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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Vorstellung kam, um im Theaterwagen mit uns in's
Schauspielhaus zu fahren, und mich weiß und grün fand.

Die Freude über den freundlichsten Empfang und
Beifall als Rosalie war keine so ungetrübte wie nach
den Hagestolzen, als Iffland's Elise von Valberg. Die
Mutter kämpfte während der Vorstellung mit den
Thränen, denn kein Wort kam über die Lippen der
neben ihr sitzenden, sonst so sanften Lehrerin. Diese
ominöse Schürze lehrte uns Künstler-Empfindlichkeit
schonen. Die Mutter und ich warnten uns später oft
gegenseitig: "Denk' an die grüne Schürze!"

So mußten Mutter und Tochter nun auf eigene
Hand versuchen: de conduire leure barque! ... Daß
der arme Nachen nicht gleich am Beginn des klippen¬
reichen Theater-Fahrwassers zerschellte, begreife ich jetzt --
da ich mich am Abende meines Lebens redlich bemühe,
mit der Devise: "Gerecht gegen Andere, streng gegen
mich" klaren, leidenschaftlosen Blickes die ferne Vergangen¬
heit zu schildern -- oft selber kaum.

Wie waren die gute Mutter und ihr vierzehnjähriges
Töchterchen doch so gar unerfahren und unpraktisch in
allen Coulissendingen -- -- und viel zu bescheiden für's
Theaterleben!

Wir verstanden nicht einmal: mich vortheilhaft zu
schminken. Als einige ebenso unerfahrene Freundinnen
mir riethen, die blonden Augenbrauen zu schwärzen, um
meinem weichen kindlichen Gesicht mehr Ausdruck zu geben,
-- da zog ich im Eifer so kühne, schwarze Bogen, daß

Erinnerungen etc. 2

Vorſtellung kam, um im Theaterwagen mit uns in's
Schauſpielhaus zu fahren, und mich weiß und grün fand.

Die Freude über den freundlichſten Empfang und
Beifall als Roſalie war keine ſo ungetrübte wie nach
den Hageſtolzen, als Iffland's Eliſe von Valberg. Die
Mutter kämpfte während der Vorſtellung mit den
Thränen, denn kein Wort kam über die Lippen der
neben ihr ſitzenden, ſonſt ſo ſanften Lehrerin. Dieſe
ominöſe Schürze lehrte uns Künſtler-Empfindlichkeit
ſchonen. Die Mutter und ich warnten uns ſpäter oft
gegenſeitig: »Denk' an die grüne Schürze!«

So mußten Mutter und Tochter nun auf eigene
Hand verſuchen: de conduire leure barque! … Daß
der arme Nachen nicht gleich am Beginn des klippen¬
reichen Theater-Fahrwaſſers zerſchellte, begreife ich jetzt —
da ich mich am Abende meines Lebens redlich bemühe,
mit der Deviſe: »Gerecht gegen Andere, ſtreng gegen
mich« klaren, leidenſchaftloſen Blickes die ferne Vergangen¬
heit zu ſchildern — oft ſelber kaum.

Wie waren die gute Mutter und ihr vierzehnjähriges
Töchterchen doch ſo gar unerfahren und unpraktiſch in
allen Couliſſendingen — — und viel zu beſcheiden für's
Theaterleben!

Wir verſtanden nicht einmal: mich vortheilhaft zu
ſchminken. Als einige ebenſo unerfahrene Freundinnen
mir riethen, die blonden Augenbrauen zu ſchwärzen, um
meinem weichen kindlichen Geſicht mehr Ausdruck zu geben,
— da zog ich im Eifer ſo kühne, ſchwarze Bogen, daß

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[17/0045] Vorſtellung kam, um im Theaterwagen mit uns in's Schauſpielhaus zu fahren, und mich weiß und grün fand. Die Freude über den freundlichſten Empfang und Beifall als Roſalie war keine ſo ungetrübte wie nach den Hageſtolzen, als Iffland's Eliſe von Valberg. Die Mutter kämpfte während der Vorſtellung mit den Thränen, denn kein Wort kam über die Lippen der neben ihr ſitzenden, ſonſt ſo ſanften Lehrerin. Dieſe ominöſe Schürze lehrte uns Künſtler-Empfindlichkeit ſchonen. Die Mutter und ich warnten uns ſpäter oft gegenſeitig: »Denk' an die grüne Schürze!« So mußten Mutter und Tochter nun auf eigene Hand verſuchen: de conduire leure barque! … Daß der arme Nachen nicht gleich am Beginn des klippen¬ reichen Theater-Fahrwaſſers zerſchellte, begreife ich jetzt — da ich mich am Abende meines Lebens redlich bemühe, mit der Deviſe: »Gerecht gegen Andere, ſtreng gegen mich« klaren, leidenſchaftloſen Blickes die ferne Vergangen¬ heit zu ſchildern — oft ſelber kaum. Wie waren die gute Mutter und ihr vierzehnjähriges Töchterchen doch ſo gar unerfahren und unpraktiſch in allen Couliſſendingen — — und viel zu beſcheiden für's Theaterleben! Wir verſtanden nicht einmal: mich vortheilhaft zu ſchminken. Als einige ebenſo unerfahrene Freundinnen mir riethen, die blonden Augenbrauen zu ſchwärzen, um meinem weichen kindlichen Geſicht mehr Ausdruck zu geben, — da zog ich im Eifer ſo kühne, ſchwarze Bogen, daß Erinnerungen ꝛc. 2

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/45>, abgerufen am 23.11.2024.