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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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a) Entweder allein, d. h. sind Eigenlehner. In diesem
Falle muß der Eigenlehner, nachdem er durch die bekannten Mittel
vom Vorhandensein einer bauwürdigen Lagerstätte überzeugt ist,
in kurzer Frist nach der Entdeckung derselben bei der Regirung
um die Erlaubniß zu einer Grubenanlage nachsuchen. Dies heißt
man muthen, und die schriftliche Eingabe Muthzettel, die
schriftliche Staatserlaubniß aber Muthschein. Der Raum, auf
welchen sich die Erlaubniß ausdehnt, heißt Zeche und wird im
Muthscheine genau bestimmt. Eine zu kleine Zeche ist unvortheil-
haft, weil sich die Anlage tüchtiger Bauten und Einrichtungen
nicht lohnt.

b) Oder in Gesellschaften, d. h. Gewerkschaften. Bei
diesen gilt auch das unter a. Gesagte. Nur haben sie eine eigen-
thümliche Einrichtung. Sie sind Aktiengesellschaften. Die ganze
gegebene Zeche zerfällt in 128 gleiche Theile, wovon jeder eine
Aktie bildet, die man einen Kux nennt. Es machen 32 solche
Kuxe eine Schicht, die sich auch wieder theilen läßt. Jeder
Kuxinhaber übernimmt als Inhaber eines oder mehrerer Kuxe für
jeden solchen der Kosten und des Wagnisses, dafür aber auch
den sovielten Theil am Gewinnste. Die Kuxe, welche der Landes-
fürst oder Grundeigenthümer frei erhält, heißen Erbkuxe. Vier
Kuxe heißen ein Stamm. Ganz abgesehen davon, wer die Grube
übernimmt, die Organisation des Grubenpersonals ist dieselbe.
Die Aufseher über die bergmännischen Arbeiter (Bergknappen)
heißen Steiger. Von der Wahl der Personen zu diesem Amte
hängt Vieles ab. Sie sehen auf die gehörige Beschäftigung der
Knappen und reichen ihnen das Brenn- und Beleuchtungsmaterial,
so wie die Zimmerung. Die Zeit, wie lange die Knappen täglich
arbeiten müssen, heißt Schicht. Sowohl die Gewerkschaften, als
auch Eigenlehner manchmal, haben einen Verwalter, der Schicht-
meister genannt wird und die Bücher nebst den Rechnungen führt.
Der ganze Betrieb steht aber noch unter Aufsicht und Controle von
Staatsbergbeamten zur Wahrung der Rechte der Eigenlehner
und Gewerkschaften einerseits, und jener der dritten Personen und
der Knappschaft anderseits.

III. Von der Leitung des Betriebes eines Bergwerkes.
§. 123.
1) Versuchsbaue.

Diese Thätigkeit ist die wichtigste des Unternehmers und hat
folgende Hauptzweige:


a) Entweder allein, d. h. ſind Eigenlehner. In dieſem
Falle muß der Eigenlehner, nachdem er durch die bekannten Mittel
vom Vorhandenſein einer bauwürdigen Lagerſtätte überzeugt iſt,
in kurzer Friſt nach der Entdeckung derſelben bei der Regirung
um die Erlaubniß zu einer Grubenanlage nachſuchen. Dies heißt
man muthen, und die ſchriftliche Eingabe Muthzettel, die
ſchriftliche Staatserlaubniß aber Muthſchein. Der Raum, auf
welchen ſich die Erlaubniß ausdehnt, heißt Zeche und wird im
Muthſcheine genau beſtimmt. Eine zu kleine Zeche iſt unvortheil-
haft, weil ſich die Anlage tüchtiger Bauten und Einrichtungen
nicht lohnt.

b) Oder in Geſellſchaften, d. h. Gewerkſchaften. Bei
dieſen gilt auch das unter a. Geſagte. Nur haben ſie eine eigen-
thümliche Einrichtung. Sie ſind Aktiengeſellſchaften. Die ganze
gegebene Zeche zerfällt in 128 gleiche Theile, wovon jeder eine
Aktie bildet, die man einen Kux nennt. Es machen 32 ſolche
Kuxe eine Schicht, die ſich auch wieder theilen läßt. Jeder
Kuxinhaber übernimmt als Inhaber eines oder mehrerer Kuxe für
jeden ſolchen der Koſten und des Wagniſſes, dafür aber auch
den ſovielten Theil am Gewinnſte. Die Kuxe, welche der Landes-
fürſt oder Grundeigenthümer frei erhält, heißen Erbkuxe. Vier
Kuxe heißen ein Stamm. Ganz abgeſehen davon, wer die Grube
übernimmt, die Organiſation des Grubenperſonals iſt dieſelbe.
Die Aufſeher über die bergmänniſchen Arbeiter (Bergknappen)
heißen Steiger. Von der Wahl der Perſonen zu dieſem Amte
hängt Vieles ab. Sie ſehen auf die gehörige Beſchäftigung der
Knappen und reichen ihnen das Brenn- und Beleuchtungsmaterial,
ſo wie die Zimmerung. Die Zeit, wie lange die Knappen täglich
arbeiten müſſen, heißt Schicht. Sowohl die Gewerkſchaften, als
auch Eigenlehner manchmal, haben einen Verwalter, der Schicht-
meiſter genannt wird und die Bücher nebſt den Rechnungen führt.
Der ganze Betrieb ſteht aber noch unter Aufſicht und Controle von
Staatsbergbeamten zur Wahrung der Rechte der Eigenlehner
und Gewerkſchaften einerſeits, und jener der dritten Perſonen und
der Knappſchaft anderſeits.

III. Von der Leitung des Betriebes eines Bergwerkes.
§. 123.
1) Verſuchsbaue.

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folgende Hauptzweige:


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[152/0174] a) Entweder allein, d. h. ſind Eigenlehner. In dieſem Falle muß der Eigenlehner, nachdem er durch die bekannten Mittel vom Vorhandenſein einer bauwürdigen Lagerſtätte überzeugt iſt, in kurzer Friſt nach der Entdeckung derſelben bei der Regirung um die Erlaubniß zu einer Grubenanlage nachſuchen. Dies heißt man muthen, und die ſchriftliche Eingabe Muthzettel, die ſchriftliche Staatserlaubniß aber Muthſchein. Der Raum, auf welchen ſich die Erlaubniß ausdehnt, heißt Zeche und wird im Muthſcheine genau beſtimmt. Eine zu kleine Zeche iſt unvortheil- haft, weil ſich die Anlage tüchtiger Bauten und Einrichtungen nicht lohnt. b) Oder in Geſellſchaften, d. h. Gewerkſchaften. Bei dieſen gilt auch das unter a. Geſagte. Nur haben ſie eine eigen- thümliche Einrichtung. Sie ſind Aktiengeſellſchaften. Die ganze gegebene Zeche zerfällt in 128 gleiche Theile, wovon jeder eine Aktie bildet, die man einen Kux nennt. Es machen 32 ſolche Kuxe eine Schicht, die ſich auch wieder theilen läßt. Jeder Kuxinhaber übernimmt als Inhaber eines oder mehrerer Kuxe für jeden ſolchen [FORMEL] der Koſten und des Wagniſſes, dafür aber auch den ſovielten Theil am Gewinnſte. Die Kuxe, welche der Landes- fürſt oder Grundeigenthümer frei erhält, heißen Erbkuxe. Vier Kuxe heißen ein Stamm. Ganz abgeſehen davon, wer die Grube übernimmt, die Organiſation des Grubenperſonals iſt dieſelbe. Die Aufſeher über die bergmänniſchen Arbeiter (Bergknappen) heißen Steiger. Von der Wahl der Perſonen zu dieſem Amte hängt Vieles ab. Sie ſehen auf die gehörige Beſchäftigung der Knappen und reichen ihnen das Brenn- und Beleuchtungsmaterial, ſo wie die Zimmerung. Die Zeit, wie lange die Knappen täglich arbeiten müſſen, heißt Schicht. Sowohl die Gewerkſchaften, als auch Eigenlehner manchmal, haben einen Verwalter, der Schicht- meiſter genannt wird und die Bücher nebſt den Rechnungen führt. Der ganze Betrieb ſteht aber noch unter Aufſicht und Controle von Staatsbergbeamten zur Wahrung der Rechte der Eigenlehner und Gewerkſchaften einerſeits, und jener der dritten Perſonen und der Knappſchaft anderſeits. III. Von der Leitung des Betriebes eines Bergwerkes. §. 123. 1) Verſuchsbaue. Dieſe Thätigkeit iſt die wichtigſte des Unternehmers und hat folgende Hauptzweige:

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/174>, abgerufen am 23.11.2024.