1) Zur Bestimmung des Streichens braucht man den Markscheidecompaß und den Gruben- (Hand- oder Taschen-) Compaß. Dieser unterscheidet sich von jenem blos durch seine äußere Form einer großen Taschenuhr, während jener in einem Bügel hängt. Man unterscheidet daher bei Ersterem das Hänge- zeug (Compaß sammt Bügel) und den Zulegecompaß (die Ver- packungsschachtel). Die Magnetnadel ist wie in jedem Compasse angebracht und kann vermittelst eines Zäpfchens und Stängchens (Arretirung) angehalten werden. Der Limbus zerfällt rechter Hand von Süden gegen Norden, und linker Hand von Norden gegen Süden, jedesmal also zur Hälfte, in 12 gleiche Theile, so daß sowohl bei Nord als auch bei Süd 12 steht, und von einer gleich- namigen Ziffer zur andern immer ein Durchmesser gezogen werden kann. Zur linken Hand vom Norden liegt Ost, und zur rechten Hand West, also beides am verkehrten Orte und mit 6 bezeichnet1). Um das Streichen nun zu erfahren, legt man die gemalte Nord- linie des Compasses, den Südpunkt am nächsten beim Beobachter, parallel mit der Streichungslinie auf. Nun setzt sich die Magnet- nadel in die natürliche Nordlinie und zeigt so (nicht die Him- melsgegend, sondern) die Stunde des Streichens an 2).
2) Zur Bestimmung des Fallens bedient man sich des Grad- bogens, d. h. einer von Messingblech federhart geschlagenen, leichten, nicht zu breiten, ringförmigen Scheibe mit eingegrabenen concentrischen Halbkreislinien, die von einem Halbmesser in zwei Quadranten getheilt ist, deren jeder vom Peripheriepunkte des Halbmessers an in 90 Grade getheilt ist. Am Centrum, welches auf einem die beiden 90ten Grade verbindenden Messingbande liegt, ist ein Seidenfaden oder ein Menschenhaar befestigt, das mit einem Lothe beschwert ist und über den Gradbogen herabhängt. Der Neigungswinkel wird durch das Aufsetzen des Gradbogens auf das Gestein gefunden, wenn die Lothschnur einen Grad bezeichnet. Oft kann man aber nicht zur gehörigen Fläche hinreichen, deshalb sind bei den beiden Endpunkten des Durchmessers Haken angebracht, vermittelst welcher man das Instrument an eine ausgespannte Schnur oder einen Stab, die man als Fortsetzung der Falllinie an das Gestein festhält, so hängen kann, daß die Lothschnur doch ihre Anzeige macht, ohne daß man den Gradbogen unmittelbar auf das Gestein aufgesetzt hat.3).
1) Dies ist nicht widersinnig, weil, wenn man von Süd aus zählt, man die eigentliche Richtung nach der Himmelsgegend finden und die nämliche Ziffer antref- fen wird.
2) An sich aber zeigt doch eigentlich die gemalte Nordlinie das Streichen an.
3)Brard Grundriß. S. 388-394. Karsten Archiv. XVI. S. 61.
1) Zur Beſtimmung des Streichens braucht man den Markſcheidecompaß und den Gruben- (Hand- oder Taſchen-) Compaß. Dieſer unterſcheidet ſich von jenem blos durch ſeine äußere Form einer großen Taſchenuhr, während jener in einem Bügel hängt. Man unterſcheidet daher bei Erſterem das Hänge- zeug (Compaß ſammt Bügel) und den Zulegecompaß (die Ver- packungsſchachtel). Die Magnetnadel iſt wie in jedem Compaſſe angebracht und kann vermittelſt eines Zäpfchens und Stängchens (Arretirung) angehalten werden. Der Limbus zerfällt rechter Hand von Süden gegen Norden, und linker Hand von Norden gegen Süden, jedesmal alſo zur Hälfte, in 12 gleiche Theile, ſo daß ſowohl bei Nord als auch bei Süd 12 ſteht, und von einer gleich- namigen Ziffer zur andern immer ein Durchmeſſer gezogen werden kann. Zur linken Hand vom Norden liegt Oſt, und zur rechten Hand Weſt, alſo beides am verkehrten Orte und mit 6 bezeichnet1). Um das Streichen nun zu erfahren, legt man die gemalte Nord- linie des Compaſſes, den Südpunkt am nächſten beim Beobachter, parallel mit der Streichungslinie auf. Nun ſetzt ſich die Magnet- nadel in die natürliche Nordlinie und zeigt ſo (nicht die Him- melsgegend, ſondern) die Stunde des Streichens an 2).
2) Zur Beſtimmung des Fallens bedient man ſich des Grad- bogens, d. h. einer von Meſſingblech federhart geſchlagenen, leichten, nicht zu breiten, ringförmigen Scheibe mit eingegrabenen concentriſchen Halbkreislinien, die von einem Halbmeſſer in zwei Quadranten getheilt iſt, deren jeder vom Peripheriepunkte des Halbmeſſers an in 90 Grade getheilt iſt. Am Centrum, welches auf einem die beiden 90ten Grade verbindenden Meſſingbande liegt, iſt ein Seidenfaden oder ein Menſchenhaar befeſtigt, das mit einem Lothe beſchwert iſt und über den Gradbogen herabhängt. Der Neigungswinkel wird durch das Aufſetzen des Gradbogens auf das Geſtein gefunden, wenn die Lothſchnur einen Grad bezeichnet. Oft kann man aber nicht zur gehörigen Fläche hinreichen, deshalb ſind bei den beiden Endpunkten des Durchmeſſers Haken angebracht, vermittelſt welcher man das Inſtrument an eine ausgeſpannte Schnur oder einen Stab, die man als Fortſetzung der Falllinie an das Geſtein feſthält, ſo hängen kann, daß die Lothſchnur doch ihre Anzeige macht, ohne daß man den Gradbogen unmittelbar auf das Geſtein aufgeſetzt hat.3).
1) Dies iſt nicht widerſinnig, weil, wenn man von Süd aus zählt, man die eigentliche Richtung nach der Himmelsgegend finden und die nämliche Ziffer antref- fen wird.
2) An ſich aber zeigt doch eigentlich die gemalte Nordlinie das Streichen an.
3)Brard Grundriß. S. 388–394. Karſten Archiv. XVI. S. 61.
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1) Zur Beſtimmung des Streichens braucht man den
Markſcheidecompaß und den Gruben- (Hand- oder Taſchen-)
Compaß. Dieſer unterſcheidet ſich von jenem blos durch ſeine
äußere Form einer großen Taſchenuhr, während jener in einem
Bügel hängt. Man unterſcheidet daher bei Erſterem das Hänge-
zeug (Compaß ſammt Bügel) und den Zulegecompaß (die Ver-
packungsſchachtel). Die Magnetnadel iſt wie in jedem Compaſſe
angebracht und kann vermittelſt eines Zäpfchens und Stängchens
(Arretirung) angehalten werden. Der Limbus zerfällt rechter Hand
von Süden gegen Norden, und linker Hand von Norden gegen
Süden, jedesmal alſo zur Hälfte, in 12 gleiche Theile, ſo daß
ſowohl bei Nord als auch bei Süd 12 ſteht, und von einer gleich-
namigen Ziffer zur andern immer ein Durchmeſſer gezogen werden
kann. Zur linken Hand vom Norden liegt Oſt, und zur rechten
Hand Weſt, alſo beides am verkehrten Orte und mit 6 bezeichnet1).
Um das Streichen nun zu erfahren, legt man die gemalte Nord-
linie des Compaſſes, den Südpunkt am nächſten beim Beobachter,
parallel mit der Streichungslinie auf. Nun ſetzt ſich die Magnet-
nadel in die natürliche Nordlinie und zeigt ſo (nicht die Him-
melsgegend, ſondern) die Stunde des Streichens an 2).
2) Zur Beſtimmung des Fallens bedient man ſich des Grad-
bogens, d. h. einer von Meſſingblech federhart geſchlagenen,
leichten, nicht zu breiten, ringförmigen Scheibe mit eingegrabenen
concentriſchen Halbkreislinien, die von einem Halbmeſſer in zwei
Quadranten getheilt iſt, deren jeder vom Peripheriepunkte des
Halbmeſſers an in 90 Grade getheilt iſt. Am Centrum, welches
auf einem die beiden 90ten Grade verbindenden Meſſingbande liegt,
iſt ein Seidenfaden oder ein Menſchenhaar befeſtigt, das mit einem
Lothe beſchwert iſt und über den Gradbogen herabhängt. Der
Neigungswinkel wird durch das Aufſetzen des Gradbogens auf das
Geſtein gefunden, wenn die Lothſchnur einen Grad bezeichnet. Oft
kann man aber nicht zur gehörigen Fläche hinreichen, deshalb ſind
bei den beiden Endpunkten des Durchmeſſers Haken angebracht,
vermittelſt welcher man das Inſtrument an eine ausgeſpannte
Schnur oder einen Stab, die man als Fortſetzung der Falllinie
an das Geſtein feſthält, ſo hängen kann, daß die Lothſchnur doch
ihre Anzeige macht, ohne daß man den Gradbogen unmittelbar auf
das Geſtein aufgeſetzt hat.3).
¹⁾ Dies iſt nicht widerſinnig, weil, wenn man von Süd aus zählt, man die
eigentliche Richtung nach der Himmelsgegend finden und die nämliche Ziffer antref-
fen wird.
²⁾ An ſich aber zeigt doch eigentlich die gemalte Nordlinie das Streichen an.
³⁾ Brard Grundriß. S. 388–394. Karſten Archiv. XVI. S. 61.
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/136>, abgerufen am 25.11.2024.
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