selben enthält. Schon im 13ten Jahrhunderte zeigen sich die Spuren des Lockerwerdens der Feudalbande auffallend. Der Grund der Lehnsüberlassung war allmälig in den Hintergrund getreten und die Lehnsleute waren allenthalben geneigt, sich als selbstständige unabhängigere Herrn in ihren Landesgebieten zu betrachten und es entstanden darum Vereinigungen des Herrn- und Ritterstandes schon im 14ten Jahrhunderte. So wie sie einerseits sich von den Lehns- pflichten zu befreien strebten, so suchten sie anderseits ihre Unab- hängigkeit und ihre Gerechtsame immer zu vermehren. Auf diese Weise wuchs der Druck auf die Land- und Städtebevölkerung, nicht blos weil sich die Landesherrn im Steuerrechte fortwährend mehr anmaßten, sondern auch weil die Gewalt derselben in Will- kür ausgeartet war, die Rechtspflege ihre Unpartheilichkeit ver- loren hatte, und der Handel nebst den anderen bürgerlichen Gewerben seiner Freiheit beraubt war. Nachdem die Schweitz ihr Joch abgeschüttelt hatte, waren auch die beabsichtigten und ange- sagten Landfrieden der Kaiser, die den Zweck hatten, auf einige Zeit die wilden Elemente in Ruhe und Einigung zu halten, nicht mehr im Stande, eine große Vereinigung der Städte zur Wahrung ihrer wohlerworbenen Rechte zu verhindern. Es brach der Städte- krieg aus, und hatte, da das Städteheer geschlagen wurde, nicht den glücklichen Ausgang, dessen sich der Kampf der Schweitzer- Eidgenossenschaft erfreute. Erfreuten sich die Städte auch nicht des Sieges mit den Waffen, so hatte ihr Krieg dennoch unbe- rechenbar gute Folgen für die Sicherheit der Rechte und Güter aller einzelnen Reichsglieder, für die Reichs- und Landesverfassung und Verwaltung. Kurz sein Haupterfolg war, daß fortan nicht blos die geistlichen und weltlichen Fürsten und Herrn als die Bestandtheile des Reichs angesehen und behandelt wurden, son- dern auch das Volk im Reiche sowohl als in den einzelnen Reichslanden als ein Haupttheil der Verfassung erschien und mitwirkte. Dadurch erklären sich die Abänderungen in den fol- genden Kathegorien.
§. 20. Verfassung.
I. Die Reichsverfassung suchte K. Albrecht II. im 15ten Jahrhunderte schon durch einen Landfrieden so zu organisiren, daß sowohl der Fürstenstand als die Einigung der Herrn und Ritter, die Einigungen der Städte und die anderen Landsaßen in gegen- seitig geregelten Rechten und Pflichten zu einem Ganzen vereinigt würden und allgemeine Sicherheit der Rechte und Güter bestehe. Auch unter K. Friedrich III. lagen die Elemente dazu vor Augen.
ſelben enthält. Schon im 13ten Jahrhunderte zeigen ſich die Spuren des Lockerwerdens der Feudalbande auffallend. Der Grund der Lehnsüberlaſſung war allmälig in den Hintergrund getreten und die Lehnsleute waren allenthalben geneigt, ſich als ſelbſtſtändige unabhängigere Herrn in ihren Landesgebieten zu betrachten und es entſtanden darum Vereinigungen des Herrn- und Ritterſtandes ſchon im 14ten Jahrhunderte. So wie ſie einerſeits ſich von den Lehns- pflichten zu befreien ſtrebten, ſo ſuchten ſie anderſeits ihre Unab- hängigkeit und ihre Gerechtſame immer zu vermehren. Auf dieſe Weiſe wuchs der Druck auf die Land- und Städtebevölkerung, nicht blos weil ſich die Landesherrn im Steuerrechte fortwährend mehr anmaßten, ſondern auch weil die Gewalt derſelben in Will- kür ausgeartet war, die Rechtspflege ihre Unpartheilichkeit ver- loren hatte, und der Handel nebſt den anderen bürgerlichen Gewerben ſeiner Freiheit beraubt war. Nachdem die Schweitz ihr Joch abgeſchüttelt hatte, waren auch die beabſichtigten und ange- ſagten Landfrieden der Kaiſer, die den Zweck hatten, auf einige Zeit die wilden Elemente in Ruhe und Einigung zu halten, nicht mehr im Stande, eine große Vereinigung der Städte zur Wahrung ihrer wohlerworbenen Rechte zu verhindern. Es brach der Städte- krieg aus, und hatte, da das Städteheer geſchlagen wurde, nicht den glücklichen Ausgang, deſſen ſich der Kampf der Schweitzer- Eidgenoſſenſchaft erfreute. Erfreuten ſich die Städte auch nicht des Sieges mit den Waffen, ſo hatte ihr Krieg dennoch unbe- rechenbar gute Folgen für die Sicherheit der Rechte und Güter aller einzelnen Reichsglieder, für die Reichs- und Landesverfaſſung und Verwaltung. Kurz ſein Haupterfolg war, daß fortan nicht blos die geiſtlichen und weltlichen Fürſten und Herrn als die Beſtandtheile des Reichs angeſehen und behandelt wurden, ſon- dern auch das Volk im Reiche ſowohl als in den einzelnen Reichslanden als ein Haupttheil der Verfaſſung erſchien und mitwirkte. Dadurch erklären ſich die Abänderungen in den fol- genden Kathegorien.
§. 20. Verfaſſung.
I. Die Reichsverfaſſung ſuchte K. Albrecht II. im 15ten Jahrhunderte ſchon durch einen Landfrieden ſo zu organiſiren, daß ſowohl der Fürſtenſtand als die Einigung der Herrn und Ritter, die Einigungen der Städte und die anderen Landſaßen in gegen- ſeitig geregelten Rechten und Pflichten zu einem Ganzen vereinigt würden und allgemeine Sicherheit der Rechte und Güter beſtehe. Auch unter K. Friedrich III. lagen die Elemente dazu vor Augen.
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die Lehnsleute waren allenthalben geneigt, ſich als ſelbſtſtändige
unabhängigere Herrn in ihren Landesgebieten zu betrachten und es
entſtanden darum Vereinigungen des Herrn- und Ritterſtandes ſchon
im 14ten Jahrhunderte. So wie ſie einerſeits ſich von den Lehns-
pflichten zu befreien ſtrebten, ſo ſuchten ſie anderſeits ihre Unab-
hängigkeit und ihre Gerechtſame immer zu vermehren. Auf dieſe
Weiſe wuchs der Druck auf die Land- und Städtebevölkerung,
nicht blos weil ſich die Landesherrn im Steuerrechte fortwährend
mehr anmaßten, ſondern auch weil die Gewalt derſelben in Will-
kür ausgeartet war, die Rechtspflege ihre Unpartheilichkeit ver-
loren hatte, und der Handel nebſt den anderen bürgerlichen
Gewerben ſeiner Freiheit beraubt war. Nachdem die Schweitz ihr
Joch abgeſchüttelt hatte, waren auch die beabſichtigten und ange-
ſagten Landfrieden der Kaiſer, die den Zweck hatten, auf einige
Zeit die wilden Elemente in Ruhe und Einigung zu halten, nicht
mehr im Stande, eine große Vereinigung der Städte zur Wahrung
ihrer wohlerworbenen Rechte zu verhindern. Es brach der Städte-
krieg aus, und hatte, da das Städteheer geſchlagen wurde, nicht
den glücklichen Ausgang, deſſen ſich der Kampf der Schweitzer-
Eidgenoſſenſchaft erfreute. Erfreuten ſich die Städte auch nicht
des Sieges mit den Waffen, ſo hatte ihr Krieg dennoch unbe-
rechenbar gute Folgen für die Sicherheit der Rechte und Güter
aller einzelnen Reichsglieder, für die Reichs- und Landesverfaſſung
und Verwaltung. Kurz ſein Haupterfolg war, daß fortan nicht
blos die geiſtlichen und weltlichen Fürſten und Herrn als
die Beſtandtheile des Reichs angeſehen und behandelt wurden, ſon-
dern auch das Volk im Reiche ſowohl als in den einzelnen
Reichslanden als ein Haupttheil der Verfaſſung erſchien und
mitwirkte. Dadurch erklären ſich die Abänderungen in den fol-
genden Kathegorien.
§. 20.
Verfaſſung.
I. Die Reichsverfaſſung ſuchte K. Albrecht II. im 15ten
Jahrhunderte ſchon durch einen Landfrieden ſo zu organiſiren, daß
ſowohl der Fürſtenſtand als die Einigung der Herrn und Ritter,
die Einigungen der Städte und die anderen Landſaßen in gegen-
ſeitig geregelten Rechten und Pflichten zu einem Ganzen vereinigt
würden und allgemeine Sicherheit der Rechte und Güter beſtehe.
Auch unter K. Friedrich III. lagen die Elemente dazu vor Augen.
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/44>, abgerufen am 21.11.2024.
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