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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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(§. 39.), so bietet auch der Werth zwei Gesichtspunkte dar, unter
denen er betrachtet werden muß.

a) Nimmt man ihn als Grad der Nützlichkeit für den unmittel-
baren Gebrauch, so kann man ihn Gebrauchswerth (mehr oder
weniger Verbrauchswerth) nennen1).

b) Nimmt man ihn aber als Grad der Nützlichkeit für den
mittelbaren Gebrauch, dann dürfte man ihn zur Unterscheidung
Erwerbswerth heißen. Da man aber die Güter mittelbar nützen
kann, entweder indem man sie zu Hervorbringung neuer Güter
oder zum Eintauschen anderer Güter verwendet, so erscheint der
Erwerbswerth wieder unter zwei Beziehungen, nämlich als Grad
der Nützlichkeit für die Production (Schaffwerth) und als
solcher für den Tausch (Tauschwerth)2). Jener Schaffwerth
und obiger Gebrauchswerth werden zusammen gewöhnlich Ge-
brauchswerth genannt, als Gegensatz des Lezteren3).

1) Eine nicht uninteressante Beziehung dieses Gebrauchswerthes liegt darin,
daß er immer höher wird, je mehr man von der Art der Güter zur Gattung steigt
und einen Gattungsbegriff von Gütern als Mittel zu einem bestimmten Zwecke
ohne Rücksicht auf Menge und Unterscheidung der Arten ansieht. Z. B. Speise,
Trank, Kleidung, Obdach sind Bedürfnisse und Güter von äußerst hohem Gebrauchs-
werthe; Getreide, Fleisch, Wein, Bier, Wasser u. s. w. gestatten schon eine Aus-
scheidung von Gütern von geringerem Gebrauchswerth; Brod, Schwarzbrod, Milch-
brod, Ochsenfleisch, Rehbraten, Seidenkleider, Leinenkleider, Hütte, Pallast u. s. w.
bezeichnen schon Dinge von weit verschiedener Nothwendigkeit. Man könnte die
erste Beziehung Gattungswerth, die andere Artswerth nennen. Auch Rau
(polit. Oeconom. I. §. 57. a. 2te Ausg.) macht eine ähnliche Unterscheidung, indem
er aber einen Gattungswerth (Fähigkeit einer Gattung von Gütern zur För-
derung menschlicher Zwecke, z. B. von einem Centner Waitzen) und concreten
oder Quantitätswerth (Gebrauchswerth je nach der Menge, deren man zu
einem Zwecke bedarf, wobei sich ergibt, daß der Ueberschuß über den Bedarf vom
Besitzer nicht mehr nach dem Gebrauchswerthe, sondern blos nach dem Preise ge-
schätzt wird) unterscheidet.
2) S. oben §. 57. N. 2. Der Unterschied zwischen Gebrauchs- und Tausch-
werth ist schon von Aristoteles (Polit. I. 9.) gemacht. Rau a. a. O. §. 56.
(2te Ausg.) verwirft abermals (wie auch schon in den Zusätzen zu Storch III. 248)
den Tauschwerth; allein er scheint nur dieses Wort nicht anerkennen zu wollen,
denn was er Preisfähigkeit nennt, das ist nichts anderes, als was man sonst
mit jenem Worte bezeichnet. Der Tauschwerth des Gutes ist der Grad seiner
Tauglichkeit, vertauscht werden zu können und der Grad der Nützlichkeit im Tausche.
Derselbe ist also ohne Gebrauchs- oder Schaffwerth nicht denkbar, aber zugleich die
unentbehrliche Basis, auf welcher im Tausche die Gegengabe überhaupt und größten-
theils auch die Größe der Leztern beruht. Die Gegengabe von einem bestimmten
Werthe im Tausche ist der Preis, d. h. also die Menge von wirthschaftlichen
Tauschgütern, welche man im Verkehre für andere Güter, die vertauscht werden
können, erhält. Folglich kann der Tauschwerth nicht Preis sein. Es scheint übri-
gens diese große Verwirrung in Bezug auf Wesen und Unterscheidung des Werthes
kommen von nichts Anderem, als von einem freilich etwas starken Mißverständnisse
der Behauptungen der Schriftsteller her. Wenigstens möchte sich Rau's Meinung
a. a. O., daß viele Schriftsteller den Grad des aus der Vertauschung einer Sache
erwachsenden Vortheils Tauschwerth, auch schlechthin Werth nennen, soweit
als unrichtig erweisen lassen, als sich diese Ansicht bei keinem der von ihm und
oben (§. 57. N. 2.) angeführten Schriftsteller findet. Eine genaue Interpretation

(§. 39.), ſo bietet auch der Werth zwei Geſichtspunkte dar, unter
denen er betrachtet werden muß.

a) Nimmt man ihn als Grad der Nützlichkeit für den unmittel-
baren Gebrauch, ſo kann man ihn Gebrauchswerth (mehr oder
weniger Verbrauchswerth) nennen1).

b) Nimmt man ihn aber als Grad der Nützlichkeit für den
mittelbaren Gebrauch, dann dürfte man ihn zur Unterſcheidung
Erwerbswerth heißen. Da man aber die Güter mittelbar nützen
kann, entweder indem man ſie zu Hervorbringung neuer Güter
oder zum Eintauſchen anderer Güter verwendet, ſo erſcheint der
Erwerbswerth wieder unter zwei Beziehungen, nämlich als Grad
der Nützlichkeit für die Production (Schaffwerth) und als
ſolcher für den Tauſch (Tauſchwerth)2). Jener Schaffwerth
und obiger Gebrauchswerth werden zuſammen gewöhnlich Ge-
brauchswerth genannt, als Gegenſatz des Lezteren3).

1) Eine nicht unintereſſante Beziehung dieſes Gebrauchswerthes liegt darin,
daß er immer höher wird, je mehr man von der Art der Güter zur Gattung ſteigt
und einen Gattungsbegriff von Gütern als Mittel zu einem beſtimmten Zwecke
ohne Rückſicht auf Menge und Unterſcheidung der Arten anſieht. Z. B. Speiſe,
Trank, Kleidung, Obdach ſind Bedürfniſſe und Güter von äußerſt hohem Gebrauchs-
werthe; Getreide, Fleiſch, Wein, Bier, Waſſer u. ſ. w. geſtatten ſchon eine Aus-
ſcheidung von Gütern von geringerem Gebrauchswerth; Brod, Schwarzbrod, Milch-
brod, Ochſenfleiſch, Rehbraten, Seidenkleider, Leinenkleider, Hütte, Pallaſt u. ſ. w.
bezeichnen ſchon Dinge von weit verſchiedener Nothwendigkeit. Man könnte die
erſte Beziehung Gattungswerth, die andere Artswerth nennen. Auch Rau
(polit. Oeconom. I. §. 57. a. 2te Ausg.) macht eine ähnliche Unterſcheidung, indem
er aber einen Gattungswerth (Fähigkeit einer Gattung von Gütern zur För-
derung menſchlicher Zwecke, z. B. von einem Centner Waitzen) und concreten
oder Quantitätswerth (Gebrauchswerth je nach der Menge, deren man zu
einem Zwecke bedarf, wobei ſich ergibt, daß der Ueberſchuß über den Bedarf vom
Beſitzer nicht mehr nach dem Gebrauchswerthe, ſondern blos nach dem Preiſe ge-
ſchätzt wird) unterſcheidet.
2) S. oben §. 57. N. 2. Der Unterſchied zwiſchen Gebrauchs- und Tauſch-
werth iſt ſchon von Aristoteles (Polit. I. 9.) gemacht. Rau a. a. O. §. 56.
(2te Ausg.) verwirft abermals (wie auch ſchon in den Zuſätzen zu Storch III. 248)
den Tauſchwerth; allein er ſcheint nur dieſes Wort nicht anerkennen zu wollen,
denn was er Preisfähigkeit nennt, das iſt nichts anderes, als was man ſonſt
mit jenem Worte bezeichnet. Der Tauſchwerth des Gutes iſt der Grad ſeiner
Tauglichkeit, vertauſcht werden zu können und der Grad der Nützlichkeit im Tauſche.
Derſelbe iſt alſo ohne Gebrauchs- oder Schaffwerth nicht denkbar, aber zugleich die
unentbehrliche Baſis, auf welcher im Tauſche die Gegengabe überhaupt und größten-
theils auch die Größe der Leztern beruht. Die Gegengabe von einem beſtimmten
Werthe im Tauſche iſt der Preis, d. h. alſo die Menge von wirthſchaftlichen
Tauſchgütern, welche man im Verkehre für andere Güter, die vertauſcht werden
können, erhält. Folglich kann der Tauſchwerth nicht Preis ſein. Es ſcheint übri-
gens dieſe große Verwirrung in Bezug auf Weſen und Unterſcheidung des Werthes
kommen von nichts Anderem, als von einem freilich etwas ſtarken Mißverſtändniſſe
der Behauptungen der Schriftſteller her. Wenigſtens möchte ſich Rau's Meinung
a. a. O., daß viele Schriftſteller den Grad des aus der Vertauſchung einer Sache
erwachſenden Vortheils Tauſchwerth, auch ſchlechthin Werth nennen, ſoweit
als unrichtig erweiſen laſſen, als ſich dieſe Anſicht bei keinem der von ihm und
oben (§. 57. N. 2.) angeführten Schriftſteller findet. Eine genaue Interpretation
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[550/0572] (§. 39.), ſo bietet auch der Werth zwei Geſichtspunkte dar, unter denen er betrachtet werden muß. a) Nimmt man ihn als Grad der Nützlichkeit für den unmittel- baren Gebrauch, ſo kann man ihn Gebrauchswerth (mehr oder weniger Verbrauchswerth) nennen1). b) Nimmt man ihn aber als Grad der Nützlichkeit für den mittelbaren Gebrauch, dann dürfte man ihn zur Unterſcheidung Erwerbswerth heißen. Da man aber die Güter mittelbar nützen kann, entweder indem man ſie zu Hervorbringung neuer Güter oder zum Eintauſchen anderer Güter verwendet, ſo erſcheint der Erwerbswerth wieder unter zwei Beziehungen, nämlich als Grad der Nützlichkeit für die Production (Schaffwerth) und als ſolcher für den Tauſch (Tauſchwerth)2). Jener Schaffwerth und obiger Gebrauchswerth werden zuſammen gewöhnlich Ge- brauchswerth genannt, als Gegenſatz des Lezteren3). ¹⁾ Eine nicht unintereſſante Beziehung dieſes Gebrauchswerthes liegt darin, daß er immer höher wird, je mehr man von der Art der Güter zur Gattung ſteigt und einen Gattungsbegriff von Gütern als Mittel zu einem beſtimmten Zwecke ohne Rückſicht auf Menge und Unterſcheidung der Arten anſieht. Z. B. Speiſe, Trank, Kleidung, Obdach ſind Bedürfniſſe und Güter von äußerſt hohem Gebrauchs- werthe; Getreide, Fleiſch, Wein, Bier, Waſſer u. ſ. w. geſtatten ſchon eine Aus- ſcheidung von Gütern von geringerem Gebrauchswerth; Brod, Schwarzbrod, Milch- brod, Ochſenfleiſch, Rehbraten, Seidenkleider, Leinenkleider, Hütte, Pallaſt u. ſ. w. bezeichnen ſchon Dinge von weit verſchiedener Nothwendigkeit. Man könnte die erſte Beziehung Gattungswerth, die andere Artswerth nennen. Auch Rau (polit. Oeconom. I. §. 57. a. 2te Ausg.) macht eine ähnliche Unterſcheidung, indem er aber einen Gattungswerth (Fähigkeit einer Gattung von Gütern zur För- derung menſchlicher Zwecke, z. B. von einem Centner Waitzen) und concreten oder Quantitätswerth (Gebrauchswerth je nach der Menge, deren man zu einem Zwecke bedarf, wobei ſich ergibt, daß der Ueberſchuß über den Bedarf vom Beſitzer nicht mehr nach dem Gebrauchswerthe, ſondern blos nach dem Preiſe ge- ſchätzt wird) unterſcheidet. ²⁾ S. oben §. 57. N. 2. Der Unterſchied zwiſchen Gebrauchs- und Tauſch- werth iſt ſchon von Aristoteles (Polit. I. 9.) gemacht. Rau a. a. O. §. 56. (2te Ausg.) verwirft abermals (wie auch ſchon in den Zuſätzen zu Storch III. 248) den Tauſchwerth; allein er ſcheint nur dieſes Wort nicht anerkennen zu wollen, denn was er Preisfähigkeit nennt, das iſt nichts anderes, als was man ſonſt mit jenem Worte bezeichnet. Der Tauſchwerth des Gutes iſt der Grad ſeiner Tauglichkeit, vertauſcht werden zu können und der Grad der Nützlichkeit im Tauſche. Derſelbe iſt alſo ohne Gebrauchs- oder Schaffwerth nicht denkbar, aber zugleich die unentbehrliche Baſis, auf welcher im Tauſche die Gegengabe überhaupt und größten- theils auch die Größe der Leztern beruht. Die Gegengabe von einem beſtimmten Werthe im Tauſche iſt der Preis, d. h. alſo die Menge von wirthſchaftlichen Tauſchgütern, welche man im Verkehre für andere Güter, die vertauſcht werden können, erhält. Folglich kann der Tauſchwerth nicht Preis ſein. Es ſcheint übri- gens dieſe große Verwirrung in Bezug auf Weſen und Unterſcheidung des Werthes kommen von nichts Anderem, als von einem freilich etwas ſtarken Mißverſtändniſſe der Behauptungen der Schriftſteller her. Wenigſtens möchte ſich Rau's Meinung a. a. O., daß viele Schriftſteller den Grad des aus der Vertauſchung einer Sache erwachſenden Vortheils Tauſchwerth, auch ſchlechthin Werth nennen, ſoweit als unrichtig erweiſen laſſen, als ſich dieſe Anſicht bei keinem der von ihm und oben (§. 57. N. 2.) angeführten Schriftſteller findet. Eine genaue Interpretation

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/572>, abgerufen am 18.06.2024.