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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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von der Fressigkeit.
Christi anjetzo für uns nemmen/ erstlich mit wenigem widerholen und erklä-
ren/ darnach auch anzeigen/ was wir
von der Fressigkeit/
zu unserer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. DarzuWunsch.
uns GOtt sein Gnad und Segen geben wolle. Amen.

Erklärung deß Texts.

GLeich wie GOtt der HErr alle lebendige/ sichtbare/ leibhafftige Crea-Von Gott
turen also erschaffen/ daß sie durch ein äusserlich Nutriment oder Nah-
rung müssen erhalten werden: Also ist auch deß Menschen Leib derge-
stalt von GOtt bereitet/ daß er täglich seine Speiß und Tranck zu sei-
ner nottürfftigen Unterhaltung natürlicher Weiß haben muß. Solche Speißist die Speiß
wird in dem Mund zerbissen und gekäuet/ durch den Schlund in den Magen
gelassen/ und in dem Magen gekochet und gedauet/ darauß wird nun ein Chy-
lus
und Safft zugericht/ von welchem das beste/ durch die venas Mesaraicas
oder kleine Aederlein zur Leber geführet/ und das Geblüt in die andere Glieder
außgetheilet/ der ander melancholische ungesunde Safft aber durch das Miltz
abgezogen/ und das übrige/ dicke und unsaubere durch den natürlichen Gang
außgeworffen wird. Damit nun der Mage zu kochen und der Mensch seindem Men-
schen

Nahrung und Unterhaltung habe/ so hat GOtt der HErr dem Menschen
mancherley Speise von Kräutern und Garten Gewächs/ von Korn und Ge-
treyd/ darauß das Brot bereitet wird/ von Obs und andern Früchten der Er-
den/ deßgleichen die Vögel in der Lufft/ die Fisch in den Wassern/ auch allerley
wilde Thier und zahmes Viehe verordnet/ davon David in Ps. 8. sagt: Allesgeordnet/
hastu dem Menschen unter seine Füsse gethan/ Schaff und Ochsen allzumal/
dazu auch die wilde Thier/ die Vögel unter dem Himmel/ und die Fisch im
Meer/ und alles was im Meer gehet. Und Ps. 104. sagt David: Es wartet
alles auf dich/ HErr/ daß du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit/ wann du ihnen
gibest so samlen sie/ wann du deine Hand aufthust/ so werden sie mit Gut ge-
sättiget. Jst demnach nicht unrecht oder verbotten/ die Speise/ die Gott täg-
lich bescheret/ zu sich nemmen/ zu essen/ und sich damit zu sättigen/ sondern das
Fressen ist verbotten/ wie allhie der HErr Christus in unsern vorgenommenen
Textworten sagt: Hütet euch/ daß eure Hertzen nicht beschweretAber
khraipale,

werden mit Fressen. Jm Griechischen als in der Grundsprach/ steht das
Wörtlein Kraipale, davon auch das Lateinische Crapula herkommt/ und be-
deut eigentlich das Hauptwehe/ so deß andern Morgens auf die Füllerey erfol-
get/ weil aber gleich in dem nechsten Wort hernach/ die Füllerey und das Sauf-
fen von Christo auch verbotten wird/ hats D. Luther allhie recht verteutscht/
mit Fressen. Fressen aber (so grob davon zu reden) ist und geschihet/ wannDas Fres-
sen/

ein
M m m

von der Freſſigkeit.
Chriſti anjetzo fuͤr uns nemmen/ erſtlich mit wenigem widerholen und erklaͤ-
ren/ darnach auch anzeigen/ was wir
von der Freſſigkeit/
zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. DarzuWunſch.
uns GOtt ſein Gnad und Segen geben wolle. Amen.

Erklaͤrung deß Texts.

GLeich wie GOtt der HErꝛ alle lebendige/ ſichtbare/ leibhafftige Crea-Von Gott
turen alſo erſchaffen/ daß ſie durch ein aͤuſſerlich Nutriment oder Nah-
rung muͤſſen erhalten werden: Alſo iſt auch deß Menſchen Leib derge-
ſtalt von GOtt bereitet/ daß er taͤglich ſeine Speiß und Tranck zu ſei-
ner nottuͤrfftigen Unterhaltung natuͤrlicher Weiß haben muß. Solche Speißiſt die Speiß
wird in dem Mund zerbiſſen und gekaͤuet/ durch den Schlund in den Magen
gelaſſen/ und in dem Magen gekochet und gedauet/ darauß wird nun ein Chy-
lus
und Safft zugericht/ von welchem das beſte/ durch die venas Meſaraicas
oder kleine Aederlein zur Leber gefuͤhret/ und das Gebluͤt in die andere Glieder
außgetheilet/ der ander melancholiſche ungeſunde Safft aber durch das Miltz
abgezogen/ und das uͤbrige/ dicke und unſaubere durch den natuͤrlichen Gang
außgeworffen wird. Damit nun der Mage zu kochen und der Menſch ſeindem Men-
ſchen

Nahrung und Unterhaltung habe/ ſo hat GOtt der HErꝛ dem Menſchen
mancherley Speiſe von Kraͤutern und Garten Gewaͤchs/ von Korn und Ge-
treyd/ darauß das Brot bereitet wird/ von Obs und andern Fruͤchten der Er-
den/ deßgleichen die Voͤgel in der Lufft/ die Fiſch in den Waſſern/ auch allerley
wilde Thier und zahmes Viehe verordnet/ davon David in Pſ. 8. ſagt: Allesgeordnet/
haſtu dem Menſchen unter ſeine Fuͤſſe gethan/ Schaff und Ochſen allzumal/
dazu auch die wilde Thier/ die Voͤgel unter dem Himmel/ und die Fiſch im
Meer/ und alles was im Meer gehet. Und Pſ. 104. ſagt David: Es wartet
alles auf dich/ HErꝛ/ daß du ihnen Speiſe gebeſt zu ſeiner Zeit/ wann du ihnen
gibeſt ſo ſamlen ſie/ wann du deine Hand aufthuſt/ ſo werden ſie mit Gut ge-
ſaͤttiget. Jſt demnach nicht unrecht oder verbotten/ die Speiſe/ die Gott taͤg-
lich beſcheret/ zu ſich nemmen/ zu eſſen/ und ſich damit zu ſaͤttigen/ ſondern das
Freſſen iſt verbotten/ wie allhie der HErꝛ Chriſtus in unſern vorgenommenen
Textworten ſagt: Huͤtet euch/ daß eure Hertzen nicht beſchweretAber
χϱαιϖάλη,

werden mit Freſſen. Jm Griechiſchen als in der Grundſprach/ ſteht das
Woͤrtlein Κϱαιϖάλη, davon auch das Lateiniſche Crapula herkommt/ und be-
deut eigentlich das Hauptwehe/ ſo deß andern Morgens auf die Fuͤllerey erfol-
get/ weil aber gleich in dem nechſten Wort hernach/ die Fuͤllerey und das Sauf-
fen von Chriſto auch verbotten wird/ hats D. Luther allhie recht verteutſcht/
mit Freſſen. Freſſen aber (ſo grob davon zu reden) iſt und geſchihet/ wannDas Freſ-
ſen/

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[457/0527] von der Freſſigkeit. Chriſti anjetzo fuͤr uns nemmen/ erſtlich mit wenigem widerholen und erklaͤ- ren/ darnach auch anzeigen/ was wir von der Freſſigkeit/ zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu uns GOtt ſein Gnad und Segen geben wolle. Amen. Wunſch. Erklaͤrung deß Texts. GLeich wie GOtt der HErꝛ alle lebendige/ ſichtbare/ leibhafftige Crea- turen alſo erſchaffen/ daß ſie durch ein aͤuſſerlich Nutriment oder Nah- rung muͤſſen erhalten werden: Alſo iſt auch deß Menſchen Leib derge- ſtalt von GOtt bereitet/ daß er taͤglich ſeine Speiß und Tranck zu ſei- ner nottuͤrfftigen Unterhaltung natuͤrlicher Weiß haben muß. Solche Speiß wird in dem Mund zerbiſſen und gekaͤuet/ durch den Schlund in den Magen gelaſſen/ und in dem Magen gekochet und gedauet/ darauß wird nun ein Chy- lus und Safft zugericht/ von welchem das beſte/ durch die venas Meſaraicas oder kleine Aederlein zur Leber gefuͤhret/ und das Gebluͤt in die andere Glieder außgetheilet/ der ander melancholiſche ungeſunde Safft aber durch das Miltz abgezogen/ und das uͤbrige/ dicke und unſaubere durch den natuͤrlichen Gang außgeworffen wird. Damit nun der Mage zu kochen und der Menſch ſein Nahrung und Unterhaltung habe/ ſo hat GOtt der HErꝛ dem Menſchen mancherley Speiſe von Kraͤutern und Garten Gewaͤchs/ von Korn und Ge- treyd/ darauß das Brot bereitet wird/ von Obs und andern Fruͤchten der Er- den/ deßgleichen die Voͤgel in der Lufft/ die Fiſch in den Waſſern/ auch allerley wilde Thier und zahmes Viehe verordnet/ davon David in Pſ. 8. ſagt: Alles haſtu dem Menſchen unter ſeine Fuͤſſe gethan/ Schaff und Ochſen allzumal/ dazu auch die wilde Thier/ die Voͤgel unter dem Himmel/ und die Fiſch im Meer/ und alles was im Meer gehet. Und Pſ. 104. ſagt David: Es wartet alles auf dich/ HErꝛ/ daß du ihnen Speiſe gebeſt zu ſeiner Zeit/ wann du ihnen gibeſt ſo ſamlen ſie/ wann du deine Hand aufthuſt/ ſo werden ſie mit Gut ge- ſaͤttiget. Jſt demnach nicht unrecht oder verbotten/ die Speiſe/ die Gott taͤg- lich beſcheret/ zu ſich nemmen/ zu eſſen/ und ſich damit zu ſaͤttigen/ ſondern das Freſſen iſt verbotten/ wie allhie der HErꝛ Chriſtus in unſern vorgenommenen Textworten ſagt: Huͤtet euch/ daß eure Hertzen nicht beſchweret werden mit Freſſen. Jm Griechiſchen als in der Grundſprach/ ſteht das Woͤrtlein Κϱαιϖάλη, davon auch das Lateiniſche Crapula herkommt/ und be- deut eigentlich das Hauptwehe/ ſo deß andern Morgens auf die Fuͤllerey erfol- get/ weil aber gleich in dem nechſten Wort hernach/ die Fuͤllerey und das Sauf- fen von Chriſto auch verbotten wird/ hats D. Luther allhie recht verteutſcht/ mit Freſſen. Freſſen aber (ſo grob davon zu reden) iſt und geſchihet/ wann ein Von Gott iſt die Speiß dem Men- ſchen geordnet/ Aber χϱαιϖάλη, Das Freſ- ſen/ M m m

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/527>, abgerufen am 22.11.2024.