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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Uebergang von einem Gewerbe oder Dienste in den anderen vermag einem solchen
bösen Zustande abzuhelfen.
3) Man hat viele traurige Beispiele, daß Fabriksherrn wegen der ungestümen
unbilligen Forderungen und wegen widerlichen Betragens der Arbeiter ihre Etablis-
sements in ferne Gegenden, Länder, ja in andere Erdtheile verlegt haben, weil
ihnen der Fortbetrieb derselben am alten Orte nicht ohne Verlust möglich war. Die
Folgen der so verringerten Concurrenz sind für die Arbeiter sehr bitter. Wie oft
kommt nicht auch der Fall vor, daß Familien wegen der Insolenz und Unbrauch-
barkeit der Gesindepersonen einer Stadt ihren Wohnsitz verändern.
4) Schon sehr oft hat das Betragen der Arbeiter veranlaßt, daß Gewerbs-
unternehmer ihr Capital aus dem Betriebe gezogen und anders angewendet haben,
worauf Brodlosigkeit der Arbeiter erfolgte. Eben so oft aber hat es die Unter-
nehmer veranlaßt, ihre Aufmerksamkeit auf ein besseres und wohlfeileres, Arbeiter
entbehrlich machendes, Gewerbsverfahren zu wenden; es glückte ihnen und die
Arbeiter wurden größtentheils entlassen.
5) Zu den vielen anderen Gründen gegen die Capitalanlage in Gewerben
kommt neuerdings auch noch die Gefahr der Unsicherheit derselben wegen der Zer-
störungssucht der Arbeiter.
6) Dies ist oft der Fall. Ein besonderer Fall dieser Art findet sich im
Schwarzwalde, wo die reicheren Gewerksunternehmer gleichsam als Patrone die
Arbeiterfamilien in den umliegenden Dörfern, Weilern und Höfen beschäftigen,
indem sie ihnen das rohe Material liefern.
7) Eine Ausnahme hiervon bilden Vereinigungen zur gegenseitigen Unterstützung
in Fällen der Noth, wie z. B. die Vereinigung der Herrendiener in Heidelberg zu
dem Zwecke, daß, wenn Einer derselben erkrankt, die Andern für ihn ohne
Schmälerung seines Einkommens die Dienste verrichten, oder jene der Sackträger,
um aus einer gemeinschaftlichen Kasse einem Erkrankten aus ihrer Mitte eine Geld-
unterstützung zu geben.
8) Babbage a. a. O. S. 388. oder 34tes Kap.
9) Z. B. daß jeder neu ankommende Arbeiter den übrigen eine Geldsumme
bezahlen muß, welche hernach vertrunken wird, u. dgl. m.
II. Von der Dienstbetriebswirthschaft.
§. 376.

Die Betriebsausgaben und Einnahmen sind sehr einfach. Jene
bestehen, wenn der Arbeiter sein eigenes Capital nicht zu halten
hat, blos in den Unterhaltungskosten der Personen, die aber auch
für diejenigen Tage zu rechnen sind, an welchen der Arbeiter aus
polizeilichen, Gewohnheits-, Krankheits- und ständigen Verkehrs-
gründen nicht beschäftigt ist1). Die Einnahmen bestehen in Geld-
und Naturallohn (§. 68.). Haben sich die Dienstleistenden einer-
seits sorgfältig vor Ueberlistung mit schlechten Löhnungssystemen
(§. 315. e.) zu hüten, so dürfen sie aber anderseits mit ihren
Forderungen auch nicht unbillig sein, weil dies in der Regel mehr
ihnen als den Gewerbsunternehmern zum Nachtheile gereicht2).
Wenn sich aber die Arbeiter gerade hierin auch nicht schaden, so
bereiten sie sich doch oft ein böses Schicksal durch zügellose Lei-
denschaften, welche zur Verschwendung führen3). Die Einnahmen
werden von ihnen unklug gerade so verzehrt, wie sie kommen, ohne

Uebergang von einem Gewerbe oder Dienſte in den anderen vermag einem ſolchen
böſen Zuſtande abzuhelfen.
3) Man hat viele traurige Beiſpiele, daß Fabriksherrn wegen der ungeſtümen
unbilligen Forderungen und wegen widerlichen Betragens der Arbeiter ihre Etabliſ-
ſements in ferne Gegenden, Länder, ja in andere Erdtheile verlegt haben, weil
ihnen der Fortbetrieb derſelben am alten Orte nicht ohne Verluſt möglich war. Die
Folgen der ſo verringerten Concurrenz ſind für die Arbeiter ſehr bitter. Wie oft
kommt nicht auch der Fall vor, daß Familien wegen der Inſolenz und Unbrauch-
barkeit der Geſindeperſonen einer Stadt ihren Wohnſitz verändern.
4) Schon ſehr oft hat das Betragen der Arbeiter veranlaßt, daß Gewerbs-
unternehmer ihr Capital aus dem Betriebe gezogen und anders angewendet haben,
worauf Brodloſigkeit der Arbeiter erfolgte. Eben ſo oft aber hat es die Unter-
nehmer veranlaßt, ihre Aufmerkſamkeit auf ein beſſeres und wohlfeileres, Arbeiter
entbehrlich machendes, Gewerbsverfahren zu wenden; es glückte ihnen und die
Arbeiter wurden größtentheils entlaſſen.
5) Zu den vielen anderen Gründen gegen die Capitalanlage in Gewerben
kommt neuerdings auch noch die Gefahr der Unſicherheit derſelben wegen der Zer-
ſtörungsſucht der Arbeiter.
6) Dies iſt oft der Fall. Ein beſonderer Fall dieſer Art findet ſich im
Schwarzwalde, wo die reicheren Gewerksunternehmer gleichſam als Patrone die
Arbeiterfamilien in den umliegenden Dörfern, Weilern und Höfen beſchäftigen,
indem ſie ihnen das rohe Material liefern.
7) Eine Ausnahme hiervon bilden Vereinigungen zur gegenſeitigen Unterſtützung
in Fällen der Noth, wie z. B. die Vereinigung der Herrendiener in Heidelberg zu
dem Zwecke, daß, wenn Einer derſelben erkrankt, die Andern für ihn ohne
Schmälerung ſeines Einkommens die Dienſte verrichten, oder jene der Sackträger,
um aus einer gemeinſchaftlichen Kaſſe einem Erkrankten aus ihrer Mitte eine Geld-
unterſtützung zu geben.
8) Babbage a. a. O. S. 388. oder 34tes Kap.
9) Z. B. daß jeder neu ankommende Arbeiter den übrigen eine Geldſumme
bezahlen muß, welche hernach vertrunken wird, u. dgl. m.
II. Von der Dienſtbetriebswirthſchaft.
§. 376.

Die Betriebsausgaben und Einnahmen ſind ſehr einfach. Jene
beſtehen, wenn der Arbeiter ſein eigenes Capital nicht zu halten
hat, blos in den Unterhaltungskoſten der Perſonen, die aber auch
für diejenigen Tage zu rechnen ſind, an welchen der Arbeiter aus
polizeilichen, Gewohnheits-, Krankheits- und ſtändigen Verkehrs-
gründen nicht beſchäftigt iſt1). Die Einnahmen beſtehen in Geld-
und Naturallohn (§. 68.). Haben ſich die Dienſtleiſtenden einer-
ſeits ſorgfältig vor Ueberliſtung mit ſchlechten Löhnungsſyſtemen
(§. 315. e.) zu hüten, ſo dürfen ſie aber anderſeits mit ihren
Forderungen auch nicht unbillig ſein, weil dies in der Regel mehr
ihnen als den Gewerbsunternehmern zum Nachtheile gereicht2).
Wenn ſich aber die Arbeiter gerade hierin auch nicht ſchaden, ſo
bereiten ſie ſich doch oft ein böſes Schickſal durch zügelloſe Lei-
denſchaften, welche zur Verſchwendung führen3). Die Einnahmen
werden von ihnen unklug gerade ſo verzehrt, wie ſie kommen, ohne

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[504/0526] ²⁾ Uebergang von einem Gewerbe oder Dienſte in den anderen vermag einem ſolchen böſen Zuſtande abzuhelfen. ³⁾ Man hat viele traurige Beiſpiele, daß Fabriksherrn wegen der ungeſtümen unbilligen Forderungen und wegen widerlichen Betragens der Arbeiter ihre Etabliſ- ſements in ferne Gegenden, Länder, ja in andere Erdtheile verlegt haben, weil ihnen der Fortbetrieb derſelben am alten Orte nicht ohne Verluſt möglich war. Die Folgen der ſo verringerten Concurrenz ſind für die Arbeiter ſehr bitter. Wie oft kommt nicht auch der Fall vor, daß Familien wegen der Inſolenz und Unbrauch- barkeit der Geſindeperſonen einer Stadt ihren Wohnſitz verändern. ⁴⁾ Schon ſehr oft hat das Betragen der Arbeiter veranlaßt, daß Gewerbs- unternehmer ihr Capital aus dem Betriebe gezogen und anders angewendet haben, worauf Brodloſigkeit der Arbeiter erfolgte. Eben ſo oft aber hat es die Unter- nehmer veranlaßt, ihre Aufmerkſamkeit auf ein beſſeres und wohlfeileres, Arbeiter entbehrlich machendes, Gewerbsverfahren zu wenden; es glückte ihnen und die Arbeiter wurden größtentheils entlaſſen. ⁵⁾ Zu den vielen anderen Gründen gegen die Capitalanlage in Gewerben kommt neuerdings auch noch die Gefahr der Unſicherheit derſelben wegen der Zer- ſtörungsſucht der Arbeiter. ⁶⁾ Dies iſt oft der Fall. Ein beſonderer Fall dieſer Art findet ſich im Schwarzwalde, wo die reicheren Gewerksunternehmer gleichſam als Patrone die Arbeiterfamilien in den umliegenden Dörfern, Weilern und Höfen beſchäftigen, indem ſie ihnen das rohe Material liefern. ⁷⁾ Eine Ausnahme hiervon bilden Vereinigungen zur gegenſeitigen Unterſtützung in Fällen der Noth, wie z. B. die Vereinigung der Herrendiener in Heidelberg zu dem Zwecke, daß, wenn Einer derſelben erkrankt, die Andern für ihn ohne Schmälerung ſeines Einkommens die Dienſte verrichten, oder jene der Sackträger, um aus einer gemeinſchaftlichen Kaſſe einem Erkrankten aus ihrer Mitte eine Geld- unterſtützung zu geben. ⁸⁾ Babbage a. a. O. S. 388. oder 34tes Kap. ⁹⁾ Z. B. daß jeder neu ankommende Arbeiter den übrigen eine Geldſumme bezahlen muß, welche hernach vertrunken wird, u. dgl. m. II. Von der Dienſtbetriebswirthſchaft. §. 376. Die Betriebsausgaben und Einnahmen ſind ſehr einfach. Jene beſtehen, wenn der Arbeiter ſein eigenes Capital nicht zu halten hat, blos in den Unterhaltungskoſten der Perſonen, die aber auch für diejenigen Tage zu rechnen ſind, an welchen der Arbeiter aus polizeilichen, Gewohnheits-, Krankheits- und ſtändigen Verkehrs- gründen nicht beſchäftigt iſt1). Die Einnahmen beſtehen in Geld- und Naturallohn (§. 68.). Haben ſich die Dienſtleiſtenden einer- ſeits ſorgfältig vor Ueberliſtung mit ſchlechten Löhnungsſyſtemen (§. 315. e.) zu hüten, ſo dürfen ſie aber anderſeits mit ihren Forderungen auch nicht unbillig ſein, weil dies in der Regel mehr ihnen als den Gewerbsunternehmern zum Nachtheile gereicht2). Wenn ſich aber die Arbeiter gerade hierin auch nicht ſchaden, ſo bereiten ſie ſich doch oft ein böſes Schickſal durch zügelloſe Lei- denſchaften, welche zur Verſchwendung führen3). Die Einnahmen werden von ihnen unklug gerade ſo verzehrt, wie ſie kommen, ohne

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/526>, abgerufen am 22.11.2024.