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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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folgendes hinzu: es ist ein grenzenloses Verdienst unseres alten Kant pba_429.002
um die Welt, und ich darf auch sagen um mich, daß er, in seiner Kritik pba_429.003
der Urteilskraft, Kunst und Natur nebeneinander stellt und beiden pba_429.004
das Recht zugesteht: aus großen Principien zwecklos zu handeln. So pba_429.005
hatte mich Spinoza früher schon in dem Haß gegen die absurden pba_429.006
Endursachen geglaubigt. Natur und Kunst sind zu groß, um auf Zwecke pba_429.007
auszugehen, und haben's auch nicht nötig, denn Bezüge gibt's überall pba_429.008
und Bezüge sind das Leben."

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Diese Briefstellen liefern einen erwünschten Kommentar zu Goethes pba_429.010
Äußerungen über den Gegenstand in seinem Aufsatz vom Jahr 1826 pba_429.011
"Nachlese zu Aristoteles' Poetik". Er übersetzt darin die Schlußworte pba_429.012
der Definition, bekanntlich mit einer starken Versündigung gegen die pba_429.013
griechische Sprache, so daß er, statt zu sagen, daß die Tragödie "durch pba_429.014
Mitleid und Furcht die Katharsis bewirke", setzt: "daß sie nach einem pba_429.015
Verlauf
von Mitleid und Furcht (dia also gewissermaßen = durch pba_429.016
dieselben hindurch) mit Ausgleichung solcher Leidenschaften pba_429.017
ihr Geschäft abschließt.
" Von jenem Jrrtum abgesehen, liegt der pba_429.018
Schwerpunkt seiner Auffassung in den letzten Worten: also in dem Eintreten pba_429.019
für die unmittelbare, ästhetische "Wirkung an und für pba_429.020
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einer Art der Kunstübung als ein notwendig anhaftendes Attribut pba_429.023
zuzuerkennen vermag. "Keine Kunst vermag auf Moralität zu wirken, pba_429.024
und immer ist es falsch, wenn man solche Leistungen von ihnen verlangt. pba_429.025
Philosophie und Religion vermögen dies allein; Pietät und pba_429.026
Pflicht müssen aufgeregt werden, und solche Erweckungen werden die pba_429.027
Künste nur zufällig veranlassen." Nur diese tendenziöse Wirkung pba_429.028
ist es, deren Forderung er von der Tragödie abwehrt, wenn er seiner pba_429.029
Übersetzung die Erläuterung hinzufügt: "Wie konnte Aristoteles in pba_429.030
seiner jederzeit auf den Gegenstand hinweisenden Art,
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er ganz eigentlich von der Konstruktion des Trauerspiels redet, an pba_429.032
die Wirkung und, was mehr ist, an die entfernte Wirkung denken, pba_429.033
welche eine Tragödie auf den Zuschauer vielleicht machen würde? pba_429.034
Keineswegs! Er spricht ganz klar und richtig aus: wenn sie durch einen pba_429.035
Verlauf von Mitleid und Furcht erregenden Mitteln durchgegangen, so pba_429.036
müsse sie mit Ausgleichung, mit Versöhnung solcher Leidenschaften pba_429.037
zuletzt auf dem Theater ihre Arbeit abschließen.
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Unzweifelhaft also verlangt auch Goethe nicht allein eine "Wirkung pba_429.039
der Tragödie auf den Zuschauer
", sondern er setzt auch, ganz wie pba_429.040
Aristoteles, als das Ziel dieser Wirkung die Katharsis, "diese aus-

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folgendes hinzu: es ist ein grenzenloses Verdienst unseres alten Kant pba_429.002
um die Welt, und ich darf auch sagen um mich, daß er, in seiner Kritik pba_429.003
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Endursachen geglaubigt. Natur und Kunst sind zu groß, um auf Zwecke pba_429.007
auszugehen, und haben's auch nicht nötig, denn Bezüge gibt's überall pba_429.008
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Diese Briefstellen liefern einen erwünschten Kommentar zu Goethes pba_429.010
Äußerungen über den Gegenstand in seinem Aufsatz vom Jahr 1826 pba_429.011
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/447>, abgerufen am 22.11.2024.