Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

von Grundstücken und Capitalien (umlaufenden, und stehenden) ein
Gewerbe machen. Die in diese Gewerbsklasse gehörenden Gewerbe
sind für die Besteuerung in der Praxis ganz zersplittert. Die
Grundeigenthümer und Verpachter sollen von der Grundsteuer ge-
troffen werden; verschiedene Leihgeschäfte mit stehendem Capital
und Consumtionsgegenständen, z. B. Leihanstalten für Mobilien,
Bücher, Musikalien unterliegen der Gewerbsteuer; die Gefällberech-
tigten, z. B. Zehntherrn sind zum Theile gar keiner, zum Theile
einer Grundgefällsteuer unterworfen; die Hausbesitzer sind beson-
ders haussteuerpflichtig; und wegen der Geldcapitalsteuer streitet
sich die Praxis mit der Theorie, während sie von Ersterer als un-
ausführbar anerkannt ist. Bei so vielen Gegenständen, die offen-
bar unter ein Prinzip gehören, herrscht eine solche Manchfaltig-
keit von Ansichten, Umlagsmethoden und Steuersätzen. Sie muß
die größte Ungleichheit zur Folge haben. Eine nähere Betrach-
tung zeigt dies ganz klar. 1) Das reine Einkommen aus verpach-
tetem Grundeigenthume wird auf eine mühelose Art bezogen, weß-
halb seine höhere Besteuerung, abgesehen von allen Rechts- und
politischen Gründen, als eine billige Forderung der übrigen, be-
sonders Gewerbe betreibenden, Bevölkerung erscheint. Es ist aber
bei einem scharfen Blicke auf das Wesen der Grundrente leicht er-
sichtlich, daß durch eine solche Steuer nicht blos diese, sondern
auch Capitalrente getroffen wird, da sehr selten, wo das Pacht-
system eingeführt ist, blos Grund und Boden ohne Capital ver-
pachtet wird. Daß man dabei den üblichen Pachtzins zu Grunde
legt, versteht sich um so mehr von selbst, als diese Steuer nur in
Ländern, wo Pachtungen häufig sind, in Anwendung kommt (§. 492.).
2) Wer durch die Beziehung von Gefällen am Ertrage des Grund
und Bodens Antheil nimmt, erscheint wenigstens wie ein Verpach-
ter, ja er bezieht sein Einkommen sehr oft in bedeutender Masse,
wo die Art des Erwerbs einer solchen Berechtigung schon ganz
verwischt, und nie von einem Eigenthume an dem pflichtigen Boden
die Rede gewesen ist. Eine Gefällsteuer (Dominicalsteuer,
sogenannt im Gegensatze der Grund- oder Rusticalsteuer) von
höherem Satze als die Grundsteuer ist daher eine rechtliche wie
auch billige Forderung1). 3) Die Häuser sind ein Nutzcapital
(§. 55. N. 1.) und Leihcapital. Sie eignen sich daher und nach
ihrer Natur in hohem Grade zur Besteuerung, besonders in Städ-
ten, wo sie häufig mit großem Vortheile, theils im Ganzen, theils
in Abtheilungen, theils mit Mobilien, theils ohne solche vermiethet
werden. Die Häusersteuer2) ist auf die verschiedenste Art schon
angelegt worden. a) Die Anlage nach der Grundfläche ist nicht

Baumstark Encyclopädie. 47

von Grundſtücken und Capitalien (umlaufenden, und ſtehenden) ein
Gewerbe machen. Die in dieſe Gewerbsklaſſe gehörenden Gewerbe
ſind für die Beſteuerung in der Praxis ganz zerſplittert. Die
Grundeigenthümer und Verpachter ſollen von der Grundſteuer ge-
troffen werden; verſchiedene Leihgeſchäfte mit ſtehendem Capital
und Conſumtionsgegenſtänden, z. B. Leihanſtalten für Mobilien,
Bücher, Muſikalien unterliegen der Gewerbſteuer; die Gefällberech-
tigten, z. B. Zehntherrn ſind zum Theile gar keiner, zum Theile
einer Grundgefällſteuer unterworfen; die Hausbeſitzer ſind beſon-
ders hausſteuerpflichtig; und wegen der Geldcapitalſteuer ſtreitet
ſich die Praxis mit der Theorie, während ſie von Erſterer als un-
ausführbar anerkannt iſt. Bei ſo vielen Gegenſtänden, die offen-
bar unter ein Prinzip gehören, herrſcht eine ſolche Manchfaltig-
keit von Anſichten, Umlagsmethoden und Steuerſätzen. Sie muß
die größte Ungleichheit zur Folge haben. Eine nähere Betrach-
tung zeigt dies ganz klar. 1) Das reine Einkommen aus verpach-
tetem Grundeigenthume wird auf eine müheloſe Art bezogen, weß-
halb ſeine höhere Beſteuerung, abgeſehen von allen Rechts- und
politiſchen Gründen, als eine billige Forderung der übrigen, be-
ſonders Gewerbe betreibenden, Bevölkerung erſcheint. Es iſt aber
bei einem ſcharfen Blicke auf das Weſen der Grundrente leicht er-
ſichtlich, daß durch eine ſolche Steuer nicht blos dieſe, ſondern
auch Capitalrente getroffen wird, da ſehr ſelten, wo das Pacht-
ſyſtem eingeführt iſt, blos Grund und Boden ohne Capital ver-
pachtet wird. Daß man dabei den üblichen Pachtzins zu Grunde
legt, verſteht ſich um ſo mehr von ſelbſt, als dieſe Steuer nur in
Ländern, wo Pachtungen häufig ſind, in Anwendung kommt (§. 492.).
2) Wer durch die Beziehung von Gefällen am Ertrage des Grund
und Bodens Antheil nimmt, erſcheint wenigſtens wie ein Verpach-
ter, ja er bezieht ſein Einkommen ſehr oft in bedeutender Maſſe,
wo die Art des Erwerbs einer ſolchen Berechtigung ſchon ganz
verwiſcht, und nie von einem Eigenthume an dem pflichtigen Boden
die Rede geweſen iſt. Eine Gefällſteuer (Dominicalſteuer,
ſogenannt im Gegenſatze der Grund- oder Ruſticalſteuer) von
höherem Satze als die Grundſteuer iſt daher eine rechtliche wie
auch billige Forderung1). 3) Die Häuſer ſind ein Nutzcapital
(§. 55. N. 1.) und Leihcapital. Sie eignen ſich daher und nach
ihrer Natur in hohem Grade zur Beſteuerung, beſonders in Städ-
ten, wo ſie häufig mit großem Vortheile, theils im Ganzen, theils
in Abtheilungen, theils mit Mobilien, theils ohne ſolche vermiethet
werden. Die Häuſerſteuer2) iſt auf die verſchiedenſte Art ſchon
angelegt worden. a) Die Anlage nach der Grundfläche iſt nicht

Baumſtark Encyclopädie. 47
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <div n="9">
                        <p><pb facs="#f0759" n="737"/>
von Grund&#x017F;tücken und Capitalien (umlaufenden, und &#x017F;tehenden) ein<lb/>
Gewerbe machen. Die in die&#x017F;e Gewerbskla&#x017F;&#x017F;e gehörenden Gewerbe<lb/>
&#x017F;ind für die Be&#x017F;teuerung in der Praxis ganz zer&#x017F;plittert. Die<lb/>
Grundeigenthümer und Verpachter &#x017F;ollen von der Grund&#x017F;teuer ge-<lb/>
troffen werden; ver&#x017F;chiedene Leihge&#x017F;chäfte mit &#x017F;tehendem Capital<lb/>
und Con&#x017F;umtionsgegen&#x017F;tänden, z. B. Leihan&#x017F;talten für Mobilien,<lb/>
Bücher, Mu&#x017F;ikalien unterliegen der Gewerb&#x017F;teuer; die Gefällberech-<lb/>
tigten, z. B. Zehntherrn &#x017F;ind zum Theile gar keiner, zum Theile<lb/>
einer Grundgefäll&#x017F;teuer unterworfen; die Hausbe&#x017F;itzer &#x017F;ind be&#x017F;on-<lb/>
ders haus&#x017F;teuerpflichtig; und wegen der Geldcapital&#x017F;teuer &#x017F;treitet<lb/>
&#x017F;ich die Praxis mit der Theorie, während &#x017F;ie von Er&#x017F;terer als un-<lb/>
ausführbar anerkannt i&#x017F;t. Bei &#x017F;o vielen Gegen&#x017F;tänden, die offen-<lb/>
bar unter <hi rendition="#g">ein</hi> Prinzip gehören, herr&#x017F;cht eine &#x017F;olche Manchfaltig-<lb/>
keit von An&#x017F;ichten, Umlagsmethoden und Steuer&#x017F;ätzen. Sie muß<lb/>
die größte Ungleichheit zur Folge haben. Eine nähere Betrach-<lb/>
tung zeigt dies ganz klar. 1) Das reine Einkommen aus verpach-<lb/>
tetem Grundeigenthume wird auf eine mühelo&#x017F;e Art bezogen, weß-<lb/>
halb &#x017F;eine höhere Be&#x017F;teuerung, abge&#x017F;ehen von allen Rechts- und<lb/>
politi&#x017F;chen Gründen, als eine billige Forderung der übrigen, be-<lb/>
&#x017F;onders Gewerbe betreibenden, Bevölkerung er&#x017F;cheint. Es i&#x017F;t aber<lb/>
bei einem &#x017F;charfen Blicke auf das We&#x017F;en der Grundrente leicht er-<lb/>
&#x017F;ichtlich, daß durch eine &#x017F;olche Steuer nicht blos die&#x017F;e, &#x017F;ondern<lb/>
auch Capitalrente getroffen wird, da &#x017F;ehr &#x017F;elten, wo das Pacht-<lb/>
&#x017F;y&#x017F;tem eingeführt i&#x017F;t, blos Grund und Boden ohne Capital ver-<lb/>
pachtet wird. Daß man dabei den üblichen Pachtzins zu Grunde<lb/>
legt, ver&#x017F;teht &#x017F;ich um &#x017F;o mehr von &#x017F;elb&#x017F;t, als die&#x017F;e Steuer nur in<lb/>
Ländern, wo Pachtungen häufig &#x017F;ind, in Anwendung kommt (§. 492.).<lb/>
2) Wer durch die Beziehung von Gefällen am Ertrage des Grund<lb/>
und Bodens Antheil nimmt, er&#x017F;cheint wenig&#x017F;tens wie ein Verpach-<lb/>
ter, ja er bezieht &#x017F;ein Einkommen &#x017F;ehr oft in bedeutender Ma&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
wo die Art des Erwerbs einer &#x017F;olchen Berechtigung &#x017F;chon ganz<lb/>
verwi&#x017F;cht, und nie von einem Eigenthume an dem pflichtigen Boden<lb/>
die Rede gewe&#x017F;en i&#x017F;t. Eine <hi rendition="#g">Gefäll&#x017F;teuer</hi> (<hi rendition="#g">Dominical&#x017F;teuer</hi>,<lb/>
&#x017F;ogenannt im Gegen&#x017F;atze der Grund- oder <hi rendition="#g">Ru&#x017F;tical&#x017F;teuer</hi>) von<lb/>
höherem Satze als die Grund&#x017F;teuer i&#x017F;t daher eine rechtliche wie<lb/>
auch billige Forderung<hi rendition="#sup">1</hi>). 3) Die Häu&#x017F;er &#x017F;ind ein Nutzcapital<lb/>
(§. 55. N. 1.) und Leihcapital. Sie eignen &#x017F;ich daher und nach<lb/>
ihrer Natur in hohem Grade zur Be&#x017F;teuerung, be&#x017F;onders in Städ-<lb/>
ten, wo &#x017F;ie häufig mit großem Vortheile, theils im Ganzen, theils<lb/>
in Abtheilungen, theils mit Mobilien, theils ohne &#x017F;olche vermiethet<lb/>
werden. Die <hi rendition="#g">Häu&#x017F;er&#x017F;teuer</hi><hi rendition="#sup">2</hi>) i&#x017F;t auf die ver&#x017F;chieden&#x017F;te Art &#x017F;chon<lb/>
angelegt worden. <hi rendition="#aq">a)</hi> Die Anlage nach der <hi rendition="#g">Grundfläche</hi> i&#x017F;t nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Baum&#x017F;tark</hi> Encyclopädie. 47</fw><lb/></p>
                      </div>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[737/0759] von Grundſtücken und Capitalien (umlaufenden, und ſtehenden) ein Gewerbe machen. Die in dieſe Gewerbsklaſſe gehörenden Gewerbe ſind für die Beſteuerung in der Praxis ganz zerſplittert. Die Grundeigenthümer und Verpachter ſollen von der Grundſteuer ge- troffen werden; verſchiedene Leihgeſchäfte mit ſtehendem Capital und Conſumtionsgegenſtänden, z. B. Leihanſtalten für Mobilien, Bücher, Muſikalien unterliegen der Gewerbſteuer; die Gefällberech- tigten, z. B. Zehntherrn ſind zum Theile gar keiner, zum Theile einer Grundgefällſteuer unterworfen; die Hausbeſitzer ſind beſon- ders hausſteuerpflichtig; und wegen der Geldcapitalſteuer ſtreitet ſich die Praxis mit der Theorie, während ſie von Erſterer als un- ausführbar anerkannt iſt. Bei ſo vielen Gegenſtänden, die offen- bar unter ein Prinzip gehören, herrſcht eine ſolche Manchfaltig- keit von Anſichten, Umlagsmethoden und Steuerſätzen. Sie muß die größte Ungleichheit zur Folge haben. Eine nähere Betrach- tung zeigt dies ganz klar. 1) Das reine Einkommen aus verpach- tetem Grundeigenthume wird auf eine müheloſe Art bezogen, weß- halb ſeine höhere Beſteuerung, abgeſehen von allen Rechts- und politiſchen Gründen, als eine billige Forderung der übrigen, be- ſonders Gewerbe betreibenden, Bevölkerung erſcheint. Es iſt aber bei einem ſcharfen Blicke auf das Weſen der Grundrente leicht er- ſichtlich, daß durch eine ſolche Steuer nicht blos dieſe, ſondern auch Capitalrente getroffen wird, da ſehr ſelten, wo das Pacht- ſyſtem eingeführt iſt, blos Grund und Boden ohne Capital ver- pachtet wird. Daß man dabei den üblichen Pachtzins zu Grunde legt, verſteht ſich um ſo mehr von ſelbſt, als dieſe Steuer nur in Ländern, wo Pachtungen häufig ſind, in Anwendung kommt (§. 492.). 2) Wer durch die Beziehung von Gefällen am Ertrage des Grund und Bodens Antheil nimmt, erſcheint wenigſtens wie ein Verpach- ter, ja er bezieht ſein Einkommen ſehr oft in bedeutender Maſſe, wo die Art des Erwerbs einer ſolchen Berechtigung ſchon ganz verwiſcht, und nie von einem Eigenthume an dem pflichtigen Boden die Rede geweſen iſt. Eine Gefällſteuer (Dominicalſteuer, ſogenannt im Gegenſatze der Grund- oder Ruſticalſteuer) von höherem Satze als die Grundſteuer iſt daher eine rechtliche wie auch billige Forderung1). 3) Die Häuſer ſind ein Nutzcapital (§. 55. N. 1.) und Leihcapital. Sie eignen ſich daher und nach ihrer Natur in hohem Grade zur Beſteuerung, beſonders in Städ- ten, wo ſie häufig mit großem Vortheile, theils im Ganzen, theils in Abtheilungen, theils mit Mobilien, theils ohne ſolche vermiethet werden. Die Häuſerſteuer2) iſt auf die verſchiedenſte Art ſchon angelegt worden. a) Die Anlage nach der Grundfläche iſt nicht Baumſtark Encyclopädie. 47

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/759
Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 737. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/759>, abgerufen am 14.06.2024.