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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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"Wenn das so fortgeht," rief ich fröhlich, "müssen
wir an eine beschützende, unsichtbare Macht glauben.
Warum aber blicken Sie so traurig, Herr Baron?"

"Lina, bedenke doch!" verwies die Mutter ... Ent¬
schuldigen Sie, Herr Baron, das laute Denken meiner
Tochter!"

"O, lassen Sie das Fräulein doch aufrichtig sein!
Zu bald wird sie leider nur Klugheit sprechen müssen,
wenn sie durchkommen will auf den heißen Brettern. --
Sie haben aber ganz recht gesehen, mein aufrichtiges
Fräulein: ich bin sehr deprimirt! Seit Bethmann's
Zerwürfniß mit den Aktionären ist meine Stellung uner¬
träglich geworden: ich soll Alles vermitteln, ermöglichen
-- und werde bei der herrschenden Konfusion nachgerade
mit verwirrt. Doch, dies darf Sie nicht entmuthigen,
bitte, erfreuen Sie mit Ihrer Heiterkeit meine heimweh¬
kranke Frau und Tochter -- sie vermissen hier noch
mehr als ich unser geliebtes Wien."

Am Fuß der Treppe hörten wir einen Wagen an¬
rasseln, und eben auf dem Trottoir -- stießen wir auf
einen Herrn, den Biedenfeld: "Ah! Kunowsky!" begrüßte.
Dann stellte er vor: "Herr Justizrath Kunowsky --
unsere Hauptstütze, Geschäftsführer und geistiger Dirigent
des neuen Instituts, das belebende Element des ganzen
Unternehmens!" Es klang wohl etwas Ironie aus dem
Lobe, -- Kunowsky indessen nahm es a la lettre. Er
bot mir seinen Arm, mich zu Biedenfeld's zu führen.
Und nun -- während der kurzen Strecke sollte ich die

»Wenn das ſo fortgeht,« rief ich fröhlich, »müſſen
wir an eine beſchützende, unſichtbare Macht glauben.
Warum aber blicken Sie ſo traurig, Herr Baron?«

»Lina, bedenke doch!« verwies die Mutter … Ent¬
ſchuldigen Sie, Herr Baron, das laute Denken meiner
Tochter!«

»O, laſſen Sie das Fräulein doch aufrichtig ſein!
Zu bald wird ſie leider nur Klugheit ſprechen müſſen,
wenn ſie durchkommen will auf den heißen Brettern. —
Sie haben aber ganz recht geſehen, mein aufrichtiges
Fräulein: ich bin ſehr deprimirt! Seit Bethmann's
Zerwürfniß mit den Aktionären iſt meine Stellung uner¬
träglich geworden: ich ſoll Alles vermitteln, ermöglichen
— und werde bei der herrſchenden Konfuſion nachgerade
mit verwirrt. Doch, dies darf Sie nicht entmuthigen,
bitte, erfreuen Sie mit Ihrer Heiterkeit meine heimweh¬
kranke Frau und Tochter — ſie vermiſſen hier noch
mehr als ich unſer geliebtes Wien.«

Am Fuß der Treppe hörten wir einen Wagen an¬
raſſeln, und eben auf dem Trottoir — ſtießen wir auf
einen Herrn, den Biedenfeld: »Ah! Kunowsky!« begrüßte.
Dann ſtellte er vor: »Herr Juſtizrath Kunowsky —
unſere Hauptſtütze, Geſchäftsführer und geiſtiger Dirigent
des neuen Inſtituts, das belebende Element des ganzen
Unternehmens!« Es klang wohl etwas Ironie aus dem
Lobe, — Kunowsky indeſſen nahm es à la lettre. Er
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[39/0067] »Wenn das ſo fortgeht,« rief ich fröhlich, »müſſen wir an eine beſchützende, unſichtbare Macht glauben. Warum aber blicken Sie ſo traurig, Herr Baron?« »Lina, bedenke doch!« verwies die Mutter … Ent¬ ſchuldigen Sie, Herr Baron, das laute Denken meiner Tochter!« »O, laſſen Sie das Fräulein doch aufrichtig ſein! Zu bald wird ſie leider nur Klugheit ſprechen müſſen, wenn ſie durchkommen will auf den heißen Brettern. — Sie haben aber ganz recht geſehen, mein aufrichtiges Fräulein: ich bin ſehr deprimirt! Seit Bethmann's Zerwürfniß mit den Aktionären iſt meine Stellung uner¬ träglich geworden: ich ſoll Alles vermitteln, ermöglichen — und werde bei der herrſchenden Konfuſion nachgerade mit verwirrt. Doch, dies darf Sie nicht entmuthigen, bitte, erfreuen Sie mit Ihrer Heiterkeit meine heimweh¬ kranke Frau und Tochter — ſie vermiſſen hier noch mehr als ich unſer geliebtes Wien.« Am Fuß der Treppe hörten wir einen Wagen an¬ raſſeln, und eben auf dem Trottoir — ſtießen wir auf einen Herrn, den Biedenfeld: »Ah! Kunowsky!« begrüßte. Dann ſtellte er vor: »Herr Juſtizrath Kunowsky — unſere Hauptſtütze, Geſchäftsführer und geiſtiger Dirigent des neuen Inſtituts, das belebende Element des ganzen Unternehmens!« Es klang wohl etwas Ironie aus dem Lobe, — Kunowsky indeſſen nahm es à la lettre. Er bot mir ſeinen Arm, mich zu Biedenfeld's zu führen. Und nun — während der kurzen Strecke ſollte ich die

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/67>, abgerufen am 21.11.2024.