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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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Zweites Stück.
Negoziation und Formen der Staatsanleihen.
§. 504.

Wenn der Staat ein Anleihen contrahiren will, so kommt das
Meiste auf die Unterhandlung dabei an. Was 1) die Arten der
Unterhandlung betrifft, so verdient die Methode der Subscription,
wobei Listen zu letzterem Zwecke aufgelegt werden, in die sich die
einzelnen Capitalisten sammt ihren Misen einzeichnen, keineswegs
von jener der Negoziation oder Adjudication, wobei der Re-
girungsbevollmächtigte mit einigen sich dazu meldenden Bankern,
die ihre Anerbietung entweder verschlossen oder offen machen, un-
terhandelt und dem Meistbietenden den Zuschlag gibt (das Anlei-
hen adjudicirt), den Vorzug. Denn das letztere Verfahren ist
für den Staat müheloser, sicherer und schneller. 2) Die Bedin-
gungen und Garantien für Staatsanleihen betreffend, so be-
ziehen sich Erstere hauptsächlich auf die Termine der Lieferung von
Seiten des Bankers, auf den Adjudicationscurs (Uebernahmspreis
oder Realwerth), auf die Geldart, worin das Anleihen geliefert,
verzinst und getilgt werden soll, die Art des Anleihens, seine in-
nere Einrichtung, die Art und Termine der Verzinsung und Til-
gung; besondere Garantien anderer Staaten sind nur in seltenen
Fällen nöthig und räthlich, der Hypotheken aber bedarf es nicht,
weil die Staaten zur Verzinsung und Tilgung gewisse Staatsein-
künfte oder die Ueberschüsse der Einnahmen über die Ausgaben an-
weisen und ein befriedigender Blick auf die Finanzverwaltung mehr
Sicherheit darbietet, da in den meisten Staaten die Schul-
den mehr betragen, als sie zur Hypotheke anzubieten vermöchten.
In Bezug auf 3) die beim Anleihen zuzulassenden Personen
hat man ebenfalls einem Ausschließungssysteme folgen und die
Ausländer davon abhalten zu müssen geglaubt. Allein die Sache
finanziell betrachtet, so möchte die möglichst freie Concurrenz dem
Staate am leichtesten billige Bedingungen sichern, während, wenn
man sie nationalöconomisch, d. h. aus dem Gesichtspunkte des
Geldumlaufs nimmt, an sich klar ist, daß der Staat überhaupt
gar kein Hinderniß der freien Concurrenz in den Weg legen kann,
weil der Negoziant aus allen Capitalmärkten her das Geld bezieht,
und daß es immer besser ist, wenn der Staat durch Anleihen der
einheimischen Industrie so wenig als möglich Hände und Capitalien
entzieht1). 4) Die Zeit für die Negoziirung eines Staatsanlei-
hens ist sehr wichtig. Denn je mehr durch besondere Ereignisse

Zweites Stück.
Negoziation und Formen der Staatsanleihen.
§. 504.

Wenn der Staat ein Anleihen contrahiren will, ſo kommt das
Meiſte auf die Unterhandlung dabei an. Was 1) die Arten der
Unterhandlung betrifft, ſo verdient die Methode der Subſcription,
wobei Liſten zu letzterem Zwecke aufgelegt werden, in die ſich die
einzelnen Capitaliſten ſammt ihren Miſen einzeichnen, keineswegs
von jener der Negoziation oder Adjudication, wobei der Re-
girungsbevollmächtigte mit einigen ſich dazu meldenden Bankern,
die ihre Anerbietung entweder verſchloſſen oder offen machen, un-
terhandelt und dem Meiſtbietenden den Zuſchlag gibt (das Anlei-
hen adjudicirt), den Vorzug. Denn das letztere Verfahren iſt
für den Staat müheloſer, ſicherer und ſchneller. 2) Die Bedin-
gungen und Garantien für Staatsanleihen betreffend, ſo be-
ziehen ſich Erſtere hauptſächlich auf die Termine der Lieferung von
Seiten des Bankers, auf den Adjudicationscurs (Uebernahmspreis
oder Realwerth), auf die Geldart, worin das Anleihen geliefert,
verzinst und getilgt werden ſoll, die Art des Anleihens, ſeine in-
nere Einrichtung, die Art und Termine der Verzinſung und Til-
gung; beſondere Garantien anderer Staaten ſind nur in ſeltenen
Fällen nöthig und räthlich, der Hypotheken aber bedarf es nicht,
weil die Staaten zur Verzinſung und Tilgung gewiſſe Staatsein-
künfte oder die Ueberſchüſſe der Einnahmen über die Ausgaben an-
weiſen und ein befriedigender Blick auf die Finanzverwaltung mehr
Sicherheit darbietet, da in den meiſten Staaten die Schul-
den mehr betragen, als ſie zur Hypotheke anzubieten vermöchten.
In Bezug auf 3) die beim Anleihen zuzulaſſenden Perſonen
hat man ebenfalls einem Ausſchließungsſyſteme folgen und die
Ausländer davon abhalten zu müſſen geglaubt. Allein die Sache
finanziell betrachtet, ſo möchte die möglichſt freie Concurrenz dem
Staate am leichteſten billige Bedingungen ſichern, während, wenn
man ſie nationalöconomiſch, d. h. aus dem Geſichtspunkte des
Geldumlaufs nimmt, an ſich klar iſt, daß der Staat überhaupt
gar kein Hinderniß der freien Concurrenz in den Weg legen kann,
weil der Negoziant aus allen Capitalmärkten her das Geld bezieht,
und daß es immer beſſer iſt, wenn der Staat durch Anleihen der
einheimiſchen Induſtrie ſo wenig als möglich Hände und Capitalien
entzieht1). 4) Die Zeit für die Negoziirung eines Staatsanlei-
hens iſt ſehr wichtig. Denn je mehr durch beſondere Ereigniſſe

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[757/0779] Zweites Stück. Negoziation und Formen der Staatsanleihen. §. 504. Wenn der Staat ein Anleihen contrahiren will, ſo kommt das Meiſte auf die Unterhandlung dabei an. Was 1) die Arten der Unterhandlung betrifft, ſo verdient die Methode der Subſcription, wobei Liſten zu letzterem Zwecke aufgelegt werden, in die ſich die einzelnen Capitaliſten ſammt ihren Miſen einzeichnen, keineswegs von jener der Negoziation oder Adjudication, wobei der Re- girungsbevollmächtigte mit einigen ſich dazu meldenden Bankern, die ihre Anerbietung entweder verſchloſſen oder offen machen, un- terhandelt und dem Meiſtbietenden den Zuſchlag gibt (das Anlei- hen adjudicirt), den Vorzug. Denn das letztere Verfahren iſt für den Staat müheloſer, ſicherer und ſchneller. 2) Die Bedin- gungen und Garantien für Staatsanleihen betreffend, ſo be- ziehen ſich Erſtere hauptſächlich auf die Termine der Lieferung von Seiten des Bankers, auf den Adjudicationscurs (Uebernahmspreis oder Realwerth), auf die Geldart, worin das Anleihen geliefert, verzinst und getilgt werden ſoll, die Art des Anleihens, ſeine in- nere Einrichtung, die Art und Termine der Verzinſung und Til- gung; beſondere Garantien anderer Staaten ſind nur in ſeltenen Fällen nöthig und räthlich, der Hypotheken aber bedarf es nicht, weil die Staaten zur Verzinſung und Tilgung gewiſſe Staatsein- künfte oder die Ueberſchüſſe der Einnahmen über die Ausgaben an- weiſen und ein befriedigender Blick auf die Finanzverwaltung mehr Sicherheit darbietet, da in den meiſten Staaten die Schul- den mehr betragen, als ſie zur Hypotheke anzubieten vermöchten. In Bezug auf 3) die beim Anleihen zuzulaſſenden Perſonen hat man ebenfalls einem Ausſchließungsſyſteme folgen und die Ausländer davon abhalten zu müſſen geglaubt. Allein die Sache finanziell betrachtet, ſo möchte die möglichſt freie Concurrenz dem Staate am leichteſten billige Bedingungen ſichern, während, wenn man ſie nationalöconomiſch, d. h. aus dem Geſichtspunkte des Geldumlaufs nimmt, an ſich klar iſt, daß der Staat überhaupt gar kein Hinderniß der freien Concurrenz in den Weg legen kann, weil der Negoziant aus allen Capitalmärkten her das Geld bezieht, und daß es immer beſſer iſt, wenn der Staat durch Anleihen der einheimiſchen Induſtrie ſo wenig als möglich Hände und Capitalien entzieht1). 4) Die Zeit für die Negoziirung eines Staatsanlei- hens iſt ſehr wichtig. Denn je mehr durch beſondere Ereigniſſe

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 757. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/779>, abgerufen am 27.11.2024.