Das zweite alte Haus Dresdens, an das sich meine liebsten heimatfröhlichsten Lebens- und Kunsterinnerungen knüpfen, ist seit jetzt gerade dreißig Jahren von der Erde verweht. Ging ich vom Eckhause des Aktmarktes in die Theaterprobe oder Vorstellung -- und wie oft und wie fröhlich habe ich diesen Weg gemacht! -- so kam ich bald an einen freien Platz am Elbufer der Altstadt, und hier, links von der Elbbrücke, stand das alte "Komödienhaus". Ich muß wiederholen, es war keine Schönheit, kein glänzender architektonischer Schmuck für Dresden; es konnte nicht mal auf ein wenig Heiterkeit und Anmuth Anspruch machen. Ich wüßte kaum, daß ich jemals ein häßlicheres altes Komödienhaus gesehen hätte. Es sah von außen aus wie eine unförmliche, grau-grün ange¬ schimmelte Riesenpastete, und im Innern, als ob die Mäuse die Pastete ausgehöhlt hätten und die Decke würde in der nächsten Minute einstürzen. Wie dunkel
XII. Das letzte Engagement.
Das zweite alte Haus Dresdens, an das ſich meine liebſten heimatfröhlichſten Lebens- und Kunſterinnerungen knüpfen, iſt ſeit jetzt gerade dreißig Jahren von der Erde verweht. Ging ich vom Eckhauſe des Aktmarktes in die Theaterprobe oder Vorſtellung — und wie oft und wie fröhlich habe ich dieſen Weg gemacht! — ſo kam ich bald an einen freien Platz am Elbufer der Altſtadt, und hier, links von der Elbbrücke, ſtand das alte »Komödienhaus«. Ich muß wiederholen, es war keine Schönheit, kein glänzender architektoniſcher Schmuck für Dresden; es konnte nicht mal auf ein wenig Heiterkeit und Anmuth Anſpruch machen. Ich wüßte kaum, daß ich jemals ein häßlicheres altes Komödienhaus geſehen hätte. Es ſah von außen aus wie eine unförmliche, grau-grün ange¬ ſchimmelte Rieſenpaſtete, und im Innern, als ob die Mäuſe die Paſtete ausgehöhlt hätten und die Decke würde in der nächſten Minute einſtürzen. Wie dunkel
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XII.
Das letzte Engagement.
Das zweite alte Haus Dresdens, an das ſich meine
liebſten heimatfröhlichſten Lebens- und Kunſterinnerungen
knüpfen, iſt ſeit jetzt gerade dreißig Jahren von der Erde
verweht. Ging ich vom Eckhauſe des Aktmarktes in die
Theaterprobe oder Vorſtellung — und wie oft und wie
fröhlich habe ich dieſen Weg gemacht! — ſo kam ich bald
an einen freien Platz am Elbufer der Altſtadt, und hier,
links von der Elbbrücke, ſtand das alte »Komödienhaus«.
Ich muß wiederholen, es war keine Schönheit, kein
glänzender architektoniſcher Schmuck für Dresden; es
konnte nicht mal auf ein wenig Heiterkeit und Anmuth
Anſpruch machen. Ich wüßte kaum, daß ich jemals ein
häßlicheres altes Komödienhaus geſehen hätte. Es ſah
von außen aus wie eine unförmliche, grau-grün ange¬
ſchimmelte Rieſenpaſtete, und im Innern, als ob die
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würde in der nächſten Minute einſtürzen. Wie dunkel
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. [432]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/460>, abgerufen am 22.11.2024.
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