Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite

sind. Dann fühle ich mich unter allem Glanz so recht
arm und allein. Und auch mein Mann sehnt sich so sehr
nach Kindern ..."

Ihr "Lebewohl!" und "Auf Wiedersehen!" klingt
mir noch heute traurig durch's Herz ...

... Davon sprach ich mit Julius Mosen und seiner
Gattin so gern. Hatte Mosen doch gerade damals einen
sehr ehrenvollen Ruf als Dramaturg nach Oldenburg
erhalten. Und wir waren hoffnungsfröhlich, uns bald
in Oldenburg wieder zu begegnen und unter Cäciliens
Augen künstlerisch mit einander wirken zu können ...

Da kommt Mosen eines Tags todtenbleich zu mir:
"Unsere Großherzogin ist plötzlich gestorben ..."

Ich weinte viele Thränen um die edle Fürstin. Und
nach Oldenburg bin ich nie wieder gegangen. Cäcilie
erwartete mich ja nicht mehr.

Auch Julius Mosen wurde in Oldenburg zu Grabe
getragen, nachdem er dort zwanzig Jahre lang an's
Schmerzenslager gekettet war. Aber der Geist und das
Herz lebten, glühten, schafften göttlich frei und rein in
dem gefesselten Prometheus.

Ich sollte Mosen nach jenen Dresdener Tagen nicht
wiedersehen. Aber wir blieben Freunde bis an's Grab.
Mosen war groß als Dichter, aber noch größer als
Dulder. Doch auch an des Lebens leuchtendsten Blumen
fehlte es dieser schmerzensreichen Krankenstube nicht. Ein
Engel der opferfreudigsten Liebe und Milde wachte, sorgte
tröstete, linderte die vielen, vielen bangen Jahre hindurch

ſind. Dann fühle ich mich unter allem Glanz ſo recht
arm und allein. Und auch mein Mann ſehnt ſich ſo ſehr
nach Kindern …«

Ihr »Lebewohl!« und »Auf Wiederſehen!« klingt
mir noch heute traurig durch's Herz …

… Davon ſprach ich mit Julius Moſen und ſeiner
Gattin ſo gern. Hatte Moſen doch gerade damals einen
ſehr ehrenvollen Ruf als Dramaturg nach Oldenburg
erhalten. Und wir waren hoffnungsfröhlich, uns bald
in Oldenburg wieder zu begegnen und unter Cäciliens
Augen künſtleriſch mit einander wirken zu können …

Da kommt Moſen eines Tags todtenbleich zu mir:
»Unſere Großherzogin iſt plötzlich geſtorben …«

Ich weinte viele Thränen um die edle Fürſtin. Und
nach Oldenburg bin ich nie wieder gegangen. Cäcilie
erwartete mich ja nicht mehr.

Auch Julius Moſen wurde in Oldenburg zu Grabe
getragen, nachdem er dort zwanzig Jahre lang an's
Schmerzenslager gekettet war. Aber der Geiſt und das
Herz lebten, glühten, ſchafften göttlich frei und rein in
dem gefeſſelten Prometheus.

Ich ſollte Moſen nach jenen Dresdener Tagen nicht
wiederſehen. Aber wir blieben Freunde bis an's Grab.
Moſen war groß als Dichter, aber noch größer als
Dulder. Doch auch an des Lebens leuchtendſten Blumen
fehlte es dieſer ſchmerzensreichen Krankenſtube nicht. Ein
Engel der opferfreudigſten Liebe und Milde wachte, ſorgte
tröſtete, linderte die vielen, vielen bangen Jahre hindurch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0501" n="473"/>
&#x017F;ind. Dann fühle ich mich unter allem Glanz &#x017F;o recht<lb/>
arm und allein. Und auch mein Mann &#x017F;ehnt &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
nach Kindern &#x2026;«</p><lb/>
        <p>Ihr »Lebewohl!« und »Auf Wieder&#x017F;ehen!« klingt<lb/>
mir noch heute traurig durch's Herz &#x2026;</p><lb/>
        <p> &#x2026; Davon &#x017F;prach ich mit Julius Mo&#x017F;en und &#x017F;einer<lb/>
Gattin &#x017F;o gern. Hatte Mo&#x017F;en doch gerade damals einen<lb/>
&#x017F;ehr ehrenvollen Ruf als Dramaturg nach Oldenburg<lb/>
erhalten. Und wir waren hoffnungsfröhlich, uns bald<lb/>
in Oldenburg wieder zu begegnen und unter Cäciliens<lb/>
Augen kün&#x017F;tleri&#x017F;ch mit einander wirken zu können &#x2026;</p><lb/>
        <p>Da kommt Mo&#x017F;en eines Tags todtenbleich zu mir:<lb/>
»Un&#x017F;ere Großherzogin i&#x017F;t plötzlich ge&#x017F;torben &#x2026;«</p><lb/>
        <p>Ich weinte viele Thränen um die edle Für&#x017F;tin. Und<lb/>
nach Oldenburg bin ich nie wieder gegangen. Cäcilie<lb/>
erwartete mich ja nicht mehr.</p><lb/>
        <p>Auch Julius Mo&#x017F;en wurde in Oldenburg zu Grabe<lb/>
getragen, nachdem er dort zwanzig Jahre lang an's<lb/>
Schmerzenslager gekettet war. Aber der Gei&#x017F;t und das<lb/>
Herz lebten, glühten, &#x017F;chafften göttlich frei und rein in<lb/>
dem gefe&#x017F;&#x017F;elten Prometheus.</p><lb/>
        <p>Ich &#x017F;ollte Mo&#x017F;en nach jenen Dresdener Tagen nicht<lb/>
wieder&#x017F;ehen. Aber wir blieben Freunde bis an's Grab.<lb/>
Mo&#x017F;en war groß als Dichter, aber noch größer als<lb/>
Dulder. Doch auch an des Lebens leuchtend&#x017F;ten Blumen<lb/>
fehlte es die&#x017F;er &#x017F;chmerzensreichen Kranken&#x017F;tube nicht. Ein<lb/>
Engel der opferfreudig&#x017F;ten Liebe und Milde wachte, &#x017F;orgte<lb/>
trö&#x017F;tete, linderte die vielen, vielen bangen Jahre hindurch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0501] ſind. Dann fühle ich mich unter allem Glanz ſo recht arm und allein. Und auch mein Mann ſehnt ſich ſo ſehr nach Kindern …« Ihr »Lebewohl!« und »Auf Wiederſehen!« klingt mir noch heute traurig durch's Herz … … Davon ſprach ich mit Julius Moſen und ſeiner Gattin ſo gern. Hatte Moſen doch gerade damals einen ſehr ehrenvollen Ruf als Dramaturg nach Oldenburg erhalten. Und wir waren hoffnungsfröhlich, uns bald in Oldenburg wieder zu begegnen und unter Cäciliens Augen künſtleriſch mit einander wirken zu können … Da kommt Moſen eines Tags todtenbleich zu mir: »Unſere Großherzogin iſt plötzlich geſtorben …« Ich weinte viele Thränen um die edle Fürſtin. Und nach Oldenburg bin ich nie wieder gegangen. Cäcilie erwartete mich ja nicht mehr. Auch Julius Moſen wurde in Oldenburg zu Grabe getragen, nachdem er dort zwanzig Jahre lang an's Schmerzenslager gekettet war. Aber der Geiſt und das Herz lebten, glühten, ſchafften göttlich frei und rein in dem gefeſſelten Prometheus. Ich ſollte Moſen nach jenen Dresdener Tagen nicht wiederſehen. Aber wir blieben Freunde bis an's Grab. Moſen war groß als Dichter, aber noch größer als Dulder. Doch auch an des Lebens leuchtendſten Blumen fehlte es dieſer ſchmerzensreichen Krankenſtube nicht. Ein Engel der opferfreudigſten Liebe und Milde wachte, ſorgte tröſtete, linderte die vielen, vielen bangen Jahre hindurch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/501
Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/501>, abgerufen am 21.11.2024.