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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Und wenn ich auch nicht durchgefallen bin, so blieb
das Publikum doch bei all' meinem Eifer: Grauen, Ent¬
setzen einzuflößen! ziemlich ungerührt. Noch heute freue ich
mich über das Urtheil, das der gelehrte Prinz Johann,
jetzt Sachsens König, zu Tieck über meine Lady Mac¬
beth äußerte: "Ich erkenne den Studienfleiß der Bauer
und ihre tiefe geistige Auffassung dieses gräßlichsten Shake¬
speare'schen Frauencharakters an, aber -- man glaubte
dieser Lady Macbeth nicht all' das Furchtbare, Grausige,
Blutige, was sie sagte und that!"

Tieck erzählte mir das wieder, fügte aber kühl
bis an's Herz hinzu: "Sie haben allerdings meinen
Erwartungen nicht entsprochen und mit einer schwarzen
Perrücke hätten Sie ganz andere Wirkungen erzielt ..."

Das glaube ich wohl. Man hätte mich einfach aus¬
gelacht.

Als ich Tieck fragte, warum er nicht den Macbeth
nach Schiller's Arrangement aufführen ließe, wie die
Berliner Bühne, da sagte er vornehm: "Der gute Mensch
hat sich zu viel gegen Shakespeare herausgenommen! Ich
will kein Mitschuldiger an diesem Verbrechen Schiller's
sein."

Tief konnte es Tieck verstimmen, wenn man der bei
ihm bereits in Ungnade Gefallenen in seiner Gegenwart
rühmend erwähnte, wie: Theodor Hell, Julie Rettich
und Emil Devrient. Als ich ihm mein Entzücken darüber
aussprach, in dem von Hell aus dem Französischen über¬
setzten Stück: "Maria, oder die drei Epochen" die Titel¬

Und wenn ich auch nicht durchgefallen bin, ſo blieb
das Publikum doch bei all' meinem Eifer: Grauen, Ent¬
ſetzen einzuflößen! ziemlich ungerührt. Noch heute freue ich
mich über das Urtheil, das der gelehrte Prinz Johann,
jetzt Sachſens König, zu Tieck über meine Lady Mac¬
beth äußerte: »Ich erkenne den Studienfleiß der Bauer
und ihre tiefe geiſtige Auffaſſung dieſes gräßlichſten Shake¬
ſpeare'ſchen Frauencharakters an, aber — man glaubte
dieſer Lady Macbeth nicht all' das Furchtbare, Grauſige,
Blutige, was ſie ſagte und that!«

Tieck erzählte mir das wieder, fügte aber kühl
bis an's Herz hinzu: »Sie haben allerdings meinen
Erwartungen nicht entſprochen und mit einer ſchwarzen
Perrücke hätten Sie ganz andere Wirkungen erzielt …«

Das glaube ich wohl. Man hätte mich einfach aus¬
gelacht.

Als ich Tieck fragte, warum er nicht den Macbeth
nach Schiller's Arrangement aufführen ließe, wie die
Berliner Bühne, da ſagte er vornehm: »Der gute Menſch
hat ſich zu viel gegen Shakeſpeare herausgenommen! Ich
will kein Mitſchuldiger an dieſem Verbrechen Schiller's
ſein.«

Tief konnte es Tieck verſtimmen, wenn man der bei
ihm bereits in Ungnade Gefallenen in ſeiner Gegenwart
rühmend erwähnte, wie: Theodor Hell, Julie Rettich
und Emil Devrient. Als ich ihm mein Entzücken darüber
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[421/0449] Und wenn ich auch nicht durchgefallen bin, ſo blieb das Publikum doch bei all' meinem Eifer: Grauen, Ent¬ ſetzen einzuflößen! ziemlich ungerührt. Noch heute freue ich mich über das Urtheil, das der gelehrte Prinz Johann, jetzt Sachſens König, zu Tieck über meine Lady Mac¬ beth äußerte: »Ich erkenne den Studienfleiß der Bauer und ihre tiefe geiſtige Auffaſſung dieſes gräßlichſten Shake¬ ſpeare'ſchen Frauencharakters an, aber — man glaubte dieſer Lady Macbeth nicht all' das Furchtbare, Grauſige, Blutige, was ſie ſagte und that!« Tieck erzählte mir das wieder, fügte aber kühl bis an's Herz hinzu: »Sie haben allerdings meinen Erwartungen nicht entſprochen und mit einer ſchwarzen Perrücke hätten Sie ganz andere Wirkungen erzielt …« Das glaube ich wohl. Man hätte mich einfach aus¬ gelacht. Als ich Tieck fragte, warum er nicht den Macbeth nach Schiller's Arrangement aufführen ließe, wie die Berliner Bühne, da ſagte er vornehm: »Der gute Menſch hat ſich zu viel gegen Shakeſpeare herausgenommen! Ich will kein Mitſchuldiger an dieſem Verbrechen Schiller's ſein.« Tief konnte es Tieck verſtimmen, wenn man der bei ihm bereits in Ungnade Gefallenen in ſeiner Gegenwart rühmend erwähnte, wie: Theodor Hell, Julie Rettich und Emil Devrient. Als ich ihm mein Entzücken darüber ausſprach, in dem von Hell aus dem Franzöſiſchen über¬ ſetzten Stück: »Maria, oder die drei Epochen« die Titel¬

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/449>, abgerufen am 22.11.2024.