Da schrie Louis Angeli, der lustige Vaudevilledichter, vom Olymp herab: "Herr Regisseur Nagel - na, wird's bald? es die höchste Zeit ..."
Nagel steckte sein verzweifeltes Gesicht neben dem Vorhange heraus: "Ach! Herr Angeli -- ist das eine Noth! Niemand ist an seinem Platz -- Musici -- Ma¬ schinisten -- sogar der Souffleur fehlen ... Wer soll da Musik machen und den Vorhang aufziehen und -- ohne Souffleur, wissen Sie, haben Schauspieler ja nun einmal kein Gedächtniß ..."
Der urkomische Schmelka tauchte aus dem Orchester auf und zankte: "Ist das eine tolle Wirthschaft in dem neuen Komödienhaus -- vorwärts -- marsch ..."
Das Publikum, das Anfangs gar nicht recht wußte, was es aus der Geschichte machen sollte, ging bald lustig auf den Scherz ein, lachte, applaudirte ... bis die drei verzweifelten Regisseure plötzlich riefen: "Der König -- der König tritt in die Loge!" und der Vorhang sich glatt erhob ... In schönster Ordnung stand im Halbkreis das Personal. Ich mußte vortreten, verbeugte mich dreimal -- und begann erst leise bebend -- dann muthiger -- und schloß mit Begeisterung: "Es lebe Friedrich Wilhelm der Gerechte!" Der Prolog sprach eigentlich meine Empfindungen aus, -- und erleichterte die Aufgabe:
Sie haben mich erwählt, das Wort des Grußes An Euch zu richten, aber schüchtern nur Vermag die Fremde vor Euch hinzutreten, Denn eine neue, unbekannte Welt
Da ſchrie Louis Angeli, der luſtige Vaudevilledichter, vom Olymp herab: »Herr Regiſſeur Nagel – na, wird's bald? es die höchſte Zeit …«
Nagel ſteckte ſein verzweifeltes Geſicht neben dem Vorhange heraus: »Ach! Herr Angeli — iſt das eine Noth! Niemand iſt an ſeinem Platz — Muſici — Ma¬ ſchiniſten — ſogar der Souffleur fehlen … Wer ſoll da Muſik machen und den Vorhang aufziehen und — ohne Souffleur, wiſſen Sie, haben Schauſpieler ja nun einmal kein Gedächtniß …«
Der urkomiſche Schmelka tauchte aus dem Orcheſter auf und zankte: »Iſt das eine tolle Wirthſchaft in dem neuen Komödienhaus — vorwärts — marſch …«
Das Publikum, das Anfangs gar nicht recht wußte, was es aus der Geſchichte machen ſollte, ging bald luſtig auf den Scherz ein, lachte, applaudirte … bis die drei verzweifelten Regiſſeure plötzlich riefen: »Der König — der König tritt in die Loge!« und der Vorhang ſich glatt erhob … In ſchönſter Ordnung ſtand im Halbkreis das Perſonal. Ich mußte vortreten, verbeugte mich dreimal — und begann erſt leiſe bebend — dann muthiger — und ſchloß mit Begeiſterung: »Es lebe Friedrich Wilhelm der Gerechte!« Der Prolog ſprach eigentlich meine Empfindungen aus, — und erleichterte die Aufgabe:
Sie haben mich erwählt, das Wort des Grußes An Euch zu richten, aber ſchüchtern nur Vermag die Fremde vor Euch hinzutreten, Denn eine neue, unbekannte Welt
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Da ſchrie Louis Angeli, der luſtige Vaudevilledichter,
vom Olymp herab: »Herr Regiſſeur Nagel – na, wird's
bald? es die höchſte Zeit …«
Nagel ſteckte ſein verzweifeltes Geſicht neben dem
Vorhange heraus: »Ach! Herr Angeli — iſt das eine
Noth! Niemand iſt an ſeinem Platz — Muſici — Ma¬
ſchiniſten — ſogar der Souffleur fehlen … Wer ſoll
da Muſik machen und den Vorhang aufziehen und —
ohne Souffleur, wiſſen Sie, haben Schauſpieler ja nun
einmal kein Gedächtniß …«
Der urkomiſche Schmelka tauchte aus dem Orcheſter
auf und zankte: »Iſt das eine tolle Wirthſchaft in dem
neuen Komödienhaus — vorwärts — marſch …«
Das Publikum, das Anfangs gar nicht recht wußte,
was es aus der Geſchichte machen ſollte, ging bald
luſtig auf den Scherz ein, lachte, applaudirte … bis
die drei verzweifelten Regiſſeure plötzlich riefen: »Der
König — der König tritt in die Loge!« und der Vorhang
ſich glatt erhob … In ſchönſter Ordnung ſtand im
Halbkreis das Perſonal. Ich mußte vortreten, verbeugte
mich dreimal — und begann erſt leiſe bebend — dann
muthiger — und ſchloß mit Begeiſterung: »Es lebe
Friedrich Wilhelm der Gerechte!« Der Prolog ſprach
eigentlich meine Empfindungen aus, — und erleichterte
die Aufgabe:
Sie haben mich erwählt, das Wort des Grußes
An Euch zu richten, aber ſchüchtern nur
Vermag die Fremde vor Euch hinzutreten,
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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/82>, abgerufen am 21.11.2024.
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