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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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stammelt. Wie lag da in Devrient's Mienen schon das Ge¬
ständniß, daß er nahe daran sei, sich der still Geliebten
endlich auf Gnade und Ungnade gefangen zu geben! Und
der alte, liebe Meister Pauli, -- war er nicht ein Bärmann
zum Küssen? Er war ein echter Komödiant mit Leib und
Seele. Mit welcher rührenden Hingabe und Gewissen¬
haftigkeit spielte er selbst die kleinsten, undankbarsten
Rollen, er, der so Großes leistete als Jago und Franz
Moor! Die Mitwelt hat dem Künstler wenig gelohnt
und die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze. Wer
erinnert sich heute noch daran, welche köstlichen Charakter¬
rollen Pauli schuf als lieber närrischer Emmerling in der
"Gefährlichen Tante", als brummiger Vater im "Tem¬
pora mutantur"
, als Allerweltsdoktor im "Ball zu
Ellerbrunn" und als Iffland'scher Vater in Eduard
Devrient's "Verirrungen"? Darum gönnt es der alten
Kollegin, dem wackeren, bescheidenen Künstler diese we¬
nigen Lorberblätter wehmuthduftig, erinnerungsgrün auf
das vergessene Grab zu legen ...

Eduard Devrient's "Verirrungen" wurden überhaupt
im alten Komödienhaus prächtig gespielt. Tieck protegirte
das Stück, studirte es fleißig ein und kam sogar zu allen
drei Proben, während er sich sonst gewöhnlich auf die
Generalprobe beschränkte. Ich sehe im Geiste den alten
Dramaturgen während der Proben in seiner kleinen Pro¬
ßeniumsloge sitzen und uns Mitspielern auf der Bühne
freundlich zunicken, und höre noch sein lobendes: "Bravo!

ſtammelt. Wie lag da in Devrient's Mienen ſchon das Ge¬
ſtändniß, daß er nahe daran ſei, ſich der ſtill Geliebten
endlich auf Gnade und Ungnade gefangen zu geben! Und
der alte, liebe Meiſter Pauli, — war er nicht ein Bärmann
zum Küſſen? Er war ein echter Komödiant mit Leib und
Seele. Mit welcher rührenden Hingabe und Gewiſſen¬
haftigkeit ſpielte er ſelbſt die kleinſten, undankbarſten
Rollen, er, der ſo Großes leiſtete als Jago und Franz
Moor! Die Mitwelt hat dem Künſtler wenig gelohnt
und die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze. Wer
erinnert ſich heute noch daran, welche köſtlichen Charakter¬
rollen Pauli ſchuf als lieber närriſcher Emmerling in der
»Gefährlichen Tante«, als brummiger Vater im »Tem¬
pora mutantur»
, als Allerweltsdoktor im »Ball zu
Ellerbrunn« und als Iffland'ſcher Vater in Eduard
Devrient's »Verirrungen«? Darum gönnt es der alten
Kollegin, dem wackeren, beſcheidenen Künſtler dieſe we¬
nigen Lorberblätter wehmuthduftig, erinnerungsgrün auf
das vergeſſene Grab zu legen …

Eduard Devrient's »Verirrungen« wurden überhaupt
im alten Komödienhaus prächtig geſpielt. Tieck protegirte
das Stück, ſtudirte es fleißig ein und kam ſogar zu allen
drei Proben, während er ſich ſonſt gewöhnlich auf die
Generalprobe beſchränkte. Ich ſehe im Geiſte den alten
Dramaturgen während der Proben in ſeiner kleinen Pro¬
ſzeniumsloge ſitzen und uns Mitſpielern auf der Bühne
freundlich zunicken, und höre noch ſein lobendes: »Bravo!

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[434/0462] ſtammelt. Wie lag da in Devrient's Mienen ſchon das Ge¬ ſtändniß, daß er nahe daran ſei, ſich der ſtill Geliebten endlich auf Gnade und Ungnade gefangen zu geben! Und der alte, liebe Meiſter Pauli, — war er nicht ein Bärmann zum Küſſen? Er war ein echter Komödiant mit Leib und Seele. Mit welcher rührenden Hingabe und Gewiſſen¬ haftigkeit ſpielte er ſelbſt die kleinſten, undankbarſten Rollen, er, der ſo Großes leiſtete als Jago und Franz Moor! Die Mitwelt hat dem Künſtler wenig gelohnt und die Nachwelt flicht dem Mimen keine Kränze. Wer erinnert ſich heute noch daran, welche köſtlichen Charakter¬ rollen Pauli ſchuf als lieber närriſcher Emmerling in der »Gefährlichen Tante«, als brummiger Vater im »Tem¬ pora mutantur», als Allerweltsdoktor im »Ball zu Ellerbrunn« und als Iffland'ſcher Vater in Eduard Devrient's »Verirrungen«? Darum gönnt es der alten Kollegin, dem wackeren, beſcheidenen Künſtler dieſe we¬ nigen Lorberblätter wehmuthduftig, erinnerungsgrün auf das vergeſſene Grab zu legen … Eduard Devrient's »Verirrungen« wurden überhaupt im alten Komödienhaus prächtig geſpielt. Tieck protegirte das Stück, ſtudirte es fleißig ein und kam ſogar zu allen drei Proben, während er ſich ſonſt gewöhnlich auf die Generalprobe beſchränkte. Ich ſehe im Geiſte den alten Dramaturgen während der Proben in ſeiner kleinen Pro¬ ſzeniumsloge ſitzen und uns Mitſpielern auf der Bühne freundlich zunicken, und höre noch ſein lobendes: »Bravo!

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/462>, abgerufen am 22.11.2024.