Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. Sprach/ und als eine Kunst-Sprache.Jn der Mutter-Sprach weiset und bedeutet man einem die Sachen/ und nennet sie mit Namen. Jn der Kunst-Sprach aber/ werden nur die Wörter der Mutter-Sprach mit andern Namen benennet/ darum ist leichter eine Kunst-Sprach als Mutter-Sprach zu lernen/ doch muß allemal eine Mutter-Sprach der Kunst-Sprache vorge- hen. Jede Sprach aber erfordert zwey Stück/ erstlich/ jede Sach mit ihrem behörlichen Namen zu nennen; Zweytens/ die Na- men oder Wörter wissen zusammen zu setzen: Das Letztere wird durch den Gebrauch/ der Kunst aber nach/ durch die Grammatic, Ety- mologi und Syntax gelernet. Das Erste aber/ nemlich die Erlernung der Wörter/ wird durch die Dictionaria oder Wörter-Bücher gelernet/ derer unterschiedliche seyn/ als etliche gehen nach dem A B C/ etliche nach Civilem Gebrauch der Sachen/ beyde aber seynd des Menschen Memori beschwerlich/ und bringen die Wörter zu weit von einander; Hingegen werden sie leichter erlernet/ und viel beständiger in der Gedächtnüß erhalten/ wann man sie ihrer dreyfachen Verwandtnüß nach lernet/ nemlich erstlich/ wie sie von ein- ander herkommen/ als die derivata bey den primitivis, abreden/ anreden/ ausreden/ einreden/ verreden/ zureden/ bey dem pri- mitivo
Pſychoſophia. Sprach/ und als eine Kunſt-Sprache.Jn der Mutter-Sprach weiſet und bedeutet man einem die Sachen/ und nennet ſie mit Namen. Jn der Kunſt-Sprach aber/ werden nur die Woͤrter der Mutter-Sprach mit andern Namen benennet/ darum iſt leichter eine Kunſt-Sprach als Mutter-Sprach zu lernen/ doch muß allemal eine Mutter-Sprach der Kunſt-Sprache vorge- hen. Jede Sprach aber erfordert zwey Stuͤck/ erſtlich/ jede Sach mit ihrem behoͤrlichen Namen zu nennen; Zweytens/ die Na- men oder Woͤrter wiſſen zuſammen zu ſetzen: Das Letztere wird durch den Gebrauch/ der Kunſt aber nach/ durch die Grammatic, Ety- mologi und Syntax gelernet. Das Erſte aber/ nemlich die Erlernung der Woͤrter/ wird durch die Dictionaria oder Woͤrter-Buͤcher gelernet/ derer unterſchiedliche ſeyn/ als etliche gehen nach dem A B C/ etliche nach Civilem Gebrauch der Sachen/ beyde aber ſeynd des Menſchen Memori beſchwerlich/ und bringen die Woͤrter zu weit von einander; Hingegen werden ſie leichter erlernet/ und viel beſtaͤndiger in der Gedaͤchtnuͤß erhalten/ wann man ſie ihrer dreyfachen Verwandtnuͤß nach lernet/ nemlich erſtlich/ wie ſie von ein- ander herkommen/ als die derivata bey den primitivis, abreden/ anreden/ ausreden/ einreden/ verreden/ zureden/ bey dem pri- mitivo
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Pſychoſophia.
Sprach/ und als eine Kunſt-Sprache.
Jn der Mutter-Sprach weiſet und bedeutet man
einem die Sachen/ und nennet ſie mit Namen.
Jn der Kunſt-Sprach aber/ werden nur die
Woͤrter der Mutter-Sprach mit andern Namen
benennet/ darum iſt leichter eine Kunſt-Sprach
als Mutter-Sprach zu lernen/ doch muß allemal
eine Mutter-Sprach der Kunſt-Sprache vorge-
hen. Jede Sprach aber erfordert zwey Stuͤck/
erſtlich/ jede Sach mit ihrem behoͤrlichen
Namen zu nennen; Zweytens/ die Na-
men oder Woͤrter wiſſen zuſammen zu
ſetzen: Das Letztere wird durch den Gebrauch/
der Kunſt aber nach/ durch die Grammatic, Ety-
mologi und Syntax gelernet. Das Erſte aber/
nemlich die Erlernung der Woͤrter/ wird durch
die Dictionaria oder Woͤrter-Buͤcher gelernet/
derer unterſchiedliche ſeyn/ als etliche gehen nach
dem A B C/ etliche nach Civilem Gebrauch der
Sachen/ beyde aber ſeynd des Menſchen Memori
beſchwerlich/ und bringen die Woͤrter zu weit von
einander; Hingegen werden ſie leichter erlernet/
und viel beſtaͤndiger in der Gedaͤchtnuͤß erhalten/
wann man ſie ihrer dreyfachen Verwandtnuͤß
nach lernet/ nemlich erſtlich/ wie ſie von ein-
ander herkommen/ als die derivata bey den
primitivis, abreden/ anreden/ ausreden/
einreden/ verreden/ zureden/ bey dem pri-
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