Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

haben, die gute Wirkung einer solchen Behandlung der Wissenschaft
kennen gelernt habe, und ich möchte hier, wenn meine unbedeu-
tende Stimme nicht verhallen würde, die akademischen Lehrer dar-
auf aufmerksam machen.

Ich glaube hierdurch gegen Vorwürfe in dieser Hinsicht selbst
gerüstet zu sein, wenn man in meiner Schrift auch blos eine Er-
weiterung des Systems eines Andern fände. Jedenfalls mache ich
den Anspruch auf die Meinung von mir, daß ich dieses Buch nicht
aus Mangel an Fleiß und Studien geschrieben habe und als Deck-
mantel der Oberflächlichkeit in die Welt schicke. Allein eine nähere
Betrachtung -- so hoffe ich -- dürfte vielleicht der gelehrten
Welt zeigen, daß das System nicht entlehnt ist, obschon ich, was
von den Vorgängern in der Systematisirung seit Aristoteles Tüch-
tiges geleistet wurde, mit Dankbarkeit benutzt habe. Ich glaubte
nämlich in der Begründung des wissenschaftlichen Zusammenhangs
der Kameralfächer noch manche und bedeutende Lücken zu sehen,
und denke nicht im Irrthume zu sein, wenn ich zu ihrer Aus-
füllung etwas beigetragen zu haben meine; denn es ist bemerklich,
daß durch das ganze System nur ein Grundtypus von Krystalli-
sation, wenn ich mich so ausdrücken darf, geht, ohne daß Zwang
zu verspüren ist. Die Systeme sämmtlicher einzelnen Wissenschaften
sind umgearbeitet, nur jenes der Landwirthschaftslehre am wenigsten.
Allein wer wird sich im Ernste auf Systematisirung etwas einbil-
den? -- Ich wenigstens gar nichts, wenn auch Einer oder der
Andere meiner Leser daraus Nutzen ziehen dürfte.

Dagegen aber darf ich wohl, ohne in den Verdacht zu kommen,
mich mit den Düften des Eigenlobes umwölken zu wollen, beson-
ders darauf aufmerksam machen, daß ich die Wirthschaft der Ge-
meinden as ein Mittelglied in die Kameralwissenschaft eingereiht
und auf eine feste Basis zu stellen gestrebt habe, was, so weit
meine Kenntniß reicht, noch Niemand vor mir gethan hat. Ebenso
sei es mir gestattet, noch besonders herauszuheben, daß ich eine
nicht unbeträchtliche Zahl von allgemein wirthschaftlichen, national-
öconomischen und finanziellen Lehren einer Revision unterwarf.
Durch Beides möchte ich bezeugen, daß ich auch das Materielle der
Wissenschaft zu fördern strebte. Jedoch besonders Noth thut dem
politischen Theile unserer Wissenschaft eine historische Grundlage;
denn sie wird ohne diese auf die gefährlichsten Abwege gerathen.
Ich meine hiermit nicht, daß bei jeder Doctrin der Finanzwissen-
schaft mit Jahrzahlen und kalten statistischen Daten eine magere
geschichtliche Einleitung gegeben, sondern die ganze öffentliche
Wirthschaftslehre in ihrem Zusammenhange auf historische Grund-
lagen, anstatt auf bloße Dogmatik, gestellt und als ein Ergebniß

haben, die gute Wirkung einer ſolchen Behandlung der Wiſſenſchaft
kennen gelernt habe, und ich möchte hier, wenn meine unbedeu-
tende Stimme nicht verhallen würde, die akademiſchen Lehrer dar-
auf aufmerkſam machen.

Ich glaube hierdurch gegen Vorwürfe in dieſer Hinſicht ſelbſt
gerüſtet zu ſein, wenn man in meiner Schrift auch blos eine Er-
weiterung des Syſtems eines Andern fände. Jedenfalls mache ich
den Anſpruch auf die Meinung von mir, daß ich dieſes Buch nicht
aus Mangel an Fleiß und Studien geſchrieben habe und als Deck-
mantel der Oberflächlichkeit in die Welt ſchicke. Allein eine nähere
Betrachtung — ſo hoffe ich — dürfte vielleicht der gelehrten
Welt zeigen, daß das Syſtem nicht entlehnt iſt, obſchon ich, was
von den Vorgängern in der Syſtematiſirung ſeit Ariſtoteles Tüch-
tiges geleiſtet wurde, mit Dankbarkeit benutzt habe. Ich glaubte
nämlich in der Begründung des wiſſenſchaftlichen Zuſammenhangs
der Kameralfächer noch manche und bedeutende Lücken zu ſehen,
und denke nicht im Irrthume zu ſein, wenn ich zu ihrer Aus-
füllung etwas beigetragen zu haben meine; denn es iſt bemerklich,
daß durch das ganze Syſtem nur ein Grundtypus von Kryſtalli-
ſation, wenn ich mich ſo ausdrücken darf, geht, ohne daß Zwang
zu verſpüren iſt. Die Syſteme ſämmtlicher einzelnen Wiſſenſchaften
ſind umgearbeitet, nur jenes der Landwirthſchaftslehre am wenigſten.
Allein wer wird ſich im Ernſte auf Syſtematiſirung etwas einbil-
den? — Ich wenigſtens gar nichts, wenn auch Einer oder der
Andere meiner Leſer daraus Nutzen ziehen dürfte.

Dagegen aber darf ich wohl, ohne in den Verdacht zu kommen,
mich mit den Düften des Eigenlobes umwölken zu wollen, beſon-
ders darauf aufmerkſam machen, daß ich die Wirthſchaft der Ge-
meinden as ein Mittelglied in die Kameralwiſſenſchaft eingereiht
und auf eine feſte Baſis zu ſtellen geſtrebt habe, was, ſo weit
meine Kenntniß reicht, noch Niemand vor mir gethan hat. Ebenſo
ſei es mir geſtattet, noch beſonders herauszuheben, daß ich eine
nicht unbeträchtliche Zahl von allgemein wirthſchaftlichen, national-
öconomiſchen und finanziellen Lehren einer Reviſion unterwarf.
Durch Beides möchte ich bezeugen, daß ich auch das Materielle der
Wiſſenſchaft zu fördern ſtrebte. Jedoch beſonders Noth thut dem
politiſchen Theile unſerer Wiſſenſchaft eine hiſtoriſche Grundlage;
denn ſie wird ohne dieſe auf die gefährlichſten Abwege gerathen.
Ich meine hiermit nicht, daß bei jeder Doctrin der Finanzwiſſen-
ſchaft mit Jahrzahlen und kalten ſtatiſtiſchen Daten eine magere
geſchichtliche Einleitung gegeben, ſondern die ganze öffentliche
Wirthſchaftslehre in ihrem Zuſammenhange auf hiſtoriſche Grund-
lagen, anſtatt auf bloße Dogmatik, geſtellt und als ein Ergebniß

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="VIII"/>
haben, die gute Wirkung einer &#x017F;olchen Behandlung der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft<lb/>
kennen gelernt habe, und ich möchte hier, wenn meine unbedeu-<lb/>
tende Stimme nicht verhallen würde, die akademi&#x017F;chen Lehrer dar-<lb/>
auf aufmerk&#x017F;am machen.</p><lb/>
        <p>Ich glaube hierdurch gegen Vorwürfe in die&#x017F;er Hin&#x017F;icht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
gerü&#x017F;tet zu &#x017F;ein, wenn man in meiner Schrift auch blos eine Er-<lb/>
weiterung des Sy&#x017F;tems eines Andern fände. Jedenfalls mache ich<lb/>
den An&#x017F;pruch auf die Meinung von mir, daß ich die&#x017F;es Buch nicht<lb/>
aus Mangel an Fleiß und Studien ge&#x017F;chrieben habe und als Deck-<lb/>
mantel der Oberflächlichkeit in die Welt &#x017F;chicke. Allein eine nähere<lb/>
Betrachtung &#x2014; &#x017F;o hoffe ich &#x2014; dürfte vielleicht der gelehrten<lb/>
Welt zeigen, daß das Sy&#x017F;tem nicht entlehnt i&#x017F;t, ob&#x017F;chon ich, was<lb/>
von den Vorgängern in der Sy&#x017F;temati&#x017F;irung &#x017F;eit Ari&#x017F;toteles Tüch-<lb/>
tiges gelei&#x017F;tet wurde, mit Dankbarkeit benutzt habe. Ich glaubte<lb/>
nämlich in der Begründung des wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Zu&#x017F;ammenhangs<lb/>
der Kameralfächer noch manche und bedeutende Lücken zu &#x017F;ehen,<lb/>
und denke nicht im Irrthume zu &#x017F;ein, wenn ich zu ihrer Aus-<lb/>
füllung etwas beigetragen zu haben meine; denn es i&#x017F;t bemerklich,<lb/>
daß durch das ganze Sy&#x017F;tem nur <hi rendition="#g">ein</hi> Grundtypus von Kry&#x017F;talli-<lb/>
&#x017F;ation, wenn ich mich &#x017F;o ausdrücken darf, geht, ohne daß Zwang<lb/>
zu ver&#x017F;püren i&#x017F;t. Die Sy&#x017F;teme &#x017F;ämmtlicher einzelnen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften<lb/>
&#x017F;ind umgearbeitet, nur jenes der Landwirth&#x017F;chaftslehre am wenig&#x017F;ten.<lb/>
Allein wer wird &#x017F;ich im Ern&#x017F;te auf Sy&#x017F;temati&#x017F;irung etwas einbil-<lb/>
den? &#x2014; Ich wenig&#x017F;tens gar nichts, wenn auch Einer oder der<lb/>
Andere meiner Le&#x017F;er daraus Nutzen ziehen dürfte.</p><lb/>
        <p>Dagegen aber darf ich wohl, ohne in den Verdacht zu kommen,<lb/>
mich mit den Düften des Eigenlobes umwölken zu wollen, be&#x017F;on-<lb/>
ders darauf aufmerk&#x017F;am machen, daß ich die Wirth&#x017F;chaft der Ge-<lb/>
meinden as ein Mittelglied in die Kameralwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft eingereiht<lb/>
und auf eine fe&#x017F;te Ba&#x017F;is zu &#x017F;tellen ge&#x017F;trebt habe, was, &#x017F;o weit<lb/>
meine Kenntniß reicht, noch Niemand vor mir gethan hat. Eben&#x017F;o<lb/>
&#x017F;ei es mir ge&#x017F;tattet, noch be&#x017F;onders herauszuheben, daß ich eine<lb/>
nicht unbeträchtliche Zahl von allgemein wirth&#x017F;chaftlichen, national-<lb/>
öconomi&#x017F;chen und finanziellen Lehren einer Revi&#x017F;ion unterwarf.<lb/>
Durch Beides möchte ich bezeugen, daß ich auch das Materielle der<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft zu fördern &#x017F;trebte. Jedoch be&#x017F;onders Noth thut dem<lb/>
politi&#x017F;chen Theile un&#x017F;erer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft eine hi&#x017F;tori&#x017F;che Grundlage;<lb/>
denn &#x017F;ie wird ohne die&#x017F;e auf die gefährlich&#x017F;ten Abwege gerathen.<lb/>
Ich meine hiermit nicht, daß bei jeder Doctrin der Finanzwi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaft mit Jahrzahlen und kalten &#x017F;tati&#x017F;ti&#x017F;chen Daten eine magere<lb/>
ge&#x017F;chichtliche Einleitung gegeben, &#x017F;ondern die ganze öffentliche<lb/>
Wirth&#x017F;chaftslehre in ihrem Zu&#x017F;ammenhange auf hi&#x017F;tori&#x017F;che Grund-<lb/>
lagen, an&#x017F;tatt auf bloße Dogmatik, ge&#x017F;tellt und als ein Ergebniß<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[VIII/0014] haben, die gute Wirkung einer ſolchen Behandlung der Wiſſenſchaft kennen gelernt habe, und ich möchte hier, wenn meine unbedeu- tende Stimme nicht verhallen würde, die akademiſchen Lehrer dar- auf aufmerkſam machen. Ich glaube hierdurch gegen Vorwürfe in dieſer Hinſicht ſelbſt gerüſtet zu ſein, wenn man in meiner Schrift auch blos eine Er- weiterung des Syſtems eines Andern fände. Jedenfalls mache ich den Anſpruch auf die Meinung von mir, daß ich dieſes Buch nicht aus Mangel an Fleiß und Studien geſchrieben habe und als Deck- mantel der Oberflächlichkeit in die Welt ſchicke. Allein eine nähere Betrachtung — ſo hoffe ich — dürfte vielleicht der gelehrten Welt zeigen, daß das Syſtem nicht entlehnt iſt, obſchon ich, was von den Vorgängern in der Syſtematiſirung ſeit Ariſtoteles Tüch- tiges geleiſtet wurde, mit Dankbarkeit benutzt habe. Ich glaubte nämlich in der Begründung des wiſſenſchaftlichen Zuſammenhangs der Kameralfächer noch manche und bedeutende Lücken zu ſehen, und denke nicht im Irrthume zu ſein, wenn ich zu ihrer Aus- füllung etwas beigetragen zu haben meine; denn es iſt bemerklich, daß durch das ganze Syſtem nur ein Grundtypus von Kryſtalli- ſation, wenn ich mich ſo ausdrücken darf, geht, ohne daß Zwang zu verſpüren iſt. Die Syſteme ſämmtlicher einzelnen Wiſſenſchaften ſind umgearbeitet, nur jenes der Landwirthſchaftslehre am wenigſten. Allein wer wird ſich im Ernſte auf Syſtematiſirung etwas einbil- den? — Ich wenigſtens gar nichts, wenn auch Einer oder der Andere meiner Leſer daraus Nutzen ziehen dürfte. Dagegen aber darf ich wohl, ohne in den Verdacht zu kommen, mich mit den Düften des Eigenlobes umwölken zu wollen, beſon- ders darauf aufmerkſam machen, daß ich die Wirthſchaft der Ge- meinden as ein Mittelglied in die Kameralwiſſenſchaft eingereiht und auf eine feſte Baſis zu ſtellen geſtrebt habe, was, ſo weit meine Kenntniß reicht, noch Niemand vor mir gethan hat. Ebenſo ſei es mir geſtattet, noch beſonders herauszuheben, daß ich eine nicht unbeträchtliche Zahl von allgemein wirthſchaftlichen, national- öconomiſchen und finanziellen Lehren einer Reviſion unterwarf. Durch Beides möchte ich bezeugen, daß ich auch das Materielle der Wiſſenſchaft zu fördern ſtrebte. Jedoch beſonders Noth thut dem politiſchen Theile unſerer Wiſſenſchaft eine hiſtoriſche Grundlage; denn ſie wird ohne dieſe auf die gefährlichſten Abwege gerathen. Ich meine hiermit nicht, daß bei jeder Doctrin der Finanzwiſſen- ſchaft mit Jahrzahlen und kalten ſtatiſtiſchen Daten eine magere geſchichtliche Einleitung gegeben, ſondern die ganze öffentliche Wirthſchaftslehre in ihrem Zuſammenhange auf hiſtoriſche Grund- lagen, anſtatt auf bloße Dogmatik, geſtellt und als ein Ergebniß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/14
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. VIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/14>, abgerufen am 21.11.2024.