eine Art Probe für die Bühnenfähigkeit des Stückes sein, und der Intendantur-Sekretair Teichmann, Brühl's rechte Hand, würde auch eine Rolle lesen ... "Das kritische Publikum werden sein: die Frau Rittmeisterin, Saphir und meine Frau ... Also auf Wiedersehen zu Thee und Butterbrod und -- ästhetischem Kunst¬ genuß!"
Die Art, wie die Berliner "Butterbrod" aussprechen, ist wirklich gar zu allerliebst. Sie schnarren das R noch bedeutender, als sonst, fast lieutenantsartig, und geben sich beim Einladen das Aussehen rührendster Bescheiden¬ heit, doch können sie nicht umhin, eine gewisse sanfte, selbstbewußte Würde durchblicken zu lassen. Ich bat den Kollegen noch scherzend, Sorge zu tragen, die "But¬ terrrbrrödchen" nicht gar zu klein und niedlich schneiden zu lassen! denn Vorlesen und Zuhören erweckten riesen¬ haften Appetit!
Der Plauder-Thee und die wirklich nicht zu ätheri¬ schen Butterrrbrrödchen gingen auch sehr vergnügt vor¬ über. Saphir, der damals die gefürchtete "Schnellpost" und den giftigen "Berliner Courier" herausgab, sprudelte über von Witz und -- Bosheit. Selbst Frau Krüger wurde ganz muthwillig, und ich hatte bald meine Be¬ fangenheit: daß ich vor so großen Kennern und gestrengen Kritikern eine mir ganz unbekannte Rolle lesen sollte, -- von Herzen fortgelacht. Daß der gute Teichmann immer elegischer und überschwänglicher wurde, obgleich wir auch sonst schon ein gut Theil Sentimentalität an
eine Art Probe für die Bühnenfähigkeit des Stückes ſein, und der Intendantur-Sekretair Teichmann, Brühl's rechte Hand, würde auch eine Rolle leſen … »Das kritiſche Publikum werden ſein: die Frau Rittmeiſterin, Saphir und meine Frau … Alſo auf Wiederſehen zu Thee und Butterbrod und — äſthetiſchem Kunſt¬ genuß!«
Die Art, wie die Berliner »Butterbrod« ausſprechen, iſt wirklich gar zu allerliebſt. Sie ſchnarren das R noch bedeutender, als ſonſt, faſt lieutenantsartig, und geben ſich beim Einladen das Ausſehen rührendſter Beſcheiden¬ heit, doch können ſie nicht umhin, eine gewiſſe ſanfte, ſelbſtbewußte Würde durchblicken zu laſſen. Ich bat den Kollegen noch ſcherzend, Sorge zu tragen, die »But¬ terrrbrrödchen« nicht gar zu klein und niedlich ſchneiden zu laſſen! denn Vorleſen und Zuhören erweckten rieſen¬ haften Appetit!
Der Plauder-Thee und die wirklich nicht zu ätheri¬ ſchen Butterrrbrrödchen gingen auch ſehr vergnügt vor¬ über. Saphir, der damals die gefürchtete »Schnellpoſt« und den giftigen »Berliner Courier« herausgab, ſprudelte über von Witz und — Bosheit. Selbſt Frau Krüger wurde ganz muthwillig, und ich hatte bald meine Be¬ fangenheit: daß ich vor ſo großen Kennern und geſtrengen Kritikern eine mir ganz unbekannte Rolle leſen ſollte, — von Herzen fortgelacht. Daß der gute Teichmann immer elegiſcher und überſchwänglicher wurde, obgleich wir auch ſonſt ſchon ein gut Theil Sentimentalität an
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eine Art Probe für die Bühnenfähigkeit des Stückes
ſein, und der Intendantur-Sekretair Teichmann, Brühl's
rechte Hand, würde auch eine Rolle leſen … »Das
kritiſche Publikum werden ſein: die Frau Rittmeiſterin,
Saphir und meine Frau … Alſo auf Wiederſehen
zu Thee und Butterbrod und — äſthetiſchem Kunſt¬
genuß!«
Die Art, wie die Berliner »Butterbrod« ausſprechen,
iſt wirklich gar zu allerliebſt. Sie ſchnarren das R noch
bedeutender, als ſonſt, faſt lieutenantsartig, und geben
ſich beim Einladen das Ausſehen rührendſter Beſcheiden¬
heit, doch können ſie nicht umhin, eine gewiſſe ſanfte,
ſelbſtbewußte Würde durchblicken zu laſſen. Ich bat den
Kollegen noch ſcherzend, Sorge zu tragen, die »But¬
terrrbrrödchen« nicht gar zu klein und niedlich ſchneiden
zu laſſen! denn Vorleſen und Zuhören erweckten rieſen¬
haften Appetit!
Der Plauder-Thee und die wirklich nicht zu ätheri¬
ſchen Butterrrbrrödchen gingen auch ſehr vergnügt vor¬
über. Saphir, der damals die gefürchtete »Schnellpoſt«
und den giftigen »Berliner Courier« herausgab, ſprudelte
über von Witz und — Bosheit. Selbſt Frau Krüger
wurde ganz muthwillig, und ich hatte bald meine Be¬
fangenheit: daß ich vor ſo großen Kennern und geſtrengen
Kritikern eine mir ganz unbekannte Rolle leſen ſollte,
— von Herzen fortgelacht. Daß der gute Teichmann
immer elegiſcher und überſchwänglicher wurde, obgleich
wir auch ſonſt ſchon ein gut Theil Sentimentalität an
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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