Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.wenn Statira-Teichmann im schmelzenden Flöten sich Ich habe in meinem Leben nie ähnliche Qualen aus¬ Da kam aber noch die schwerste Prüfung. Statira- wenn Statira-Teichmann im ſchmelzenden Flöten ſich Ich habe in meinem Leben nie ähnliche Qualen aus¬ Da kam aber noch die ſchwerſte Prüfung. Statira- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0380" n="352"/> wenn Statira-Teichmann im ſchmelzenden Flöten ſich<lb/> faſt verhauchte … dann rief der Schändliche mit ſeinen<lb/> entzückteſten Tönen: »Bravo! meiſterhaft geleſen! — ſo<lb/> gemüthvoll! ſo poeſieduftig …« — uns Armen noch<lb/> den Reſt von Selbſtbeherrſchung raubend.</p><lb/> <p>Ich habe in meinem Leben nie ähnliche Qualen aus¬<lb/> geſtanden, wie in dieſem zweiſtündigen Kampfe gegen<lb/> das Lachen. Eine Tortur in den Gefängniſſen der ſpa¬<lb/> niſchen Inquiſition ſoll ja darin beſtanden haben, daß<lb/> die armen Opfer ſo lange gekitzelt wurden, bis ſie ge¬<lb/> ſtanden oder — ſich zu Tode gelacht hatten … Von<lb/> dieſem Abende an verſtand ich erſt das Furchtbare dieſer<lb/> Tortur! Und doch möchte ich faſt behaupten: Wir haben<lb/> bei »Alexander und Darius« noch mehr gelitten …<lb/> denn wir wurden zwei Stunden lang gekitzelt und —<lb/> durften doch nicht lachen! Ich glaube, ich hätte mit<lb/> Vergnügen eine ganze Monatsgage dafür gegeben, wenn<lb/> die Mutter und ich uns hätten nur drei Minuten lang<lb/> ſo recht von Herzen frei auslachen dürfen! — — Ich<lb/> nahm meine ganze Kraft zuſammen, ſtemmte die Füße<lb/> wie Atlas gegen den Fußboden, biß die Zähne auf die<lb/> arme Zunge und ſtammelte — beſinnungslos meine<lb/> Rolle weiter …</p><lb/> <p>Da kam aber noch die ſchwerſte Prüfung. Statira-<lb/> Teichmann ſieht im letzten Akt im Geiſt, wie eine Viſion,<lb/> das furchtbare Schlachtgewühl … Sie ſchildert in<lb/> Ekſtaſe, wie ihr geliebter Darius flieht — verfolgt wird<lb/> und … wird ohnmächtig … Eine ſolche Prachtauf¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [352/0380]
wenn Statira-Teichmann im ſchmelzenden Flöten ſich
faſt verhauchte … dann rief der Schändliche mit ſeinen
entzückteſten Tönen: »Bravo! meiſterhaft geleſen! — ſo
gemüthvoll! ſo poeſieduftig …« — uns Armen noch
den Reſt von Selbſtbeherrſchung raubend.
Ich habe in meinem Leben nie ähnliche Qualen aus¬
geſtanden, wie in dieſem zweiſtündigen Kampfe gegen
das Lachen. Eine Tortur in den Gefängniſſen der ſpa¬
niſchen Inquiſition ſoll ja darin beſtanden haben, daß
die armen Opfer ſo lange gekitzelt wurden, bis ſie ge¬
ſtanden oder — ſich zu Tode gelacht hatten … Von
dieſem Abende an verſtand ich erſt das Furchtbare dieſer
Tortur! Und doch möchte ich faſt behaupten: Wir haben
bei »Alexander und Darius« noch mehr gelitten …
denn wir wurden zwei Stunden lang gekitzelt und —
durften doch nicht lachen! Ich glaube, ich hätte mit
Vergnügen eine ganze Monatsgage dafür gegeben, wenn
die Mutter und ich uns hätten nur drei Minuten lang
ſo recht von Herzen frei auslachen dürfen! — — Ich
nahm meine ganze Kraft zuſammen, ſtemmte die Füße
wie Atlas gegen den Fußboden, biß die Zähne auf die
arme Zunge und ſtammelte — beſinnungslos meine
Rolle weiter …
Da kam aber noch die ſchwerſte Prüfung. Statira-
Teichmann ſieht im letzten Akt im Geiſt, wie eine Viſion,
das furchtbare Schlachtgewühl … Sie ſchildert in
Ekſtaſe, wie ihr geliebter Darius flieht — verfolgt wird
und … wird ohnmächtig … Eine ſolche Prachtauf¬
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