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Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887.

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den Vögeln zum schmählichen Raube zu lassen: aber für ein ruhig besonnenes pba_483.002
Handeln stand ihr der Weg offen, nur freilich daß solche pba_483.003
ruhige Besonnenheit von der in gerechtem Zorn leidenschaftlich Entflammten, pba_483.004
vom härtesten Unglück unablässig Verfolgten nicht erwartet, pba_483.005
noch weniger verlangt werden kann! Der eigene Sohn des Gegners, pba_483.006
die gesamte Bürgerschaft, der gerade in diesem Falle übermächtige Einfluß pba_483.007
der Priesterschaft, des göttlich verehrten Sehers, alle diese Bundesgenossen pba_483.008
stehen ihr zur Seite; und was das Ansehen des Teiresias vermag, pba_483.009
zeigt gleich die folgende Scene. Auch in dieser Hinsicht findet pba_483.010
sich das Urteil des Chors über das Verhalten der Antigone klar und pba_483.011
bestimmt ausgesprochen, wenn nur die feinabgewogenen Worte richtig pba_483.012
gefaßt werden (V. 871-875):

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sebein men eusebeia tis, pba_483.014
kratos d' oto kratos melei pba_483.015
parabaton oudama pelei, pba_483.016
se d' autrgnotos oles' orga. pba_483.017
Schön ist's zu üben frommen Sinn, pba_483.018
Doch des Gewalt dem Gewalt gebührt pba_483.019
Verachten, nimmer ist's wohlgethan, pba_483.020
Dich trieb der Zorn ins offene Unglück.

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Es ist der "hohe und rasche Sinn", der sie unbekümmert von pba_483.022
Furcht, ohne Zaudern, ja mit leidenschaftlicher Begier nach der Gefahr pba_483.023
den kürzesten, aber verderblichsten Weg wählen läßt. Derselbe Sinn ist pba_483.024
es dann, der, da die schlimmen Folgen ihrer That sich schnell vollziehen, pba_483.025
sie, wie einst ihren Vater, an den Göttern verzweifeln läßt. Jn solcher pba_483.026
Verzweiflung gibt sie sich selbst den Tod und vereitelt somit eben pba_483.027
durch die verhängnisvolle Hamartie, die ihr Stammeserbteil ist, die pba_483.028
vom Geschick ihr zugedachte Rettung. Auch hier ist die entscheidende pba_483.029
Apostrophe der Antigone wieder durch die herkömmliche Jnterpretation pba_483.030
abgeschwächt, namentlich wird die schneidende Jronie, mit der sie das pba_483.031
ihr zur Last gelegte Verschulden dem ihr zugefügten Unrecht vergleicht, pba_483.032
in das Gegenteil verkehrt (V. 922-928):

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ti khre me ten dustenon es theous eti pba_483.034
blepein; tin' audan xummakhon; epei ge de pba_483.035
ten dussebeian eusebous' ektesamen. pba_483.036
all' ei men oun tad' estin en theois kala, pba_483.037
pathontes \an xuggnoimen emartekotes; pba_483.038
ei d' oid' amartanousi, me pleio kaka pba_483.039
pathoien \e kai drosin ekdikos eme. pba_483.040
Wie soll ich Unglücksel'ge zu den Göttern noch pba_483.041
Den Blick erheben? Wo um Hülfe flehn? wenn ich

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den Vögeln zum schmählichen Raube zu lassen: aber für ein ruhig besonnenes pba_483.002
Handeln stand ihr der Weg offen, nur freilich daß solche pba_483.003
ruhige Besonnenheit von der in gerechtem Zorn leidenschaftlich Entflammten, pba_483.004
vom härtesten Unglück unablässig Verfolgten nicht erwartet, pba_483.005
noch weniger verlangt werden kann! Der eigene Sohn des Gegners, pba_483.006
die gesamte Bürgerschaft, der gerade in diesem Falle übermächtige Einfluß pba_483.007
der Priesterschaft, des göttlich verehrten Sehers, alle diese Bundesgenossen pba_483.008
stehen ihr zur Seite; und was das Ansehen des Teiresias vermag, pba_483.009
zeigt gleich die folgende Scene. Auch in dieser Hinsicht findet pba_483.010
sich das Urteil des Chors über das Verhalten der Antigone klar und pba_483.011
bestimmt ausgesprochen, wenn nur die feinabgewogenen Worte richtig pba_483.012
gefaßt werden (V. 871–875):

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σέβειν μὲν εὐσέβειά τις, pba_483.014
κράτος δ' ὅτῳ κράτος μέλει pba_483.015
παραβατὸν οὐδαμᾷ πέλει, pba_483.016
σὲ δ' αὐτρ́γνωτος ὤλεσ' ὀργά. pba_483.017
Schön ist's zu üben frommen Sinn, pba_483.018
Doch des Gewalt dem Gewalt gebührt pba_483.019
Verachten, nimmer ist's wohlgethan, pba_483.020
Dich trieb der Zorn ins offene Unglück.

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Es ist der „hohe und rasche Sinn“, der sie unbekümmert von pba_483.022
Furcht, ohne Zaudern, ja mit leidenschaftlicher Begier nach der Gefahr pba_483.023
den kürzesten, aber verderblichsten Weg wählen läßt. Derselbe Sinn ist pba_483.024
es dann, der, da die schlimmen Folgen ihrer That sich schnell vollziehen, pba_483.025
sie, wie einst ihren Vater, an den Göttern verzweifeln läßt. Jn solcher pba_483.026
Verzweiflung gibt sie sich selbst den Tod und vereitelt somit eben pba_483.027
durch die verhängnisvolle Hamartie, die ihr Stammeserbteil ist, die pba_483.028
vom Geschick ihr zugedachte Rettung. Auch hier ist die entscheidende pba_483.029
Apostrophe der Antigone wieder durch die herkömmliche Jnterpretation pba_483.030
abgeschwächt, namentlich wird die schneidende Jronie, mit der sie das pba_483.031
ihr zur Last gelegte Verschulden dem ihr zugefügten Unrecht vergleicht, pba_483.032
in das Gegenteil verkehrt (V. 922–928):

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τί χρή με τὴν δύςτηνον ἐς θεοὺς ἔτι pba_483.034
βλέπειν; τίν' αὐδᾶν ξυμμάχων; ἐπεί γε δὴ pba_483.035
τήν δυσσέβειαν εὐσεβοῦσ' ἐκτησάμην. pba_483.036
ἀλλ' εἰ μὲν οὖν τάδ' ἐστὶν ἐν θεοῖς καλά, pba_483.037
παθόντες \̓αν ξυγγνοῖμεν ἡμαρτηκότες· pba_483.038
εἰ δ' οἵδ' ἁμαρτάνουσι, μὴ πλείω κακὰ pba_483.039
πάθοιεν \̓η καὶ δρῶσιν ἐκδίκως ἐμέ. pba_483.040
Wie soll ich Unglücksel'ge zu den Göttern noch pba_483.041
Den Blick erheben? Wo um Hülfe flehn? wenn ich
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Zitationshilfe: Baumgart, Hermann: Handbuch der Poetik. Eine kritisch-theoretische Darstellung der Theorie der Dichtkunst. Stuttgart, 1887, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumgart_poetik_1887/501>, abgerufen am 22.11.2024.