Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. Gottesfurcht und Wissenschafften/ auffzuerzie-hen vor ein kostbahres Thun? was ihnen mit einem guten Exempel stättigs vorzugehen/ und die geringste Aergernüß nicht zu geben/ vor ein mähsames/ vorsichtiges und verantwortliches Wesen sey? was vor viel Mißverstand und Unwillen zwischen Mann und Frau offt für- fallen? was vor natürliche Zustände und Kranck- heiten sich in dem Ehestand eräugen können/ wie leichtlich man der ehelichen Pflicht/ zu viel oder wenig thut/ und darinnen trefflich sündigen kan? was für Unglück man an den Kindern er- leben kan? was man für eine Mühe mit dem Gesind und Haußhalten hat? wie man mit Schwieger-Eltern und Schwägern geplagt wird? wie endlich der Teuffel auff allerhand Manier dem Ehestand/ vor allen anderen Stän- den/ zusetzet/ wann/ sag ich/ junge Leute/ dieses recht bedächten/ sie würden den Ehestand so weit fliehen/ so leichtlich und unbesonnen sie nun demselben zueilen und und hineinplatzen. Dann was wil das Closter-Leben/ gegen dem Ehestand sagen/ sie haben darinn die Keuschheit/ den Ge- horsam und die Armuth; Jn dem Ehestand kan man wol so keusch und noch keuscher/ als in den Clöstern leben. Der Gehorsam/ den in dem Ehestand Eheleute gegen einander selbsten halten/ und dann den sie der Obrigkeit leisten und
Pſychoſophia. Gottesfurcht und Wiſſenſchafften/ auffzuerzie-hen vor ein koſtbahres Thun? was ihnen mit einem guten Exempel ſtaͤttigs vorzugehen/ und die geringſte Aergernuͤß nicht zu geben/ vor ein maͤhſames/ vorſichtiges und verantwortliches Weſen ſey? was vor viel Mißverſtand und Unwillen zwiſchen Mann und Frau offt fuͤr- fallen? was vor natuͤrliche Zuſtaͤnde und Kranck- heiten ſich in dem Eheſtand eraͤugen koͤnnen/ wie leichtlich man der ehelichen Pflicht/ zu viel oder wenig thut/ und darinnen trefflich ſuͤndigen kan? was fuͤr Ungluͤck man an den Kindern er- leben kan? was man fuͤr eine Muͤhe mit dem Geſind und Haußhalten hat? wie man mit Schwieger-Eltern und Schwaͤgern geplagt wird? wie endlich der Teuffel auff allerhand Manier dem Eheſtand/ vor allen anderen Staͤn- den/ zuſetzet/ wann/ ſag ich/ junge Leute/ dieſes recht bedaͤchten/ ſie wuͤrden den Eheſtand ſo weit fliehen/ ſo leichtlich und unbeſonnen ſie nun demſelben zueilen und und hineinplatzen. Dañ was wil das Cloſter-Leben/ gegen dem Eheſtand ſagen/ ſie haben dariñ die Keuſchheit/ den Ge- horſam und die Armuth; Jn dem Eheſtand kan man wol ſo keuſch und noch keuſcher/ als in den Cloͤſtern leben. Der Gehorſam/ den in dem Eheſtand Eheleute gegen einander ſelbſten halten/ und dann den ſie der Obrigkeit leiſten und
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Pſychoſophia.
Gottesfurcht und Wiſſenſchafften/ auffzuerzie-
hen vor ein koſtbahres Thun? was ihnen mit
einem guten Exempel ſtaͤttigs vorzugehen/ und
die geringſte Aergernuͤß nicht zu geben/ vor ein
maͤhſames/ vorſichtiges und verantwortliches
Weſen ſey? was vor viel Mißverſtand und
Unwillen zwiſchen Mann und Frau offt fuͤr-
fallen? was vor natuͤrliche Zuſtaͤnde und Kranck-
heiten ſich in dem Eheſtand eraͤugen koͤnnen/
wie leichtlich man der ehelichen Pflicht/ zu viel
oder wenig thut/ und darinnen trefflich ſuͤndigen
kan? was fuͤr Ungluͤck man an den Kindern er-
leben kan? was man fuͤr eine Muͤhe mit dem
Geſind und Haußhalten hat? wie man mit
Schwieger-Eltern und Schwaͤgern geplagt
wird? wie endlich der Teuffel auff allerhand
Manier dem Eheſtand/ vor allen anderen Staͤn-
den/ zuſetzet/ wann/ ſag ich/ junge Leute/ dieſes
recht bedaͤchten/ ſie wuͤrden den Eheſtand ſo weit
fliehen/ ſo leichtlich und unbeſonnen ſie nun
demſelben zueilen und und hineinplatzen. Dañ
was wil das Cloſter-Leben/ gegen dem Eheſtand
ſagen/ ſie haben dariñ die Keuſchheit/ den Ge-
horſam und die Armuth; Jn dem Eheſtand
kan man wol ſo keuſch und noch keuſcher/ als
in den Cloͤſtern leben. Der Gehorſam/ den in
dem Eheſtand Eheleute gegen einander ſelbſten
halten/ und dann den ſie der Obrigkeit leiſten
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