Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.Die XLIII. Laster-Predigt/ Sondern er ist auch eine Wurtzel und Ursach vieler anderer Sünden undgrober Laster/ wie Syrach sagt: Wer Geld lieb hat/ der bleibet nicht ohne I.Sünde/ c. 31. Freylich nicht ohne Sünde/ dann ein geitziger Mensch ver- sündiget sich wider alle zehen Gebott GOttes/ wie ein jeder andächtiger Christ leichtlich für sich selbsten erkennen mag. Ein Geitziger glaubet und trauet GOtt nicht/ daß er ihn erhalten wolle oder werde/ sondern er wil sich selber versorgen/ er fällt von GOtt ab/ hänget sein Hertz an den Reichthum und die- net dem Mammon/ Matth. 6. setzet seine Hoffnung und Zuversicht auf sein Gut/ und hält das Gold für seinen GOtt/ Job. 31. darum heisst der Geitz eine Abgötterey/ Col. 3. und ein Geitziger heisset ein Götzen-Diener/ Eph. 5. Mancher hat auß Geitz den rechten Glauben und die reine Evangelische Re- ligion verlassen/ und mit verwundetem Gewissen sich zu deß Bapsts Anti- Christischen Greueln bekennet/ und sich entschuldiget: Quis potest resistere tot at matis viris, wer kan so viel geharnischten Männlein auf den Duca- II.ten widerstehen! Ein Geitziger mißbrauchet den Namen GOTTES und schwöret darbey leichtfertig/ damit er seine böse Waar desto ehe und theurer vertreibe/ und seine geitzige Begierde sättige: Er fället in den Jrrthum Ba- laam um Genieß willen/ welcher um das Geld gedinget das Volck Jsrael sich unterstund zu verfluchen/ Num. 22. v. 16. Und wann der Geitzige gleich viel Geld und Gut hat/ so schreibet er es doch nicht GOttes Güte/ sondern seiner III.eigenen Witz/ Fleiß und Arbeit zu/ darum lobet er GOtt nicht darüber und dancket ihm nicht/ wie er zwar zu thun schuldig wäre. Ein Geitziger lässet ihm die Sonntags-Märckt viel lieber/ und mehr angelegen seyn/ als den ernst- lichen Befehl der Göttlichen Majestät: Gedencke deß Sabbath-Tages/ daß du ihn heiligest. Die leere Hoffnung deß geringsten zeitlichen Gewinnleins lässet er sich von der Predigt und öffentlichen Christlichen schönen Gottes- dienst abhalten/ oder kommt er in die Kirche/ so sitzet er mit dem Leib da/ mit den Gedancken ist er daheim/ im Laden/ in der Werckstatt/ über seiner Rech- nung und dergleichen/ horchet und laustert immer um/ wann die Kirchen- Thür aufgehe/ ob ihm seine Leute noch nicht wincken/ daß er ein Kreutzerlein/ oder ein Bätzlein erschnappen möge/ da lauffen dann zwey/ drey mit einander als wann die Kirche einfallen wolte/ was gehet sie die Predigt an/ wann sie etwas gewinnen können/ oder bleibet gleich ein solcher Geitz-Wanst da/ so hafftet doch das Wort GOttes nichts in seinem Hertzen/ die Sorgen deß Reichthums ersticken den Saamen deß Göttlichen Worts/ daß er keine Frucht bringen kan/ Luc. 8. wie der Prophet Ezechiel dergleichen Leute vor sich gehabt/ die zwar in der Versammlung vor ihm sassen/ und dem Wort zu- höreten/ aber sie thaten nicht darnach/ sondern pfiffen den Propheten an/ und IV.lebeten gleich wol fort nach ihrem Geitz/ c. 33. Ein Geitziger ist so Hundes- karg/ daß er auch seinen leiblichen Eltern das liebe Leben nicht gönnet/ son- dern
Die XLIII. Laſter-Predigt/ Sondern er iſt auch eine Wurtzel und Urſach vieler anderer Suͤnden undgrober Laſter/ wie Syrach ſagt: Wer Geld lieb hat/ der bleibet nicht ohne I.Suͤnde/ c. 31. Freylich nicht ohne Suͤnde/ dann ein geitziger Menſch ver- ſuͤndiget ſich wider alle zehen Gebott GOttes/ wie ein jeder andaͤchtiger Chriſt leichtlich fuͤr ſich ſelbſten erkennen mag. Ein Geitziger glaubet und trauet GOtt nicht/ daß er ihn erhalten wolle oder werde/ ſondern er wil ſich ſelber verſorgen/ er faͤllt von GOtt ab/ haͤnget ſein Hertz an den Reichthum und die- net dem Mammon/ Matth. 6. ſetzet ſeine Hoffnung und Zuverſicht auf ſein Gut/ und haͤlt das Gold fuͤr ſeinen GOtt/ Job. 31. darum heiſſt der Geitz eine Abgoͤtterey/ Col. 3. und ein Geitziger heiſſet ein Goͤtzen-Diener/ Eph. 5. Mancher hat auß Geitz den rechten Glauben und die reine Evangeliſche Re- ligion verlaſſen/ und mit verwundetem Gewiſſen ſich zu deß Bapſts Anti- Chriſtiſchen Greueln bekennet/ und ſich entſchuldiget: Quis poteſt reſiſtere tot at matis viris, wer kan ſo viel geharniſchten Maͤnnlein auf den Duca- II.ten widerſtehen! Ein Geitziger mißbrauchet den Namen GOTTES und ſchwoͤret darbey leichtfertig/ damit er ſeine boͤſe Waar deſto ehe und theurer vertreibe/ und ſeine geitzige Begierde ſaͤttige: Er faͤllet in den Jrꝛthum Ba- laam um Genieß willen/ welcher um das Geld gedinget das Volck Jſrael ſich unterſtund zu verfluchen/ Num. 22. v. 16. Und wann der Geitzige gleich viel Geld und Gut hat/ ſo ſchreibet er es doch nicht GOttes Guͤte/ ſondern ſeiner III.eigenen Witz/ Fleiß und Arbeit zu/ darum lobet er GOtt nicht daruͤber und dancket ihm nicht/ wie er zwar zu thun ſchuldig waͤre. Ein Geitziger laͤſſet ihm die Sonntags-Maͤrckt viel lieber/ und mehr angelegen ſeyn/ als den ernſt- lichen Befehl der Goͤttlichen Majeſtaͤt: Gedencke deß Sabbath-Tages/ daß du ihn heiligeſt. Die leere Hoffnung deß geringſten zeitlichen Gewinnleins laͤſſet er ſich von der Predigt und oͤffentlichen Chriſtlichen ſchoͤnen Gottes- dienſt abhalten/ oder kommt er in die Kirche/ ſo ſitzet er mit dem Leib da/ mit den Gedancken iſt er daheim/ im Laden/ in der Werckſtatt/ uͤber ſeiner Rech- nung und dergleichen/ horchet und lauſtert immer um/ wann die Kirchen- Thuͤr aufgehe/ ob ihm ſeine Leute noch nicht wincken/ daß er ein Kreutzerlein/ oder ein Baͤtzlein erſchnappen moͤge/ da lauffen dann zwey/ drey mit einander als wann die Kirche einfallen wolte/ was gehet ſie die Predigt an/ wann ſie etwas gewinnen koͤnnen/ oder bleibet gleich ein ſolcher Geitz-Wanſt da/ ſo hafftet doch das Wort GOttes nichts in ſeinem Hertzen/ die Sorgen deß Reichthums erſticken den Saamen deß Goͤttlichen Worts/ daß er keine Frucht bringen kan/ Luc. 8. wie der Prophet Ezechiel dergleichen Leute vor ſich gehabt/ die zwar in der Verſammlung vor ihm ſaſſen/ und dem Wort zu- hoͤreten/ aber ſie thaten nicht darnach/ ſondern pfiffen den Propheten an/ und IV.lebeten gleich wol fort nach ihrem Geitz/ c. 33. Ein Geitziger iſt ſo Hundes- karg/ daß er auch ſeinen leiblichen Eltern das liebe Leben nicht goͤnnet/ ſon- dern
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Die XLIII. Laſter-Predigt/
Sondern er iſt auch eine Wurtzel und Urſach vieler anderer Suͤnden und
grober Laſter/ wie Syrach ſagt: Wer Geld lieb hat/ der bleibet nicht ohne
Suͤnde/ c. 31. Freylich nicht ohne Suͤnde/ dann ein geitziger Menſch ver-
ſuͤndiget ſich wider alle zehen Gebott GOttes/ wie ein jeder andaͤchtiger Chriſt
leichtlich fuͤr ſich ſelbſten erkennen mag. Ein Geitziger glaubet und trauet
GOtt nicht/ daß er ihn erhalten wolle oder werde/ ſondern er wil ſich ſelber
verſorgen/ er faͤllt von GOtt ab/ haͤnget ſein Hertz an den Reichthum und die-
net dem Mammon/ Matth. 6. ſetzet ſeine Hoffnung und Zuverſicht auf ſein
Gut/ und haͤlt das Gold fuͤr ſeinen GOtt/ Job. 31. darum heiſſt der Geitz eine
Abgoͤtterey/ Col. 3. und ein Geitziger heiſſet ein Goͤtzen-Diener/ Eph. 5.
Mancher hat auß Geitz den rechten Glauben und die reine Evangeliſche Re-
ligion verlaſſen/ und mit verwundetem Gewiſſen ſich zu deß Bapſts Anti-
Chriſtiſchen Greueln bekennet/ und ſich entſchuldiget: Quis poteſt reſiſtere
tot at matis viris, wer kan ſo viel geharniſchten Maͤnnlein auf den Duca-
ten widerſtehen! Ein Geitziger mißbrauchet den Namen GOTTES und
ſchwoͤret darbey leichtfertig/ damit er ſeine boͤſe Waar deſto ehe und theurer
vertreibe/ und ſeine geitzige Begierde ſaͤttige: Er faͤllet in den Jrꝛthum Ba-
laam um Genieß willen/ welcher um das Geld gedinget das Volck Jſrael ſich
unterſtund zu verfluchen/ Num. 22. v. 16. Und wann der Geitzige gleich viel
Geld und Gut hat/ ſo ſchreibet er es doch nicht GOttes Guͤte/ ſondern ſeiner
eigenen Witz/ Fleiß und Arbeit zu/ darum lobet er GOtt nicht daruͤber und
dancket ihm nicht/ wie er zwar zu thun ſchuldig waͤre. Ein Geitziger laͤſſet
ihm die Sonntags-Maͤrckt viel lieber/ und mehr angelegen ſeyn/ als den ernſt-
lichen Befehl der Goͤttlichen Majeſtaͤt: Gedencke deß Sabbath-Tages/ daß
du ihn heiligeſt. Die leere Hoffnung deß geringſten zeitlichen Gewinnleins
laͤſſet er ſich von der Predigt und oͤffentlichen Chriſtlichen ſchoͤnen Gottes-
dienſt abhalten/ oder kommt er in die Kirche/ ſo ſitzet er mit dem Leib da/ mit
den Gedancken iſt er daheim/ im Laden/ in der Werckſtatt/ uͤber ſeiner Rech-
nung und dergleichen/ horchet und lauſtert immer um/ wann die Kirchen-
Thuͤr aufgehe/ ob ihm ſeine Leute noch nicht wincken/ daß er ein Kreutzerlein/
oder ein Baͤtzlein erſchnappen moͤge/ da lauffen dann zwey/ drey mit einander
als wann die Kirche einfallen wolte/ was gehet ſie die Predigt an/ wann ſie
etwas gewinnen koͤnnen/ oder bleibet gleich ein ſolcher Geitz-Wanſt da/ ſo
hafftet doch das Wort GOttes nichts in ſeinem Hertzen/ die Sorgen deß
Reichthums erſticken den Saamen deß Goͤttlichen Worts/ daß er keine
Frucht bringen kan/ Luc. 8. wie der Prophet Ezechiel dergleichen Leute vor
ſich gehabt/ die zwar in der Verſammlung vor ihm ſaſſen/ und dem Wort zu-
hoͤreten/ aber ſie thaten nicht darnach/ ſondern pfiffen den Propheten an/ und
lebeten gleich wol fort nach ihrem Geitz/ c. 33. Ein Geitziger iſt ſo Hundes-
karg/ daß er auch ſeinen leiblichen Eltern das liebe Leben nicht goͤnnet/ ſon-
dern
I.
II.
III.
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Zitationshilfe: | Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/464>, abgerufen am 26.06.2024. |