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Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871.

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Ich war dazumal noch fremd und fast ungekannt in
Berlin, ein Neuling in dieser großen Theaterepidemie,
kein Blatt stand mir zum Rezensiren offen, und doch war
es nur eine "Theaterkritik", die mir den Weg zur öffent¬
lichen Beachtung bahnen konnte.

Ich besuchte also das königliche und das König¬
städter Theater und schrieb eine Kritik über Madame
Stich (jetzt Crelinger) und Dlle. Bauer. Diese Kritik
trug ich in das Bureau der "Spenerschen Zeitung" und
fragte, ob sie aufgenommen werden könnte. Der Mann,
der da saß, nahm mir die Kritik ab und zählte die
Zeilen. Ich stand ganz verwundert da, denn ich glaubte,
er zählte an den Zeilen den Werth des Inhalts ab.
Allein bald wurde ich eines Anderen, wenn auch
keines Besseren belehrt. Der Mann wendete sich pfleg¬
matisch zu mir: "Acht Thaler und fünfzehn Silber¬
groschen!"

Ich glaubte nun, ich bekäme diese Summe als Hono¬
rar; allein ich sollte sie als Insertionsgebühren bezahlen!
Furchtbarer Moment! Nie werde ich dich vergessen! Acht
Thaler überstiegen die Hälfte meines dazumaligen Ver¬
mögens mitsammt "meinen Gütern in der Provence!"
Und dennoch hing an dieser Kritik das Wohl Deutsch¬
lands, wie ich wähnte.

Ich lächelte und bezahlte! -- Was ich dabei empfun¬
den, mehr beim Bezahlen, als beim Lächeln, das, lieber
Leser, bist Du nicht fähig, mit zu empfinden, wenn Du
nicht in der Lage warst, ausschließlicher Besitzer von

Ich war dazumal noch fremd und faſt ungekannt in
Berlin, ein Neuling in dieſer großen Theaterepidemie,
kein Blatt ſtand mir zum Rezenſiren offen, und doch war
es nur eine »Theaterkritik«, die mir den Weg zur öffent¬
lichen Beachtung bahnen konnte.

Ich beſuchte alſo das königliche und das König¬
ſtädter Theater und ſchrieb eine Kritik über Madame
Stich (jetzt Crelinger) und Dlle. Bauer. Dieſe Kritik
trug ich in das Bureau der »Spenerſchen Zeitung« und
fragte, ob ſie aufgenommen werden könnte. Der Mann,
der da ſaß, nahm mir die Kritik ab und zählte die
Zeilen. Ich ſtand ganz verwundert da, denn ich glaubte,
er zählte an den Zeilen den Werth des Inhalts ab.
Allein bald wurde ich eines Anderen, wenn auch
keines Beſſeren belehrt. Der Mann wendete ſich pfleg¬
matiſch zu mir: »Acht Thaler und fünfzehn Silber¬
groſchen!«

Ich glaubte nun, ich bekäme dieſe Summe als Hono¬
rar; allein ich ſollte ſie als Inſertionsgebühren bezahlen!
Furchtbarer Moment! Nie werde ich dich vergeſſen! Acht
Thaler überſtiegen die Hälfte meines dazumaligen Ver¬
mögens mitſammt »meinen Gütern in der Provence!«
Und dennoch hing an dieſer Kritik das Wohl Deutſch¬
lands, wie ich wähnte.

Ich lächelte und bezahlte! — Was ich dabei empfun¬
den, mehr beim Bezahlen, als beim Lächeln, das, lieber
Leſer, biſt Du nicht fähig, mit zu empfinden, wenn Du
nicht in der Lage warſt, ausſchließlicher Beſitzer von

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[60/0088] Ich war dazumal noch fremd und faſt ungekannt in Berlin, ein Neuling in dieſer großen Theaterepidemie, kein Blatt ſtand mir zum Rezenſiren offen, und doch war es nur eine »Theaterkritik«, die mir den Weg zur öffent¬ lichen Beachtung bahnen konnte. Ich beſuchte alſo das königliche und das König¬ ſtädter Theater und ſchrieb eine Kritik über Madame Stich (jetzt Crelinger) und Dlle. Bauer. Dieſe Kritik trug ich in das Bureau der »Spenerſchen Zeitung« und fragte, ob ſie aufgenommen werden könnte. Der Mann, der da ſaß, nahm mir die Kritik ab und zählte die Zeilen. Ich ſtand ganz verwundert da, denn ich glaubte, er zählte an den Zeilen den Werth des Inhalts ab. Allein bald wurde ich eines Anderen, wenn auch keines Beſſeren belehrt. Der Mann wendete ſich pfleg¬ matiſch zu mir: »Acht Thaler und fünfzehn Silber¬ groſchen!« Ich glaubte nun, ich bekäme dieſe Summe als Hono¬ rar; allein ich ſollte ſie als Inſertionsgebühren bezahlen! Furchtbarer Moment! Nie werde ich dich vergeſſen! Acht Thaler überſtiegen die Hälfte meines dazumaligen Ver¬ mögens mitſammt »meinen Gütern in der Provence!« Und dennoch hing an dieſer Kritik das Wohl Deutſch¬ lands, wie ich wähnte. Ich lächelte und bezahlte! — Was ich dabei empfun¬ den, mehr beim Bezahlen, als beim Lächeln, das, lieber Leſer, biſt Du nicht fähig, mit zu empfinden, wenn Du nicht in der Lage warſt, ausſchließlicher Beſitzer von

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Zitationshilfe: Bauer, Karoline: Aus meinem Bühnenleben. Berlin, 1871, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauer_buehnenleben_1871/88>, abgerufen am 21.11.2024.