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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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gabe ließ sich der sentimentale Teichmann natürlich nicht
entgehen ... Er zischelte so gefühlvoll durch die Zähne,
daß das Naß wie ein Sprühregen um den Tisch flog
und Saphir sich in seiner Akklamations-Begeisterung
fast überschlug ... Endlich! endlich! -- o Rettungssecunde!
-- brannte Persepolis -- König Darius hauchte seinen
Todesseufzer aus ... und ich stürzte fort, wie wahn¬
sinnig, gefolgt von der Mutter, daß Teichmann und der
Dichter Uechtritz uns entsetzt nachstarrten ...

Aber -- und hätte mein Leben davon abgehangen
-- ich hätte jetzt, wo die Aufmerksamkeit der Haupt¬
betheiligten von Alexander und Darius und Statira ab¬
gezogen und auf mich armes, schwaches Menschenkind
gerichtet war, nicht noch zwei Minuten in nur einiger¬
maßen schicklicher Ernsthaftigkeit bleiben können ...
darum that ich, was ich schon längst hätte thun sollen:
ich entfloh den starren Wachspuppenaugen des Dr. Wilke,
dem Vaterstolz des Dichters, der sprühenden, weichmüthi¬
gen Begeisterung der guten Statira, den dämonischen
Brillengläsern Saphir's und -- vor allen Dingen mir
selber! Ich ließ Hut und Mantel im Stich ... nur
fort! nur fort! hinaus in die stille, verschwiegene Nacht!
... Und unten auf der Straße preßte ich die entsetzte
Mutter krampfhaft in die Arme und lachte auf
-- endlich -- so tief, so laut, so herzerleichternd und
markdurchdringend, wie noch nie in meinem Leben ...
und die Mutter lachte mit ... So taumelten wir förm¬
lich vor Lachen nach Hause, daß die Leute auf der

Erinnerungen etc. 23

gabe ließ ſich der ſentimentale Teichmann natürlich nicht
entgehen … Er ziſchelte ſo gefühlvoll durch die Zähne,
daß das Naß wie ein Sprühregen um den Tiſch flog
und Saphir ſich in ſeiner Akklamations-Begeiſterung
faſt überſchlug … Endlich! endlich! — o Rettungsſecunde!
— brannte Perſepolis — König Darius hauchte ſeinen
Todesſeufzer aus … und ich ſtürzte fort, wie wahn¬
ſinnig, gefolgt von der Mutter, daß Teichmann und der
Dichter Uechtritz uns entſetzt nachſtarrten …

Aber — und hätte mein Leben davon abgehangen
— ich hätte jetzt, wo die Aufmerkſamkeit der Haupt¬
betheiligten von Alexander und Darius und Statira ab¬
gezogen und auf mich armes, ſchwaches Menſchenkind
gerichtet war, nicht noch zwei Minuten in nur einiger¬
maßen ſchicklicher Ernſthaftigkeit bleiben können …
darum that ich, was ich ſchon längſt hätte thun ſollen:
ich entfloh den ſtarren Wachspuppenaugen des Dr. Wilke,
dem Vaterſtolz des Dichters, der ſprühenden, weichmüthi¬
gen Begeiſterung der guten Statira, den dämoniſchen
Brillengläſern Saphir's und — vor allen Dingen mir
ſelber! Ich ließ Hut und Mantel im Stich … nur
fort! nur fort! hinaus in die ſtille, verſchwiegene Nacht!
… Und unten auf der Straße preßte ich die entſetzte
Mutter krampfhaft in die Arme und lachte auf
— endlich — ſo tief, ſo laut, ſo herzerleichternd und
markdurchdringend, wie noch nie in meinem Leben …
und die Mutter lachte mit … So taumelten wir förm¬
lich vor Lachen nach Hauſe, daß die Leute auf der

Erinnerungen ꝛc. 23
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[353/0381] gabe ließ ſich der ſentimentale Teichmann natürlich nicht entgehen … Er ziſchelte ſo gefühlvoll durch die Zähne, daß das Naß wie ein Sprühregen um den Tiſch flog und Saphir ſich in ſeiner Akklamations-Begeiſterung faſt überſchlug … Endlich! endlich! — o Rettungsſecunde! — brannte Perſepolis — König Darius hauchte ſeinen Todesſeufzer aus … und ich ſtürzte fort, wie wahn¬ ſinnig, gefolgt von der Mutter, daß Teichmann und der Dichter Uechtritz uns entſetzt nachſtarrten … Aber — und hätte mein Leben davon abgehangen — ich hätte jetzt, wo die Aufmerkſamkeit der Haupt¬ betheiligten von Alexander und Darius und Statira ab¬ gezogen und auf mich armes, ſchwaches Menſchenkind gerichtet war, nicht noch zwei Minuten in nur einiger¬ maßen ſchicklicher Ernſthaftigkeit bleiben können … darum that ich, was ich ſchon längſt hätte thun ſollen: ich entfloh den ſtarren Wachspuppenaugen des Dr. Wilke, dem Vaterſtolz des Dichters, der ſprühenden, weichmüthi¬ gen Begeiſterung der guten Statira, den dämoniſchen Brillengläſern Saphir's und — vor allen Dingen mir ſelber! Ich ließ Hut und Mantel im Stich … nur fort! nur fort! hinaus in die ſtille, verſchwiegene Nacht! … Und unten auf der Straße preßte ich die entſetzte Mutter krampfhaft in die Arme und lachte auf — endlich — ſo tief, ſo laut, ſo herzerleichternd und markdurchdringend, wie noch nie in meinem Leben … und die Mutter lachte mit … So taumelten wir förm¬ lich vor Lachen nach Hauſe, daß die Leute auf der Erinnerungen ꝛc. 23

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/381>, abgerufen am 22.11.2024.