Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. sophus, auß Liebe zur Weißheit und hohe Sa-chen zu ersinnen/ sich des Heurathens enthalten/ allein solche werden dann Freunde oder Brüder haben/ welche ihr Geschlecht erhalten. Jch lasse auch zu/ daß ein Wittwer zum zweytenmal nicht mehr heurathe/ aber er wird dann von der ersten Ehe Kinder haben. Gleichwie nun Einige gar nicht Lust zum Kinder-zeugen haben/ sind andere hingegen geneiget gar zu sehr darzu/ wiewol es ihnen viel mehr umb die Lust und Beyschlaf zu ersättigen/ als Kinder zeugen/ zu- thun ist. Dannenhero die schändliche Be- schmützungen/ Hurerey/ Abtreibung der Frucht/ oder Todschlag der kleinen Kinder entstehet/ und deßwegen der Apostel saget/ es sey besser freyen als brennen. Jn verständigen wohl- geordneten Republiken hat man offentliche Findel-Häuser gemacht/ worinnen man die Huren-Kinder aufferziehet/ und dadurch das abtreiben der Frucht und Todschlag der kleinen Kinder verhütet: Man hat auch den unehlichen Beyschlaf oder offentliche Huren zugelassen/ umb zu verhüten/ daß auß Forcht durch den Heurath sich alsobald an ein Weib zu verbinden/ und dennoch ausser Ehestand beyzuschlaffen/ ge- strafft zu werden/ dennoch aber die Hitz zu dämpffen und die Lust zu büssen/ allerhand Be- schmutzungen vorgenommen/ Knaben geschän- det/
Pſychoſophia. ſophus, auß Liebe zur Weißheit und hohe Sa-chen zu erſinnen/ ſich des Heurathens enthalten/ allein ſolche werden dann Freunde oder Bruͤder haben/ welche ihr Geſchlecht erhalten. Jch laſſe auch zu/ daß ein Wittwer zum zweytenmal nicht mehr heurathe/ aber er wird dann von der erſten Ehe Kinder haben. Gleichwie nun Einige gar nicht Luſt zum Kinder-zeugen haben/ ſind andere hingegen geneiget gar zu ſehr darzu/ wiewol es ihnen viel mehr umb die Luſt und Beyſchlaf zu erſaͤttigen/ als Kinder zeugen/ zu- thun iſt. Dannenhero die ſchaͤndliche Be- ſchmuͤtzungen/ Hurerey/ Abtreibung der Frucht/ oder Todſchlag der kleinen Kinder entſtehet/ und deßwegen der Apoſtel ſaget/ es ſey beſſer freyen als brennen. Jn verſtaͤndigen wohl- geordneten Republiken hat man offentliche Findel-Haͤuſer gemacht/ worinnen man die Huren-Kinder aufferziehet/ und dadurch das abtreiben der Frucht und Todſchlag der kleinen Kinder verhuͤtet: Man hat auch den unehlichen Beyſchlaf oder offentliche Huren zugelaſſen/ umb zu verhuͤten/ daß auß Forcht durch den Heurath ſich alſobald an ein Weib zu verbinden/ und dennoch auſſer Eheſtand beyzuſchlaffen/ ge- ſtrafft zu werden/ dennoch aber die Hitz zu daͤmpffen und die Luſt zu buͤſſen/ allerhand Be- ſchmutzungen vorgenommen/ Knaben geſchaͤn- det/
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Pſychoſophia.
ſophus, auß Liebe zur Weißheit und hohe Sa-
chen zu erſinnen/ ſich des Heurathens enthalten/
allein ſolche werden dann Freunde oder Bruͤder
haben/ welche ihr Geſchlecht erhalten. Jch laſſe
auch zu/ daß ein Wittwer zum zweytenmal
nicht mehr heurathe/ aber er wird dann von
der erſten Ehe Kinder haben. Gleichwie nun
Einige gar nicht Luſt zum Kinder-zeugen haben/
ſind andere hingegen geneiget gar zu ſehr darzu/
wiewol es ihnen viel mehr umb die Luſt und
Beyſchlaf zu erſaͤttigen/ als Kinder zeugen/ zu-
thun iſt. Dannenhero die ſchaͤndliche Be-
ſchmuͤtzungen/ Hurerey/ Abtreibung der Frucht/
oder Todſchlag der kleinen Kinder entſtehet/ und
deßwegen der Apoſtel ſaget/ es ſey beſſer
freyen als brennen. Jn verſtaͤndigen wohl-
geordneten Republiken hat man offentliche
Findel-Haͤuſer gemacht/ worinnen man die
Huren-Kinder aufferziehet/ und dadurch das
abtreiben der Frucht und Todſchlag der kleinen
Kinder verhuͤtet: Man hat auch den unehlichen
Beyſchlaf oder offentliche Huren zugelaſſen/
umb zu verhuͤten/ daß auß Forcht durch den
Heurath ſich alſobald an ein Weib zu verbinden/
und dennoch auſſer Eheſtand beyzuſchlaffen/ ge-
ſtrafft zu werden/ dennoch aber die Hitz zu
daͤmpffen und die Luſt zu buͤſſen/ allerhand Be-
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