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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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bezeichnet wurden, ähnlich wie die Schicksalsempfindungen der Furcht pba_221.002
und des Mitleids, eine reciproke Wirkung aufeinander ausüben, dergestalt, pba_221.003
daß die eine die andere zu berichtigen geeignet ist. Jm Leben wie pba_221.004
in der Nachahmung stellt manches sich der Empfindung zunächst als pba_221.005
wohlgefällig dar, was mit größerem Rechte für sie in die Kategorie des pba_221.006
Lächerlichen fällt, zumal die Nüancen desselben ja so vielfältig sind, pba_221.007
vom leichten Lächeln bis zum Gelächter; und umgekehrt wird manches pba_221.008
zunächst als lächerlich empfunden, was im Verlauf seine Ansprüche auf pba_221.009
das echte und volle Wohlgefallen geltend macht. Wie da die wechselnde pba_221.010
Beleuchtung, in welcher der Gegenstand durch die geschickte Komposition pba_221.011
der Handlung der Empfindung bald von dieser bald von jener Seite pba_221.012
vorgeführt wird, vermögend ist die Empfindung zu klären und zu reinigen pba_221.013
und sie auf den rechten Stand zu führen, bedarf nicht des Beweises.

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So wird also der allgemeine Charakter, welcher dieser Art von pba_221.015
Nachahmungen innewohnt, der des Heiteren sein, oder mit dem uns pba_221.016
geläufigeren griechischen Ausdruck bezeichnet, der des Komischen.

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Zur Erzielung dieser Gesamtwirkung wird schlechterdings die Handlung pba_221.018
immer auf die Erregung der beiden Grundempfindungen des Wohlgefälligen pba_221.019
und Lächerlichen zugleich eingerichtet sein müssen: eine Darlegung, pba_221.020
welche ausschließlich und fortdauernd nur die eine hervorbringt, pba_221.021
wird notwendig einseitig und ermüdend sein. Doch kann das Mischungsverhältnis pba_221.022
sehr verschieden sein: die Tierfabel zielt durch die vorzugsweise pba_221.023
Nachahmung des Verkehrten der Handlungsweise hauptsächlich auf pba_221.024
die Erregung der Empfindung des Lächerlichen; das Wohlgefällige kommt pba_221.025
in ihr fast nur durch die Darstellung des Zweckgemäßen, Klugen, Schlauen pba_221.026
zur Geltung, das nebenher bei der Verfolgung des Handlungszieles zu pba_221.027
Tage tritt, mag dieses Ziel selbst auch das verkehrteste sein. Die Nachahmung pba_221.028
menschlicher Handlungen, welche hier zunächst sich anschließt, pba_221.029
ist diejenige, bei der die handelnden Personen auf einer niederen Stufe pba_221.030
geistiger und sittlicher Beschränktheit vorgeführt werden, welche sie insofern pba_221.031
dem erhöhten Tiercharakter verwandt erscheinen läßt, als auch bei pba_221.032
ihnen die Voraussetzung höheren Empfindens und sittlicher Verantwortung pba_221.033
absichtlich ferngehalten wird. Von dieser Art mag der dem Homer pba_221.034
zugeschriebene Margites gewesen sein; aus unserer deutschen Litteratur pba_221.035
würde der Eulenspiegel und das Lalenbuch hierher gehören, ebenso pba_221.036
dem Stoffe nach der Pfaffe Amis und der Ahnherr Münchhausens, pba_221.037
der Finkenritter. Das eigentliche komische Epos, welches, pba_221.038
wenn man von dem Roman absieht, in den vorhandenen Litteraturen pba_221.039
aller Völker nur eine kümmerliche Rolle spielt, müßte hier seine Quellen pba_221.040
haben. Auf die bekannte, aber gerade wegen ihrer großartigen Einfach-

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bezeichnet wurden, ähnlich wie die Schicksalsempfindungen der Furcht pba_221.002
und des Mitleids, eine reciproke Wirkung aufeinander ausüben, dergestalt, pba_221.003
daß die eine die andere zu berichtigen geeignet ist. Jm Leben wie pba_221.004
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Beleuchtung, in welcher der Gegenstand durch die geschickte Komposition pba_221.011
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So wird also der allgemeine Charakter, welcher dieser Art von pba_221.015
Nachahmungen innewohnt, der des Heiteren sein, oder mit dem uns pba_221.016
geläufigeren griechischen Ausdruck bezeichnet, der des Komischen.

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Zur Erzielung dieser Gesamtwirkung wird schlechterdings die Handlung pba_221.018
immer auf die Erregung der beiden Grundempfindungen des Wohlgefälligen pba_221.019
und Lächerlichen zugleich eingerichtet sein müssen: eine Darlegung, pba_221.020
welche ausschließlich und fortdauernd nur die eine hervorbringt, pba_221.021
wird notwendig einseitig und ermüdend sein. Doch kann das Mischungsverhältnis pba_221.022
sehr verschieden sein: die Tierfabel zielt durch die vorzugsweise pba_221.023
Nachahmung des Verkehrten der Handlungsweise hauptsächlich auf pba_221.024
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zur Geltung, das nebenher bei der Verfolgung des Handlungszieles zu pba_221.027
Tage tritt, mag dieses Ziel selbst auch das verkehrteste sein. Die Nachahmung pba_221.028
menschlicher Handlungen, welche hier zunächst sich anschließt, pba_221.029
ist diejenige, bei der die handelnden Personen auf einer niederen Stufe pba_221.030
geistiger und sittlicher Beschränktheit vorgeführt werden, welche sie insofern pba_221.031
dem erhöhten Tiercharakter verwandt erscheinen läßt, als auch bei pba_221.032
ihnen die Voraussetzung höheren Empfindens und sittlicher Verantwortung pba_221.033
absichtlich ferngehalten wird. Von dieser Art mag der dem Homer pba_221.034
zugeschriebene Margites gewesen sein; aus unserer deutschen Litteratur pba_221.035
würde der Eulenspiegel und das Lalenbuch hierher gehören, ebenso pba_221.036
dem Stoffe nach der Pfaffe Amis und der Ahnherr Münchhausens, pba_221.037
der Finkenritter. Das eigentliche komische Epos, welches, pba_221.038
wenn man von dem Roman absieht, in den vorhandenen Litteraturen pba_221.039
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/239>, abgerufen am 23.11.2024.