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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Zuschrifft.
wünschen/ daß sie die vergangene Zeiten wieder hätten/
haben aber nunmehr vergessen/ was für Boßheit dane-
ben vorgegangen/ oder mögens nicht erzehlen/ verschwei-
gens und vertruckens mit Fleiß/ daß sie sich bey der Ju-
gend nicht verdächtig machen/ als ob sie selbsten auch da-
mahlen eben der Haar gewest wären; Oder/ sie haben in
ihren jungen Jahren nicht darauf Achtung gegeben/ wie
Gottloß man selbiger Zeit gelebt habe. Daher (sprechen
sie) praesentire sich/ durch alle Zeiten/ einerley Schauplatz
deß Menschlichen Lebens/ so wol die Tugenden/ als die La-
ster betreffend/ und werden allein die Personen/ von Zei-
ten zu Zeiten geändert.
[Dn. Matth. Bernegg. ex Cornel. Tacit. Quaestion.
Miscellan Quaest. 108. & ibid. alleg. authores.
]

Welches König Salomo schon zu seinen Zeiten gemer-
cket und geandet/ da er sagt: Sprich nicht/ was ists/ daß
die vorigen Tage besser waren denn diese? Denn du fra-
gest solches nicht weißlich. Pred. c. 7. v. 11. Darüber D.
Luther, tom. 3. latin. fol. 262. b.
also schreibt: So sagen"
die Alten: da ich noch ein junger Knab war/ da stund es"
alles besser/ Aber Salomo sagt/ es ist falsch/ es ist nie recht"
zugangen/ daß du es aber erst jetzo siehest und verstehest/"
ist das die Ursach/ weil/ wann wir an Jahren zunehmen/"
so nimmt bey uns auch die tägliche Erfahrung zu/ und be-"
kommen immer mehr Anlaß und Gelegenheit über das"
Böse zu zürnen. Ein junger Knab achtets in seinen"
kindlichen Jahren nicht/ fragt auch nicht darnach/ ob die"
Leut einander vervortheilen/ betrügen/ oder gar tödten/"
sondern er gehet mit seinen kindlichen Wercken um/ spielet"

mit
a 3

Zuſchrifft.
wuͤnſchen/ daß ſie die vergangene Zeiten wieder haͤtten/
haben aber nunmehr vergeſſen/ was fuͤr Boßheit dane-
ben vorgegangen/ oder moͤgens nicht erzehlen/ verſchwei-
gens und vertruckens mit Fleiß/ daß ſie ſich bey der Ju-
gend nicht verdaͤchtig machen/ als ob ſie ſelbſten auch da-
mahlen eben der Haar geweſt waͤren; Oder/ ſie haben in
ihren jungen Jahren nicht darauf Achtung gegeben/ wie
Gottloß man ſelbiger Zeit gelebt habe. Daher (ſprechen
ſie) præſentire ſich/ durch alle Zeiten/ einerley Schauplatz
deß Menſchlichen Lebens/ ſo wol die Tugenden/ als die La-
ſter betreffend/ und werden allein die Perſonen/ von Zei-
ten zu Zeiten geaͤndert.
[Dn. Matth. Bernegg. ex Cornel. Tacit. Quæſtion.
Miſcellan Quæſt. 108. & ibid. alleg. authores.
]

Welches Koͤnig Salomo ſchon zu ſeinen Zeiten gemer-
cket und geandet/ da er ſagt: Sprich nicht/ was iſts/ daß
die vorigen Tage beſſer waren denn dieſe? Denn du fra-
geſt ſolches nicht weißlich. Pred. c. 7. v. 11. Daruͤber D.
Luther, tom. 3. latin. fol. 262. b.
alſo ſchreibt: So ſagen„
die Alten: da ich noch ein junger Knab war/ da ſtund es„
alles beſſer/ Aber Salomo ſagt/ es iſt falſch/ es iſt nie recht„
zugangen/ daß du es aber erſt jetzo ſieheſt und verſteheſt/„
iſt das die Urſach/ weil/ wann wir an Jahren zunehmen/„
ſo nimmt bey uns auch die taͤgliche Erfahrung zu/ und be-„
kommen immer mehr Anlaß und Gelegenheit uͤber das„
Boͤſe zu zuͤrnen. Ein junger Knab achtets in ſeinen„
kindlichen Jahren nicht/ fragt auch nicht darnach/ ob die„
Leut einander vervortheilen/ betruͤgen/ oder gar toͤdten/„
ſondern er gehet mit ſeinen kindlichen Wercken um/ ſpielet„

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/13>, abgerufen am 03.12.2024.