pba_194.001 selbst der Definition bedarf. Gemeinsam mit der Allegorie ist der Symbolik, pba_194.002 daß sie wie jene auf Vergleichung beruht, und zwar auf der Ähnlichkeit pba_194.003 eines Konkreten nicht direkt mit einer andern konkreten Erscheinung, pba_194.004 sondern mit dem geistigen Jnhalt derselben; nun aber tritt für denselben, pba_194.005 wenn er ein Begriff ist, der sich "vollständig aussprechen" läßt, pba_194.006 die Allegorie ein, die demselben entsprechend ebenso fest begrenzt ist; für pba_194.007 die "unaussprechliche" "Jdee" dient die Symbolik zum Ausdruck, pba_194.008 die ihrerseits also auch etwas Unerschöpfliches, Jnkommensurables in pba_194.009 sich trägt.
pba_194.010 Die Unterscheidung ist ungemein wichtig und für die Beurteilung pba_194.011 der Poesie und der gesamten Kunst von tief eingreifender und ganz entscheidender pba_194.012 Bedeutung. Aber die sehr große Schwierigkeit liegt darin, pba_194.013 den Unterschied von "Begriff" und "Jdee" klar und bestimmt zu definieren. pba_194.014 Goethe hat sich oft und mit besonderer Vorliebe über den Gegenstand pba_194.015 ausgesprochen.
pba_194.016 Die Zusammenfassung seiner Meinung enthält wohl, was wir in pba_194.017 den "Sprüchen" (Natur V, Nr. 1016)1 lesen: "Begriff ist Summe,pba_194.018 Jdee Resultat der Erfahrung; jene zu ziehen, wird Verstand, dieses pba_194.019 zu erfassen, Vernunft erfordert." Zur Erklärung dienen zahlreiche andre pba_194.020 Stellen der Sprüche, so Nr. 334:2 "Die Jdee ist ewig und einzig; pba_194.021 daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgethan. Alles, was pba_194.022 wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationenpba_194.023 der Jdee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern pba_194.024 ist die Jdee selbst ein Begriff." Und Nr. 336: "Die Manifestation der pba_194.025 Jdee als des Schönen ist ebenso flüchtig als die Manifestation des Erhabenen, pba_194.026 des Geistreichen, des Lustigen, des Lächerlichen. Dies ist die pba_194.027 Ursache, warum so schwer darüber zu reden ist;" in demselben Sinne pba_194.028 ferner Nr. 430:3 "Das Wahre ist gottähnlich; es erscheint nicht unmittelbar, pba_194.029 wir müssen es aus seinen Manifestationen erraten."
pba_194.030 Die Meinung ist also doch wohl die: der Begriff beruht auf einem pba_194.031 bestimmt formulierten Verstandesurteil, zu welchem wir gelangen, indem pba_194.032 wir in der Summe der gleichartigen Einzeldinge die wesentlichen Merkmale pba_194.033 feststellen, die allen gemeinsam sind, ferner die Merkmale, durch pba_194.034 die sie untereinander oder von verwandten Dingen sich unterscheiden. pba_194.035 Jndem wir mit einer Summe zusammengehöriger oder verwandter Begriffe pba_194.036 ebenso verfahren, steigen wir zu höhern Begriffen auf und von
1pba_194.037 S. Hempel XIX, S. 219.
2pba_194.038 Ethisches III. Hempel XIX, S. 75.
3pba_194.039 Ethisches IV, S. 93.
pba_194.001 selbst der Definition bedarf. Gemeinsam mit der Allegorie ist der Symbolik, pba_194.002 daß sie wie jene auf Vergleichung beruht, und zwar auf der Ähnlichkeit pba_194.003 eines Konkreten nicht direkt mit einer andern konkreten Erscheinung, pba_194.004 sondern mit dem geistigen Jnhalt derselben; nun aber tritt für denselben, pba_194.005 wenn er ein Begriff ist, der sich „vollständig aussprechen“ läßt, pba_194.006 die Allegorie ein, die demselben entsprechend ebenso fest begrenzt ist; für pba_194.007 die „unaussprechliche“ „Jdee“ dient die Symbolik zum Ausdruck, pba_194.008 die ihrerseits also auch etwas Unerschöpfliches, Jnkommensurables in pba_194.009 sich trägt.
pba_194.010 Die Unterscheidung ist ungemein wichtig und für die Beurteilung pba_194.011 der Poesie und der gesamten Kunst von tief eingreifender und ganz entscheidender pba_194.012 Bedeutung. Aber die sehr große Schwierigkeit liegt darin, pba_194.013 den Unterschied von „Begriff“ und „Jdee“ klar und bestimmt zu definieren. pba_194.014 Goethe hat sich oft und mit besonderer Vorliebe über den Gegenstand pba_194.015 ausgesprochen.
pba_194.016 Die Zusammenfassung seiner Meinung enthält wohl, was wir in pba_194.017 den „Sprüchen“ (Natur V, Nr. 1016)1 lesen: „Begriff ist Summe,pba_194.018 Jdee Resultat der Erfahrung; jene zu ziehen, wird Verstand, dieses pba_194.019 zu erfassen, Vernunft erfordert.“ Zur Erklärung dienen zahlreiche andre pba_194.020 Stellen der Sprüche, so Nr. 334:2 „Die Jdee ist ewig und einzig; pba_194.021 daß wir auch den Plural brauchen, ist nicht wohlgethan. Alles, was pba_194.022 wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestationenpba_194.023 der Jdee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern pba_194.024 ist die Jdee selbst ein Begriff.“ Und Nr. 336: „Die Manifestation der pba_194.025 Jdee als des Schönen ist ebenso flüchtig als die Manifestation des Erhabenen, pba_194.026 des Geistreichen, des Lustigen, des Lächerlichen. Dies ist die pba_194.027 Ursache, warum so schwer darüber zu reden ist;“ in demselben Sinne pba_194.028 ferner Nr. 430:3 „Das Wahre ist gottähnlich; es erscheint nicht unmittelbar, pba_194.029 wir müssen es aus seinen Manifestationen erraten.“
pba_194.030 Die Meinung ist also doch wohl die: der Begriff beruht auf einem pba_194.031 bestimmt formulierten Verstandesurteil, zu welchem wir gelangen, indem pba_194.032 wir in der Summe der gleichartigen Einzeldinge die wesentlichen Merkmale pba_194.033 feststellen, die allen gemeinsam sind, ferner die Merkmale, durch pba_194.034 die sie untereinander oder von verwandten Dingen sich unterscheiden. pba_194.035 Jndem wir mit einer Summe zusammengehöriger oder verwandter Begriffe pba_194.036 ebenso verfahren, steigen wir zu höhern Begriffen auf und von
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daß sie wie jene auf Vergleichung beruht, und zwar auf der Ähnlichkeit pba_194.003
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Die Meinung ist also doch wohl die: der Begriff beruht auf einem pba_194.031
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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/212>, abgerufen am 23.11.2024.
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