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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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der Empfindung und die Wirkungen, die sie erzielt, bestimmte Gemütsbeschaffenheiten, pba_107.002
Seelenzustände -- Arten von Ethos. Diese Arten pba_107.003
von Ethos können sehr mannigfaltig sein, da sie von der Natur des pba_107.004
Gegenstandes abhängen, welcher in dem Dichter das ihn zur künstlerischen pba_107.005
Nachahmung treibende Ethos erregt. Nicht so jedoch ist es mit den pba_107.006
Empfindungsvorgängen beschaffen, vermittelst deren jene kathartische pba_107.007
Wirkung erreicht wird; diese sind vielmehr in allen Fällen der Anwendung pba_107.008
von Satire und Humor ein und dieselben, verschieden ist pba_107.009
nur das Stärkeverhältnis, in dem sie auftreten und sich miteinander pba_107.010
mischen.

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Welches nun aber diese Empfindungsvorgänge sind, wird sich aus pba_107.012
der Natur der kathartischen Prozesse, bei denen sie in Wirksamkeit treten, pba_107.013
nachweisen lassen.

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Alle vier oben entwickelten Fälle haben gemeinsam, daß sie das pba_107.015
Fehlerhafte, oder wie es dort allgemeiner bezeichnet wurde, Negatives, pba_107.016
darstellen; und zwar tritt entweder das Fehlerhafte dem Augenscheine pba_107.017
als das, was es ist, entgegen und erweckt dadurch die Kontrastvorstellung pba_107.018
des Richtigen, oder es wird als dem im Grunde Guten und Tüchtigen pba_107.019
anhaftend entdeckt und tritt so zu diesem selbst in Gegensatz. Jn diesen pba_107.020
beiden Fällen wird durch den augenfälligen Kontrast der mangelhaften pba_107.021
Erscheinung mit der durch dieselbe zugleich in der Vorstellung hervorgebrachten pba_107.022
Ueberzeugung vom Richtigen die Empfindung des Lächerlichen pba_107.023
erzeugt, zugleich mit ihr, aber schwächer als sie, das Wohlgefallen pba_107.024
an der Darstellung des Rechten.

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Jn den beiden andern Fällen dagegen wird das dem Guten und pba_107.026
Tüchtigen anhaftende Mangelhafte zwar auch dargestellt, aber umgekehrt pba_107.027
so, daß trotz der erregten Kontrastvorstellung jenes rein zur Empfindung pba_107.028
gebracht und damit diese überwunden wird; oder die Darstellung führt pba_107.029
das Mangelhafte vor, aber so daß, indem es ihr gelingt daran Elemente pba_107.030
des Guten und Tüchtigen aufzufinden, sie den Kontrast desselben gegen pba_107.031
das Richtige teilweise aufhebt oder doch wenigstens mildert. Hier wird pba_107.032
beidemal die vorwiegende Empfindung des Wohlgefallens an der pba_107.033
vermittelst jener Kontrastwirkungen erweckten reineren Vorstellung des pba_107.034
Rechten hervorgebracht, zugleich aber mit ihr, wenn auch schwächer, die pba_107.035
Empfindung des Lächerlichen durch jene Kontrastvorstellungen selbst.

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Beide Empfindungen sind also wirksam um die Läuterung derjenigen pba_107.037
Vorstellungen, Meinungen und Urteile zu vollziehen, durch deren Mitteilung pba_107.038
die Nachahmung des den Dichter erfüllenden Ethos geschieht. pba_107.039
Es ergibt sich ferner, daß die erste Gruppe, die satirischen Wirkungen, pba_107.040
und die zweite, die humoristischen, geeignet sind sich wechselsweise

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der Empfindung und die Wirkungen, die sie erzielt, bestimmte Gemütsbeschaffenheiten, pba_107.002
Seelenzustände — Arten von Ethos. Diese Arten pba_107.003
von Ethos können sehr mannigfaltig sein, da sie von der Natur des pba_107.004
Gegenstandes abhängen, welcher in dem Dichter das ihn zur künstlerischen pba_107.005
Nachahmung treibende Ethos erregt. Nicht so jedoch ist es mit den pba_107.006
Empfindungsvorgängen beschaffen, vermittelst deren jene kathartische pba_107.007
Wirkung erreicht wird; diese sind vielmehr in allen Fällen der Anwendung pba_107.008
von Satire und Humor ein und dieselben, verschieden ist pba_107.009
nur das Stärkeverhältnis, in dem sie auftreten und sich miteinander pba_107.010
mischen.

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Welches nun aber diese Empfindungsvorgänge sind, wird sich aus pba_107.012
der Natur der kathartischen Prozesse, bei denen sie in Wirksamkeit treten, pba_107.013
nachweisen lassen.

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Alle vier oben entwickelten Fälle haben gemeinsam, daß sie das pba_107.015
Fehlerhafte, oder wie es dort allgemeiner bezeichnet wurde, Negatives, pba_107.016
darstellen; und zwar tritt entweder das Fehlerhafte dem Augenscheine pba_107.017
als das, was es ist, entgegen und erweckt dadurch die Kontrastvorstellung pba_107.018
des Richtigen, oder es wird als dem im Grunde Guten und Tüchtigen pba_107.019
anhaftend entdeckt und tritt so zu diesem selbst in Gegensatz. Jn diesen pba_107.020
beiden Fällen wird durch den augenfälligen Kontrast der mangelhaften pba_107.021
Erscheinung mit der durch dieselbe zugleich in der Vorstellung hervorgebrachten pba_107.022
Ueberzeugung vom Richtigen die Empfindung des Lächerlichen pba_107.023
erzeugt, zugleich mit ihr, aber schwächer als sie, das Wohlgefallen pba_107.024
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Jn den beiden andern Fällen dagegen wird das dem Guten und pba_107.026
Tüchtigen anhaftende Mangelhafte zwar auch dargestellt, aber umgekehrt pba_107.027
so, daß trotz der erregten Kontrastvorstellung jenes rein zur Empfindung pba_107.028
gebracht und damit diese überwunden wird; oder die Darstellung führt pba_107.029
das Mangelhafte vor, aber so daß, indem es ihr gelingt daran Elemente pba_107.030
des Guten und Tüchtigen aufzufinden, sie den Kontrast desselben gegen pba_107.031
das Richtige teilweise aufhebt oder doch wenigstens mildert. Hier wird pba_107.032
beidemal die vorwiegende Empfindung des Wohlgefallens an der pba_107.033
vermittelst jener Kontrastwirkungen erweckten reineren Vorstellung des pba_107.034
Rechten hervorgebracht, zugleich aber mit ihr, wenn auch schwächer, die pba_107.035
Empfindung des Lächerlichen durch jene Kontrastvorstellungen selbst.

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Beide Empfindungen sind also wirksam um die Läuterung derjenigen pba_107.037
Vorstellungen, Meinungen und Urteile zu vollziehen, durch deren Mitteilung pba_107.038
die Nachahmung des den Dichter erfüllenden Ethos geschieht. pba_107.039
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[107/0125] pba_107.001 der Empfindung und die Wirkungen, die sie erzielt, bestimmte Gemütsbeschaffenheiten, pba_107.002 Seelenzustände — Arten von Ethos. Diese Arten pba_107.003 von Ethos können sehr mannigfaltig sein, da sie von der Natur des pba_107.004 Gegenstandes abhängen, welcher in dem Dichter das ihn zur künstlerischen pba_107.005 Nachahmung treibende Ethos erregt. Nicht so jedoch ist es mit den pba_107.006 Empfindungsvorgängen beschaffen, vermittelst deren jene kathartische pba_107.007 Wirkung erreicht wird; diese sind vielmehr in allen Fällen der Anwendung pba_107.008 von Satire und Humor ein und dieselben, verschieden ist pba_107.009 nur das Stärkeverhältnis, in dem sie auftreten und sich miteinander pba_107.010 mischen. pba_107.011 Welches nun aber diese Empfindungsvorgänge sind, wird sich aus pba_107.012 der Natur der kathartischen Prozesse, bei denen sie in Wirksamkeit treten, pba_107.013 nachweisen lassen. pba_107.014 Alle vier oben entwickelten Fälle haben gemeinsam, daß sie das pba_107.015 Fehlerhafte, oder wie es dort allgemeiner bezeichnet wurde, Negatives, pba_107.016 darstellen; und zwar tritt entweder das Fehlerhafte dem Augenscheine pba_107.017 als das, was es ist, entgegen und erweckt dadurch die Kontrastvorstellung pba_107.018 des Richtigen, oder es wird als dem im Grunde Guten und Tüchtigen pba_107.019 anhaftend entdeckt und tritt so zu diesem selbst in Gegensatz. Jn diesen pba_107.020 beiden Fällen wird durch den augenfälligen Kontrast der mangelhaften pba_107.021 Erscheinung mit der durch dieselbe zugleich in der Vorstellung hervorgebrachten pba_107.022 Ueberzeugung vom Richtigen die Empfindung des Lächerlichen pba_107.023 erzeugt, zugleich mit ihr, aber schwächer als sie, das Wohlgefallen pba_107.024 an der Darstellung des Rechten. pba_107.025 Jn den beiden andern Fällen dagegen wird das dem Guten und pba_107.026 Tüchtigen anhaftende Mangelhafte zwar auch dargestellt, aber umgekehrt pba_107.027 so, daß trotz der erregten Kontrastvorstellung jenes rein zur Empfindung pba_107.028 gebracht und damit diese überwunden wird; oder die Darstellung führt pba_107.029 das Mangelhafte vor, aber so daß, indem es ihr gelingt daran Elemente pba_107.030 des Guten und Tüchtigen aufzufinden, sie den Kontrast desselben gegen pba_107.031 das Richtige teilweise aufhebt oder doch wenigstens mildert. Hier wird pba_107.032 beidemal die vorwiegende Empfindung des Wohlgefallens an der pba_107.033 vermittelst jener Kontrastwirkungen erweckten reineren Vorstellung des pba_107.034 Rechten hervorgebracht, zugleich aber mit ihr, wenn auch schwächer, die pba_107.035 Empfindung des Lächerlichen durch jene Kontrastvorstellungen selbst. pba_107.036 Beide Empfindungen sind also wirksam um die Läuterung derjenigen pba_107.037 Vorstellungen, Meinungen und Urteile zu vollziehen, durch deren Mitteilung pba_107.038 die Nachahmung des den Dichter erfüllenden Ethos geschieht. pba_107.039 Es ergibt sich ferner, daß die erste Gruppe, die satirischen Wirkungen, pba_107.040 und die zweite, die humoristischen, geeignet sind sich wechselsweise

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/125>, abgerufen am 25.11.2024.