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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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gefühl ergriffen sein müßte: nicht einzelne Gespielinnen, sondern alle pba_126.002
Altersgenossinnen
trennen mit hellgeschliffenem Stahl das liebliche pba_126.003
Haar vom Haupte und bringen es ihr dar (cf. VII, 489):

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Timados ade konis, tan de pro gamoio thanousan pba_126.005
dexato Persephonas kuaneos thalamos, pba_126.006
as kai apophthimenas pasai neothagi sidaro pba_126.007
alikes imertan kratos ethento koman.

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Aehnlich, wenn auch noch einfacher, ist das Verhältnis in dem pba_126.009
andern der Sappho beigelegten Epigramm (cf. VII, 505):

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To gripei Pelagoni pater epetheke Meniskos pba_126.011
kurton kai kopan, mnama kakozo Ias.

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Der epigrammatische Gegensatz besteht hier zwischen der Dürftigkeit pba_126.013
und Geringfügigkeit des vorgestellten -- nicht wirklich vorhandenen -- pba_126.014
Grabschmuckes, eine Reuse und ein Ruder, und der Jdee eines "Denkmales"; pba_126.015
dieses "Denkmal" entspricht in seiner Unscheinbarkeit dem pba_126.016
Leben dessen, den es ehrt: mnama kakozo Ias --. Dadurch aber wird pba_126.017
das Epigramm, über die Enge des erwähnten Falles hinaus, typisch für pba_126.018
jedes ähnliche Verhältnis.

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Endlich, bei des Simonides (VII, 249):

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O xein, aggeilon Lakedaimoniois oti tede pba_126.021
keimetha, tois keinon Remasi peithomenoi.

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spricht Herder selbst von dem "scharfsinnigen Schluß, der durch pba_126.023
jedes ausschmückende Beiwort entnervt werden würde". Aber warum? pba_126.024
Weil die ganze Wucht des Epigramms hier in der nahen Zusammenrückung pba_126.025
und scharfen Gegenüberstellung der beiden Vorstellungen beruht: pba_126.026
der Tod und der Gesetzesgehorsam, bei einem Spartaner eins dem pba_126.027
andern eng verbunden, Erwartung und Aufschluß hier in die beiden pba_126.028
Hälften eines Pentameters zusammengedrängt.

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Mit der Grundlage von Herders Argumentation fällt auch seine pba_126.030
ganze künstliche Einteilung des Epigramms; das von Lessing aufgestellte pba_126.031
Gesetz der epigrammatischen Form bleibt unantastbar bestehen. pba_126.032
Das dunkle Gefühl, daß mit diesem Formgesetz das innere Wesen der pba_126.033
Dichtungsart noch nicht ausgesprochen war, hat Herder zu seiner Polemik pba_126.034
dagegen getrieben, aber er verfehlte dabei von vornherein den für den pba_126.035
Angriff allein offenstehenden Weg.

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Eine im Wesen der epigrammatischen Dichtung begründete Einteilung pba_126.037
ergibt sich aus ihrer oben bezeichneten Mittelstellung zwischen

pba_126.001
gefühl ergriffen sein müßte: nicht einzelne Gespielinnen, sondern alle pba_126.002
Altersgenossinnen
trennen mit hellgeschliffenem Stahl das liebliche pba_126.003
Haar vom Haupte und bringen es ihr dar (cf. VII, 489):

pba_126.004

Τιμάδος ἄδε κόνις, τὰν δὴ πρὸ γάμοιο θανοῦσαν pba_126.005
δέξατο Περσεφόνας κυάνεος θάλαμος, pba_126.006
ἇς καὶ ἀποφθιμένας πᾶσαι νεοθᾶγι σιδάρῳ pba_126.007
ἅλικες ἱμερτὰν κρατὸς ἔθεντο κόμαν.

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Aehnlich, wenn auch noch einfacher, ist das Verhältnis in dem pba_126.009
andern der Sappho beigelegten Epigramm (cf. VII, 505):

pba_126.010

Τῷ γριπεῖ Πελάγωνι πατὴρ ἐπέθηκε Μενίσκος pba_126.011
κύρτον καὶ κώπαν, μνᾶμα κακοζο ΐας.

pba_126.012
Der epigrammatische Gegensatz besteht hier zwischen der Dürftigkeit pba_126.013
und Geringfügigkeit des vorgestellten — nicht wirklich vorhandenen — pba_126.014
Grabschmuckes, eine Reuse und ein Ruder, und der Jdee eines „Denkmales“; pba_126.015
dieses „Denkmal“ entspricht in seiner Unscheinbarkeit dem pba_126.016
Leben dessen, den es ehrt: μνᾶμα κακοζο ΐας —. Dadurch aber wird pba_126.017
das Epigramm, über die Enge des erwähnten Falles hinaus, typisch für pba_126.018
jedes ähnliche Verhältnis.

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Endlich, bei des Simonides (VII, 249):

pba_126.020

Ὦ ξεῖν̓, ἄγγειλον Λακεδαιμονίοις ὅτι τῇδε pba_126.021
κείμεθα, τοῖς κείνων ῥήμασι πειθόμενοι.

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spricht Herder selbst von dem „scharfsinnigen Schluß, der durch pba_126.023
jedes ausschmückende Beiwort entnervt werden würde“. Aber warum? pba_126.024
Weil die ganze Wucht des Epigramms hier in der nahen Zusammenrückung pba_126.025
und scharfen Gegenüberstellung der beiden Vorstellungen beruht: pba_126.026
der Tod und der Gesetzesgehorsam, bei einem Spartaner eins dem pba_126.027
andern eng verbunden, Erwartung und Aufschluß hier in die beiden pba_126.028
Hälften eines Pentameters zusammengedrängt.

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Mit der Grundlage von Herders Argumentation fällt auch seine pba_126.030
ganze künstliche Einteilung des Epigramms; das von Lessing aufgestellte pba_126.031
Gesetz der epigrammatischen Form bleibt unantastbar bestehen. pba_126.032
Das dunkle Gefühl, daß mit diesem Formgesetz das innere Wesen der pba_126.033
Dichtungsart noch nicht ausgesprochen war, hat Herder zu seiner Polemik pba_126.034
dagegen getrieben, aber er verfehlte dabei von vornherein den für den pba_126.035
Angriff allein offenstehenden Weg.

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Eine im Wesen der epigrammatischen Dichtung begründete Einteilung pba_126.037
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[126/0144] pba_126.001 gefühl ergriffen sein müßte: nicht einzelne Gespielinnen, sondern alle pba_126.002 Altersgenossinnen trennen mit hellgeschliffenem Stahl das liebliche pba_126.003 Haar vom Haupte und bringen es ihr dar (cf. VII, 489): pba_126.004 Τιμάδος ἄδε κόνις, τὰν δὴ πρὸ γάμοιο θανοῦσαν pba_126.005 δέξατο Περσεφόνας κυάνεος θάλαμος, pba_126.006 ἇς καὶ ἀποφθιμένας πᾶσαι νεοθᾶγι σιδάρῳ pba_126.007 ἅλικες ἱμερτὰν κρατὸς ἔθεντο κόμαν. pba_126.008 Aehnlich, wenn auch noch einfacher, ist das Verhältnis in dem pba_126.009 andern der Sappho beigelegten Epigramm (cf. VII, 505): pba_126.010 Τῷ γριπεῖ Πελάγωνι πατὴρ ἐπέθηκε Μενίσκος pba_126.011 κύρτον καὶ κώπαν, μνᾶμα κακοζο ΐας. pba_126.012 Der epigrammatische Gegensatz besteht hier zwischen der Dürftigkeit pba_126.013 und Geringfügigkeit des vorgestellten — nicht wirklich vorhandenen — pba_126.014 Grabschmuckes, eine Reuse und ein Ruder, und der Jdee eines „Denkmales“; pba_126.015 dieses „Denkmal“ entspricht in seiner Unscheinbarkeit dem pba_126.016 Leben dessen, den es ehrt: μνᾶμα κακοζο ΐας —. Dadurch aber wird pba_126.017 das Epigramm, über die Enge des erwähnten Falles hinaus, typisch für pba_126.018 jedes ähnliche Verhältnis. pba_126.019 Endlich, bei des Simonides (VII, 249): pba_126.020 Ὦ ξεῖν̓, ἄγγειλον Λακεδαιμονίοις ὅτι τῇδε pba_126.021 κείμεθα, τοῖς κείνων ῥήμασι πειθόμενοι. pba_126.022 spricht Herder selbst von dem „scharfsinnigen Schluß, der durch pba_126.023 jedes ausschmückende Beiwort entnervt werden würde“. Aber warum? pba_126.024 Weil die ganze Wucht des Epigramms hier in der nahen Zusammenrückung pba_126.025 und scharfen Gegenüberstellung der beiden Vorstellungen beruht: pba_126.026 der Tod und der Gesetzesgehorsam, bei einem Spartaner eins dem pba_126.027 andern eng verbunden, Erwartung und Aufschluß hier in die beiden pba_126.028 Hälften eines Pentameters zusammengedrängt. pba_126.029 Mit der Grundlage von Herders Argumentation fällt auch seine pba_126.030 ganze künstliche Einteilung des Epigramms; das von Lessing aufgestellte pba_126.031 Gesetz der epigrammatischen Form bleibt unantastbar bestehen. pba_126.032 Das dunkle Gefühl, daß mit diesem Formgesetz das innere Wesen der pba_126.033 Dichtungsart noch nicht ausgesprochen war, hat Herder zu seiner Polemik pba_126.034 dagegen getrieben, aber er verfehlte dabei von vornherein den für den pba_126.035 Angriff allein offenstehenden Weg. pba_126.036 Eine im Wesen der epigrammatischen Dichtung begründete Einteilung pba_126.037 ergibt sich aus ihrer oben bezeichneten Mittelstellung zwischen

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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/144>, abgerufen am 23.11.2024.