vom Ganzen derselben verlangt werden. Ein Zusammenfassen des ganzen Gebietes der Wissenschaft 1) oder einer Wissenschaft 2) hat also an und für sich den wissenschaftlichen Zweck, das Bedürfniß eines Haltpunktes für die Einzelheit und einer Vorbereitung für den Betrieb der ganzen oder einer ganzen Wissenschaft zu befrie- digen. Dieses Zusammenfassen der oder einer Wissenschaft bezeich- man jetzt mit dem Worte Encyclopädie, das griechischen Ursprungs ist, und in die Stammwörter en (in),kuklost(Kreis) und paideia (Unterricht) zerfällt, welches letztere Wort von paist (Knabe) herkommt.
1) Ueber die Encyclopädie der Wissenschaft s. Krug über den Zusammen- hang der Wissenschaften unter sich und mit den höchsten Zwecken der Vernunft. Jena 1795. Krug, Versuch einer neuen Eintheilung der Wissenschaften. Züllichau 1805. Krug, Versuch einer systemat. Encyclopädie der Wissenschaften. 2 Thle. Wittenberg 1796-1797. Eschenburg, Lehrb. der Wissenschaftskunde. 3te Aufl. Berlin 1809. Schaller, Encyclopädie und Methodologie der Wissenschaften. Magdeburg 1812. J. G. Müller, Briefe über das Studium der Wissenschaften, besonders für einen Jüngling politischen Standes. 2te Aufl. Zürich 1817.
2) Daher spricht man von einer theologischen, juristischen, medizinischen, phi- losophischen, staatswissenschaftlichen, kameralistischen Encyclopädie.
§. 3. Begriff und Arten der Encyclopädie.
Dem Worte nach, nämlich wie der Kreis die vollkommenste, von einem Punkte aus entstandene, zusammenhängende, für sich abgeschlossene, gedrängte, mathematische Form ist, bedeutet nun Encyclopädie eine systematische Darstellung eines Wissenschafts- Gebietes, d. h. eine aus einem obersten und ersten allgemeinen Prinzipe abgeleitete, organisch zusammenhängende, für sich abge- schlossene kurze Darstellung aller einzelnen, den Kreis einer Wis- senschaft nach allen Ausdehnungen füllenden, Einzelwissenschaften, als Unterricht für Anfänger in denselben.1) Man theilt sie daher 1) in Betreff des Umfangs von Wissenschaften ein in a)allge- meine Encyclopädie der Wissenschaften (§. 2. Note 1.) und b)be- sondere Encyclopädie einzelner Wissenschaften (§. 2. Note 2.), unter welche also auch die Encyclopädie der Kameralwissen- schaften gehört. Sie ist aber 2) in Betreff der Darstellung und des Gehaltes entweder a)formelle (äußere) Encyclopädie, auch Wissenschaftskunde genannt, wenn sie blos über den Umfang und logischen Zusammenhang einer Wissenschaft unterrichtet und also die Form (das Aeußere) derselben darstellt; oder aber b)materi- elle (innere) Encyclopädie, wenn sie neben und in der logischen Form auch den Gehalt (das Innere) einer Wissenschaft bald hi- storisch, bald dogmatisch, kurz, allgemein und abgerundet lehrt.2)
vom Ganzen derſelben verlangt werden. Ein Zuſammenfaſſen des ganzen Gebietes der Wiſſenſchaft 1) oder einer Wiſſenſchaft 2) hat alſo an und für ſich den wiſſenſchaftlichen Zweck, das Bedürfniß eines Haltpunktes für die Einzelheit und einer Vorbereitung für den Betrieb der ganzen oder einer ganzen Wiſſenſchaft zu befrie- digen. Dieſes Zuſammenfaſſen der oder einer Wiſſenſchaft bezeich- man jetzt mit dem Worte Encyclopädie, das griechiſchen Urſprungs iſt, und in die Stammwörter ἐν (in),κυκλοϛ(Kreis) und παιδεια (Unterricht) zerfällt, welches letztere Wort von παιϛ (Knabe) herkommt.
1) Ueber die Encyclopädie der Wiſſenſchaft ſ. Krug über den Zuſammen- hang der Wiſſenſchaften unter ſich und mit den höchſten Zwecken der Vernunft. Jena 1795. Krug, Verſuch einer neuen Eintheilung der Wiſſenſchaften. Züllichau 1805. Krug, Verſuch einer ſyſtemat. Encyclopädie der Wiſſenſchaften. 2 Thle. Wittenberg 1796–1797. Eſchenburg, Lehrb. der Wiſſenſchaftskunde. 3te Aufl. Berlin 1809. Schaller, Encyclopädie und Methodologie der Wiſſenſchaften. Magdeburg 1812. J. G. Müller, Briefe über das Studium der Wiſſenſchaften, beſonders für einen Jüngling politiſchen Standes. 2te Aufl. Zürich 1817.
2) Daher ſpricht man von einer theologiſchen, juriſtiſchen, mediziniſchen, phi- loſophiſchen, ſtaatswiſſenſchaftlichen, kameraliſtiſchen Encyclopädie.
§. 3. Begriff und Arten der Encyclopädie.
Dem Worte nach, nämlich wie der Kreis die vollkommenſte, von einem Punkte aus entſtandene, zuſammenhängende, für ſich abgeſchloſſene, gedrängte, mathematiſche Form iſt, bedeutet nun Encyclopädie eine ſyſtematiſche Darſtellung eines Wiſſenſchafts- Gebietes, d. h. eine aus einem oberſten und erſten allgemeinen Prinzipe abgeleitete, organiſch zuſammenhängende, für ſich abge- ſchloſſene kurze Darſtellung aller einzelnen, den Kreis einer Wiſ- ſenſchaft nach allen Ausdehnungen füllenden, Einzelwiſſenſchaften, als Unterricht für Anfänger in denſelben.1) Man theilt ſie daher 1) in Betreff des Umfangs von Wiſſenſchaften ein in a)allge- meine Encyclopädie der Wiſſenſchaften (§. 2. Note 1.) und b)be- ſondere Encyclopädie einzelner Wiſſenſchaften (§. 2. Note 2.), unter welche alſo auch die Encyclopädie der Kameralwiſſen- ſchaften gehört. Sie iſt aber 2) in Betreff der Darſtellung und des Gehaltes entweder a)formelle (äußere) Encyclopädie, auch Wiſſenſchaftskunde genannt, wenn ſie blos über den Umfang und logiſchen Zuſammenhang einer Wiſſenſchaft unterrichtet und alſo die Form (das Aeußere) derſelben darſtellt; oder aber b)materi- elle (innere) Encyclopädie, wenn ſie neben und in der logiſchen Form auch den Gehalt (das Innere) einer Wiſſenſchaft bald hi- ſtoriſch, bald dogmatiſch, kurz, allgemein und abgerundet lehrt.2)
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vom Ganzen derſelben verlangt werden. Ein Zuſammenfaſſen des
ganzen Gebietes der Wiſſenſchaft 1) oder einer Wiſſenſchaft 2) hat
alſo an und für ſich den wiſſenſchaftlichen Zweck, das Bedürfniß
eines Haltpunktes für die Einzelheit und einer Vorbereitung für
den Betrieb der ganzen oder einer ganzen Wiſſenſchaft zu befrie-
digen. Dieſes Zuſammenfaſſen der oder einer Wiſſenſchaft bezeich-
man jetzt mit dem Worte Encyclopädie, das griechiſchen
Urſprungs iſt, und in die Stammwörter ἐν (in),κυκλοϛ(Kreis)
und παιδεια (Unterricht) zerfällt, welches letztere Wort von παιϛ
(Knabe) herkommt.
¹⁾ Ueber die Encyclopädie der Wiſſenſchaft ſ. Krug über den Zuſammen-
hang der Wiſſenſchaften unter ſich und mit den höchſten Zwecken der Vernunft.
Jena 1795. Krug, Verſuch einer neuen Eintheilung der Wiſſenſchaften. Züllichau
1805. Krug, Verſuch einer ſyſtemat. Encyclopädie der Wiſſenſchaften. 2 Thle.
Wittenberg 1796–1797. Eſchenburg, Lehrb. der Wiſſenſchaftskunde. 3te Aufl.
Berlin 1809. Schaller, Encyclopädie und Methodologie der Wiſſenſchaften.
Magdeburg 1812. J. G. Müller, Briefe über das Studium der Wiſſenſchaften,
beſonders für einen Jüngling politiſchen Standes. 2te Aufl. Zürich 1817.
²⁾ Daher ſpricht man von einer theologiſchen, juriſtiſchen, mediziniſchen, phi-
loſophiſchen, ſtaatswiſſenſchaftlichen, kameraliſtiſchen Encyclopädie.
§. 3.
Begriff und Arten der Encyclopädie.
Dem Worte nach, nämlich wie der Kreis die vollkommenſte,
von einem Punkte aus entſtandene, zuſammenhängende, für ſich
abgeſchloſſene, gedrängte, mathematiſche Form iſt, bedeutet nun
Encyclopädie eine ſyſtematiſche Darſtellung eines Wiſſenſchafts-
Gebietes, d. h. eine aus einem oberſten und erſten allgemeinen
Prinzipe abgeleitete, organiſch zuſammenhängende, für ſich abge-
ſchloſſene kurze Darſtellung aller einzelnen, den Kreis einer Wiſ-
ſenſchaft nach allen Ausdehnungen füllenden, Einzelwiſſenſchaften,
als Unterricht für Anfänger in denſelben.1) Man theilt ſie daher
1) in Betreff des Umfangs von Wiſſenſchaften ein in a) allge-
meine Encyclopädie der Wiſſenſchaften (§. 2. Note 1.) und b) be-
ſondere Encyclopädie einzelner Wiſſenſchaften (§. 2. Note 2.),
unter welche alſo auch die Encyclopädie der Kameralwiſſen-
ſchaften gehört. Sie iſt aber 2) in Betreff der Darſtellung und
des Gehaltes entweder a) formelle (äußere) Encyclopädie, auch
Wiſſenſchaftskunde genannt, wenn ſie blos über den Umfang und
logiſchen Zuſammenhang einer Wiſſenſchaft unterrichtet und alſo
die Form (das Aeußere) derſelben darſtellt; oder aber b) materi-
elle (innere) Encyclopädie, wenn ſie neben und in der logiſchen
Form auch den Gehalt (das Innere) einer Wiſſenſchaft bald hi-
ſtoriſch, bald dogmatiſch, kurz, allgemein und abgerundet lehrt.2)
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/24>, abgerufen am 21.11.2024.
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