<lb/>
zaubernde Mönch, Werdy, ſchläft längſt. —</p><lb/><p>In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche,<lb/>
uns ſo lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich<lb/>
geſtanden uns gegenſeitig unſern ſehnlichen Wunſch: ich<lb/>
möchte bei dieſer Bühne ein dauerndes Engagement finden.</p><lb/><p>Wir Beide hatten die damals ja noch ſehr ermüdenden<lb/>
und wenig einträglichen Gaſtſpielreiſen herzlich ſatt und<lb/>ſehnten uns nach Ruhe — nach echt deutſcher Gemüthlich¬<lb/>
keit im geſelligen Leben und nach einem Wirkungskreiſe<lb/>
für mich, wie ich ihn nach dieſer Vorſtellung in Dresden<lb/>
zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert<lb/>
von Emil Devrient und nannte es ihr ſtolzeſtes Hoffen,<lb/>
mich mit dem herrlichen Künſtler ſpielen zu ſehen: als<lb/>
Donna Diana und Don Cäſar. Dieſer mütterliche<lb/>
Wunſch ſollte in Erfüllung gehen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Mein erſter Beſuch galt am andern Morgen dem<lb/>
berühmten Kunſthiſtoriker Hofrath Böttiger, dem ich<lb/>
bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt<lb/>ſehr geſchätzten Profeſſors in St. Petersburg, geſendet<lb/>
hatte. Dieſer hatte mir beim Abſchiede geſagt:</p><lb/><p>»Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines<lb/>
herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden,<lb/>
klugen Greis finden, der mit den Zuſtänden der dortigen<lb/>
Bühne genau bekannt iſt.«<lb/></p></div></body></text></TEI>
[336/0364]
langen Leiden ſcheiden, — und auch der mich ſo be¬
zaubernde Mönch, Werdy, ſchläft längſt. —
In gehobener Stimmung verließen wir das häßliche,
uns ſo lieb gewordene Haus, und die Mutter und ich
geſtanden uns gegenſeitig unſern ſehnlichen Wunſch: ich
möchte bei dieſer Bühne ein dauerndes Engagement finden.
Wir Beide hatten die damals ja noch ſehr ermüdenden
und wenig einträglichen Gaſtſpielreiſen herzlich ſatt und
ſehnten uns nach Ruhe — nach echt deutſcher Gemüthlich¬
keit im geſelligen Leben und nach einem Wirkungskreiſe
für mich, wie ich ihn nach dieſer Vorſtellung in Dresden
zu finden hoffen durfte. Die Mutter war ganz bezaubert
von Emil Devrient und nannte es ihr ſtolzeſtes Hoffen,
mich mit dem herrlichen Künſtler ſpielen zu ſehen: als
Donna Diana und Don Cäſar. Dieſer mütterliche
Wunſch ſollte in Erfüllung gehen.
Mein erſter Beſuch galt am andern Morgen dem
berühmten Kunſthiſtoriker Hofrath Böttiger, dem ich
bereits das Schreiben eines ehemaligen Schülers, jetzt
ſehr geſchätzten Profeſſors in St. Petersburg, geſendet
hatte. Dieſer hatte mir beim Abſchiede geſagt:
»Befolgen Sie in Dresden nur den Rath meines
herrlichen Lehrers. Sie werden einen wohlwollenden,
klugen Greis finden, der mit den Zuſtänden der dortigen
Bühne genau bekannt iſt.«
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/364>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.